ArbeitBergisch Gladbach ist Pendlerstadt – hierhin pendeln die Bürger aus Rhein-Berg

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Politiker wünschen sich einen höheren Takt im S-Bahn-Verkehr, um die starke Belastung der Straßen in Gladbach zu verringern.

Politiker wünschen sich einen höheren Takt im S-Bahn-Verkehr, um die starke Belastung der Straßen in Gladbach zu verringern.

Rhein-Berg – Bergisch Gladbach ist eine Pendlerstadt, wie sie im Buche steht. Das hat die neue Pendler-Rechnung der nordrhein-westfälischen Landesstatistiker (Stichjahr 2015) erneut bestätigt, die jetzt in Düsseldorf vorgestellt wurde.

Danach ist die bergische Kreisstadt Nummer drei landesweit unter den 29 NRW-Großstädten (hinter Moers und Herne), was den Anteil der Auspendler an der eigenen erwerbstätigen Wohnbevölkerung entspricht: Weit mehr als die Hälfte der Gladbacher Erwerbstätigen, nämlich 57,9 Prozent, starten morgens ihren Wagen oder steigen in Bus oder Bahn, um einen Arbeitsplatz in einer Nachbarkommune zu erreichen.

Von diesen 30 739 Auspendlern streben wiederum mehr als die Hälfte eben ins benachbarte Köln, exakt 16 499, während die Domstadt nur 7194 ihrer Einwohner im Austausch zurückschickt, damit sie in Gladbach ihr Brot verdienen.

Enorme Belastung der Straßen

Dieses Ungleichgewicht prägt nicht nur das Verhältnis Köln-Gladbach, sondern die Beziehung zu den meisten Direktanliegern der Rheinmetropole, so dass Köln tagsüber eine deutlich höhere Bevölkerung hat als nächtens (1,22 Millionen statt 1,05), während Gladbach tagsüber von 110 157 auf 104 618 Bewohner schrumpft.

Umgekehrt belegt Gladbach aber auch bei den Einpendlern einen oberen Listenplatz: Unter den 29 Großstädten steht sie hier auf dem achten Rang, wobei erneut Moers (1) und Herne (7) vor ihr liegen, aber auch Neuss (2), Düsseldorf (3), Recklinghausen (4), Bonn (5) und Siegen (6). Immerhin 25 200 Erwerbstätige streben nach Gladbach allmorgendlich hinein und machen damit fünf Sechstel der Auspendlerquote wieder gut.

Könnten diese Gladbacher Aus- und Einpendler ihre Wohnungen tauschen, wären morgens und abends statt rund 56 000 also nur 6000 Menschen unterwegs, es gäbe täglich 100 000 Verkehrsbewegungen weniger.

Zu den real vorhandenen Pendlerbewegungen (111 878) über die Stadtgrenzen kommen außerdem noch die 22 369 Gladbacher Binnenpendler hinzu, die innerhalb der Stadt unterwegs sind, ebenfalls zweimal täglich.

Um die enorme Belastung der Straßen durch diese täglichen Bewegungen zu entlasten haben CDU und Grüne im vergangenen November im Kreistag einen Maßnahmenkatalog zur Optimierung des schienengebundenen Personennahverkehrs eingebracht.

Er handelt von der Erhöhung der Taktfrequenz vorhandenen Verbindungen und der Einrichtung von Schnellbuslinien über die Erweiterung der Park-and-Ride-Möglichkeiten bis zum Ausbau der S-Bahnlinie 11 und der Verlängerung der Stadtbahnlinien 1 (Bensberg), 3, 15 (Thielenbruch) und 4 (Schlebusch). Zusätzliche Schienen sind aber in den nächsten zehn Jahre noch nicht zu erwarten.

Wenn man Gladbach nicht nur mit Großstädten, sondern mit allen 396 Kommunen des Landes vergleicht, dann liegt die Kreisstadt bei Auspendlern auf Platz 208 und bei Einpendlern auf Platz 277. Spitzenreiten bei den Auspendlern ist im Rheinisch-Bergischen Kreis Odenthal mit einem landesweiten Platz 5 und Auspendlerquote von 82 Prozent, gefolgt von Rösrath (74,8), Leichlingen (73,6), Kürten (72,4), Overath (69,9), Burscheid (68,4), Gladbach (57,9) und Wermelskirchen (57,2).

Bei den Einpendlern liegt Burscheid auf landesweit Rang 39 im Kreis vorn mit 66. Außer in Leichlingen (49,5 Prozent) pendeln in allen acht kreisangehörigen Kommunen mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte ein in der Reihenfolge Kürten (50,4), Odenthal (50,6), Wermelskirchen (51,6), Gladbach (53), Rösrath (55,9) und Overath (57,1).

Wer sich für Einzelheiten interessiert findet im Internet eine interaktive Karte, die gemeindescharf Einwohnerzahl, Aus-, Ein- und Binnenpendler sowie Tagesbevölkerung ausweist. http://www.pendleratlas.nrw.de

Außerdem werden die Pendlerströme dargestellt, wonach Gladbach zum Beispiel die meisten Auspendler nach Köln (16 499), Leverkusen (2588), Düsseldorf (1044), Bonn (738) und Overath (711) abgibt. Die meisten Einpendler kommen aus Köln (7194), Kürten (2575), Leverkusen (1892), Overath (1848) und Odenthal (1518). Odenthal wiederum empfängt die meisten Pendler aus Gladbach (401), Leverkusen (207), Kürten (172), Köln (164) und Burscheid (98), während es stark abgibt an Köln (1566), Gladbach (1518) und Leverkusen (1203).

www.pendleratlas.nrw.de

Gewinn und Verlust

Etwa die Hälfte der 8,95 Millionen Erwerbstätigen in NRW pendeln täglich über die Grenzen ihres Wohnortes in eine andere Gemeinde. Am Rande des Ballungsraumes Rheinschiene fließen die Ströme morgens Richtung Metropole, abends Richtung Grün. Köln gehört zu den großen Gewinnern, aber auch Gladbach im unmittelbaren Windschatten der Domstadt bindet eine erstaunliche Masse an Arbeitskraft aus dem Hinterland. Immerhin die Hälfte der an Köln abgegebenen Kräfte werden umgekehrt durch Kölner Einpendler ersetzt.

Unterm Strich gibt die Kreisstadt etwa 20 Prozent mehr Erwerbstätige ab, als sie empfängt. In der laufenden Debatte um die Neuauflage des Gladbacher Flächennutzungsplanes werden diese Nettoverluste als Argument für die Notwendigkeit angeführt, zusätzliche Gewerbegebiete auszuweisen – für Arbeitskräfte, die dann von außen einpendeln werden. (gf)

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