Entlassungen170 Megatech-Mitarbeiter bangen um den Job

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Waldbröl – Die gute Nachricht vorweg: Der Produktionsstandort Waldbröl soll nicht geschlossen werden. In den kommenden Jahren aber werden wohl 170 Beschäftigte von Megatech Industries den Arbeitsplatz verlieren. Gestern hat die Firmenleitung um Rainer Dieck, Geschäftsführer von Megatech Automotive Europe mit Sitz in München, in der Aula des Hollenberg-Gymnasiums die Belegschaft informiert, erst am vergangenen Freitag war die Einladung erfolgt. „Seither hatten wir Bauchschmerzen“, berichtet Markus Quast, Vorsitzender des Betriebsrats. Als Grund für die Entlassungen werden seit langem ausbleibende Aufträge und massive Umsatzeinbrüche genannt.

Schuldzuweisung an den Vorbesitzer

Insgesamt zählt der Waldbröler Betrieb rund 400 Mitarbeiter. Hergestellt und vertrieben werden an der Adolf-Kolping-Straße Innenverkleidungen für Fahrzeuge, etwa Säulenverkleidungen und Kunststoffabdeckungen für die Sitzlehnen im Auto. Die Waldbröler Produktionsstätte war einst ein Zweig des in Morsbach-Lichtenberg ansässigen Unternehmens IBS Brocke, gegründet in den 1960 er Jahren.

Kurz nach halb vier ist es, als sich die Türen der Aula öffnen. Die meisten Beschäftigten hasten zum Auto, andere bleiben stehen, diskutieren das gerade Gehörte. „Die Stimmung war zuletzt sehr schlecht“, sagt eine 35-Jährige, die ihren Namen nicht nennen möchte. Sie gehört zu etwa 20 Leiharbeiten, ist Mutter von zwei Kindern. „Wir Leiharbeiter rechnen damit, dass wir alle gehen müssen.“ Von einer Galgenfrist spricht derweil ein 40 Jahre alter Produktionsmitarbeiter: „Mal sehen, wie’s weitergeht.“ Im kommenden Jahr sollen 80 Stellen wegfallen, 2018 weitere 90, und das in allen Bereichen. Vorerst sicher sei nur, wer an einer Maschine stehe, heißt es.

Werner Kusel, Geschäftsführer der IG Metall in Gummersbach, ist sozusagen Stammgast in der Firma: „In den vergangenen 25 Jahren habe ich 13 Sozialpläne erstellt und zwei Insolvenzen miterlebt“, sagt er mit Blick auf die Geschichte des gebeutelten Werks, das erst im vergangenen Juni an Megatech gegangen war. Im April zuvor hatte die Gruppe, die ihren Hauptsitz in Wien hat, fünf Werke von Toyota Boshoku (Aichi, Japan) übernommen. Im Januar, so Kusel, sollen die Verhandlungen um den Sozialplan beginnen, vielleicht werde eine Auffanggesellschaft installiert.

Sozialverträglicher Personalabbau

Hatte der Hauptsitz in Wien auf Anfrage dieser Zeitung am Morgen noch mitgeteilt, eine Stellungnahme werde nicht erfolgen, so gibt es später eine Erklärung aus der Deutschland-Zentrale München: Der Personalabbau solle sozialverträglich und in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern erfolgen, heißt es darin. Angekündigt wird ein nicht weiter beschriebenes Programm zur Restrukturierung, das dem „nachhaltigen Umsatzrückgang des Werks in Waldbröl Rechnung tragen“ und die Schließung verhindern werde: „Der Umsatzrückgang ist durch auslaufende Projekte in Verbindung mit einer völlig fehlgeschlagenen Akquisitionspolitik der Vorbesitzer Toyota Boshoku begründet“.

Auch habe der japanische Vorbesitzer eine Schließung des Standorts nicht nur favorisiert, sondern auch bereits konkret geplant. Da sei der Einstieg von Megatech in den deutschen Markt gerade recht gekommen: Um sich möglichst rasch und reibungslos des Werks im Oberbergischen Kreis zu entledigen, schrieb damals die Fachpresse, habe man es nicht verkauft, sondern sogar noch 202 000 US-Dollar obendrauf gelegt.

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