Unglück im „Gumbala“Dreijährige starb im Schwimmbad – jetzt spricht der Vater

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Nach wie vor ist die Zirkusfamilie auf dem Festplatz in Niederseßmar.

Nach wie vor ist die Zirkusfamilie auf dem Festplatz in Niederseßmar.

Gummersbach – Ein Monat ist vergangen, seit ein dreijähriges Mädchen im Gummersbacher Badeland ertrunken ist.

Ein Monat, in dem Mike Lauenburger kaum Schlaf gefunden hat. Seit seine kleine Tochter nicht mehr da ist, plagen den 42-Jährigen Alpträume. Immer wieder durchlebt er die Stunden des Unglücks. Erst jetzt kann er darüber sprechen, was am Abend des 22. Januar passiert ist.

„Sie war jeden Tag an meiner Seite“, sagt der Familienvater. Dann schaut er schweigend über den Festplatz in Niederseßmar. Hier hatte die Zirkusfamilie im Dezember für ihre Weihnachtsshow die Zelte aufgeschlagen.

Mittlerweile ist das große Zirkuszelt abgebaut. Nur noch das kleinere Tierzelt steht, darin Kamele, Pferde, Lamas und andere Tiere. Eigentlich wollten Lauenburger, seine Frau und die vier Kinder mit ihrem „Circus Florida“ bereits im Januar weiter nach Eckenhagen ziehen. „Die Werbeplakate waren schon gedruckt“, sagt er.

Doch dann kam der Schnee dazwischen, die schweren Zirkuswagen waren nicht mehr zu bewegen. Die Familie musste in Niederseßmar ausharren.

Unbeschwerte Stunden

An jenem verhängnisvollen Sonntag ging die Heizung im Wohnwagen kaputt. „Meine Frau wollte im Wohnwagen saubermachen, ich ging mit den vier Kindern und meinem Schwager ins Schwimmbad“, erinnert sich Lauenburger.

Es waren unbeschwerte Stunden – bis zum Abend. „Ich saß im Bistro des Gumbala, habe Essen für meine zweitjüngste Tochter klein geschnitten.“ Als er die Jüngste nicht mehr entdecken konnte, habe er zuerst seine beiden älteren Kinder losgeschickt, um sie zu suchen. Als die das Kind nicht finden konnten, ging er selbst los.

„Ich sah sie am Boden des großen Beckens, am Fuß der Treppe“, schildert Lauenburger die dramatischen Minuten. „Ich zog sie aus dem Wasser. Mein Schwager nahm sie aus meinen Armen, legte sie auf den Boden und begann mit der Wiederbelebung.“

Lauenburger sagt, dass er in diesem Moment keinen Badmitarbeiter entdecken konnte – stellt aber auch klar, dass er sich nach all dem, was passiert ist, nicht wirklich erinnern kann, wie schnell weitere Hilfe da war.

Maschinen abgestellt

„Irgendwann kamen die Rettungssanitäter.“ Die Dreijährige kam noch in derselben Nacht in eine Siegener Klinik. Bald war klar, dass ihr nicht mehr geholfen werden konnte. Auf Rat der Ärzte ließen die Eltern die lebenserhaltenden Maschinen abstellen.

In der größten Not bekam die Familie viel Hilfe. Die örtliche Werbegemeinschaft richtete ein Spendenkonto ein, viele Privatleute brachten Futterspenden. Lauenburger berichtet auch von der großen Unterstützung, die er von der Stadt und dem Bauhof bekam.

„Die Mitarbeiter haben auch Futter für die Tiere gebracht. Und sie haben sich um die Reparatur von unseren defekten Fahrzeugen gekümmert.“ Die Stadt bezahlte zudem die Überführung des Leichnams des Mädchens nach Erfurt und deren Beisetzung.

Bürgermeister Frank Helmenstein bestätigt das auf Nachfrage unserer Zeitung: „Unsere Hilfe war eine Frage der Menschlichkeit.“ Er betont jedoch auch, das Engagement der Stadt sei kein Schuldeingeständnis. Nach wie vor ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen den Vater und eine Badmitarbeiterin. Gegen beide, so die Staatsanwaltschaft, bestehe ein Anfangsverdacht wegen fahrlässiger Tötung. „Beide Beschuldigten haben angekündigt, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen, und noch keine Angaben zur Sache gemacht“, erklärt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer.

Wie es weitergeht, weiß Lauenburger noch nicht. Bis Ende März müsse der Zirkus den Festplatz räumen. An neue Shows kann er momentan nicht denken: „Mir fehlt einfach die Kraft.“ Sozialhilfe wolle er nicht in Anspruch nehmen und ergänzt: „Wir sind in der sechsten Generation eine Zirkusfamilie.“ Dass seine Familie und er in eine solche Situation kommen würden, habe er nie geglaubt.

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