Gummersbacher GrundschuleTechnik, die begeistert

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Gummersbach – Als das kleine Lämpchen aufleuchtet, strahlt auch Sina übers ganze Gesicht. Die Viertklässlerin von der Gummersbacher Grundschule Körnerstraße musste nur ein bisschen fummeln, schon hat sie den elektrischen Schaltkreis komplett. „Das macht Spaß.“

Gleich nebenan im Seminarraum der Halle 32 verfolgen die Kinder von der Waldbröler „Sonnenstrahl“-Kita mit großen Augen die Experimente von Dietmar „Hilli“ Hillnhütter. Der pensionierte Lehrer aus Bergneustadt tingelt sonst durch die Schulen , um die Faszination für Technik und Naturwissenschaft zu wecken.

Im Einsatz für James Bond

Bei der siebten oberbergischen Bildungskonferenz ging es um die sogenannten MINT-Fächer. Die Abkürzung fasst Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zusammen. Und in dieser Hinsicht soll sich auch an Oberbergs Schulen mehr tun.

Zumindest die Teilnehmer des Vormittagsprogramms haben Auftrieb bekommen. Während die älteren Schüler in der Technischen Hochschule Lego-Roboter bauen, absolvieren Achtklässler von der Realschule Wipperfürth und der Derschlager Gesamtschule im großen Saal der Halle 32 eine Art Bastelparcours. Entwickelt hat ihn Karin Ressel vom „Talenthaus“ des Technikzentrums in Minden-Lübbecke.

Verbohrter Physiklehrer

Ein verbohrter Physiklehrer hat sie als junges Mädchen vom Maschinenbaustudium abgehalten. Heute sorgt Ressel als Pädagogin dafür, dass die nachwachsenden Technikfreundinnen bessere Erfahrungen machen. „Mädchen fragen eher nach dem Zweck einer Aufgabe.“ Darum gilt es hier, nicht einen binären Code zu entschlüsseln, sondern eine Botschaft für James Bond zu dechiffrieren. Und der Draht muss nicht in irgendeine Form gebogen werden, sondern soll ein bunter Delfin werden.

Emilia hat keine Berührungsängste

Kerstin von Scheidt vom Bildungsnetzwerk Oberberg weiß, dass es vielen jungen Mädchen an Vorbildern mangelt, weil ihre Mütter auch keinen technischen Beruf haben. „Wir laden darum Eltern zu Betriebsbesichtigungen ein, damit sie ihre Töchter in ihrem Berufswunsch unterstützen.“ Doch auch viele Jungen hätten heute eine Scheu vor Technik, trotz und gerade wegen der Digitalisierung. „Die Maschinen haben sich verändert“, sagt die MINT-Expertin von Scheidt, „heute kann man nicht mehr sehen, wie etwas funktioniert, und schon gar nicht daran rumbasteln.“

Die 15-jährige Gummersbacherin Emilia hat keine Berührungsängste. Ihr Chemielehrer hat sie für den MINT-Tag angemeldet. „Man lernt hier etwas Praktisches, in der Schule geht es meist um Theorie.“ Einen technischen Beruf kann sie sich durchaus vorstellen. Der Mädchenberuf Kindergärtnerin liegt ihr jedenfalls nicht. „Da habe ich mal ein Praktikum gemacht, und das hat mir gar nicht gefallen.“

Digitalisierung als chance

Das Nachmittagsprogramm der Bildungskonferenz, zu der das Bildungsnetzwerk Oberberg Erzieher, Lehrer, Eltern und Wirtschaftsvertreter eingeladen hatte, bestand aus MINT-Fachvorträgen. Zur Eröffnung sprach NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze mit Landrat Jochen Hagt und zwei Praktikern über „Digitalisierung als Chance“.

Die Ministerin gab eingangs zu bedenken: „Nur weil die jungen Leute im Netz rumdiddeln, heißt das noch lange nicht, dass sie programmieren können. Aber wir müssen die digitale Neugier nutzen.“ Dr. Eberhard Niggemann leitet die Akademie des Detmolder Elektrotechnikunternehmens Weidmüller. „Das Niveau der Azubis hat abgenommen, weil die guten Realschüler heute ein Studium anstreben“, hat er beobachtet. Für ihn ist die Selbstverständlichkeit, mit der junge Leute digitale Medien nutzen, ein guter Ausgangspunkt – aber auch nicht mehr als das. Die rasante technische Entwicklung erfordere auch bei den Lehrern eine stete Weiterbildung: „Wir brauchen qualifizierte Lehrer, sonst steht die teure Technik nur im Klassenzimmer rum.“

Als Landeskoordinator des Schulministeriums ist Klaus Trimborn der Auffassung, dass digitale Technik auch in der Grundschule ihren Platz hat. Leider gebe es in allen Schulformen zu wenige Techniklehrer. Trimborn bedauert: „Die Technik ist noch immer nicht als Gegenstand der humanistischen Bildung anerkannt. Dabei gehört sie zu einer gesunden Allgemeinbildung.“ In diesem Sinne lobte Landrat Jochen Hagt Projekte wie das „Haus der kleinen Forscher“ des Lindlarer Metabolon-Lernorts: „Die Begeisterung für Technik muss schon im Kindergarten angeregt werden.“ (tie)

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