„Helikopter-Eltern“Bergisch Gladbach will „Elterntaxis“ in Haltezonen umleiten

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Vom Haltepunkt aus kommen Kinder allein zurecht.

Vom Haltepunkt aus kommen Kinder allein zurecht.

Bergisch Gladbach – Das Projekt „Geh-Spaß statt Elterntaxi“ lief nicht nur offene Türen ein im Gladbacher Verkehrsausschuss.

CDU-Ratsmitglied Lutz Schade etwa verlieh seinem Befremden Ausdruck, dass „Kinder heute nur noch einen Fuß vor den anderen setzen, wenn sie dafür einen Stern bekommen“.

Das hob ab auf einen „Trick“, den Mobilitätsmanagerin Franziska Wilbert dem Ausschuss erläuterte und mit dem man die Kinder als Verbündete gegen das Verkehrschaos gewinnen will, das die allmorgendliche Elterntaxilawine den Gladbacher Grundschulstandorten beschert.

Die Eltern sollen nicht mehr die Schule selbst anfahren, sondern vorbestimmte „Haltezonen“, die einige hundert Meter vom Schulgelände entfernt sind, um damit die Verkehrssituation zu entzerren.

Kinder erhalten Bonuspunkte

Kinder, die von diesen Haltestellen zu Fuß zur Schule kommen, erhalten Bonuspunkte für vorbildliches Verkehrsverhalten und, wenn das Bonusheft voll ist, eine kleine Belohnung.

Dabei setzt man darauf, dass die Kinder dann selbst Druck auf ihren elterlichen Chauffeur machen, sie nicht mehr direkt vor dem Schultor abzusetzen: „Mama, ich möchte auch einen Stern.“

Sterne können die Kinder auch sammeln, wenn sie den ganzen Schulweg zu Fuß zurücklegen, das Fahrrad nutzen oder mit dem Bus fahren. Das nennt sich „Verkehrszähmer-Programm“.

Bekannt aus anderen Kommunen

Wem diese Nutzung von sozialem Druck hinterlistig vorkommt, dem sei gesagt, dass die Gladbacher Verwaltung sich das nicht alles selbst ausdenkt, sondern dass das Konzept in anderen Städten – so in Aachen, Solingen oder Karlsruhe – bereits erfolgreich umgesetzt wird.

In Gladbach erfolgt der Start nach den Herbstferien, und zwar in Hand in der Sankt-Konrad-Straße, wo bei zwei benachbarten Grundschulen und einem Kindergarten das Chaos am schlimmsten ist.

Haltestellen sollen beschildert werden

Drei Haltestellen sollen entsprechend beschildert werden: Eine liegt in der Peter-Walterscheid-Straße und ist 250 Meter entfernt, eine an der Handstraße (400 Meter) und eine an der Dellbrücker Straße (cirka 500 Meter).

Damit soll der Verkehr aus allen Hauptrichtungen rechtzeitig abgefangen werden, bevor die Wagen die engen Sträßchen Im Grafeld, St.-Konrad-Straße und Heimstättenweg verstopfen, wo die verbissen rangierenden Elterntaxis selbst die eigentliche Gefährdung für die kleinen Fußgänger darstellen.

„Wichtig bei den Standorten sind vor allem der verbesserte Verkehrsfluss ohne Sackgasse oder Wendehammer sowie der sichere Fußweg für die Kinder bis zu den Schulen“, so Wilbert.

In den Zonen wird zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr sowie zwischen 12 und 15.30 Uhr Halteverbot angeordnet, damit die Haltestreifen nur für die Eltern zur Verfügung stehen. Mit farblicher Markierung (blaue Bordsteinkante) und einem klassischen Haltestellenschild (Grünes H auf Gelb mit Zusatz) werden die Zonen gekennzeichnet. Vor den Herbstferien werden Elternbriefe und Anwohnerschreiben verschickt und das Projekt den Schulpflegschaften vorgestellt.

Nach dem Start wird in den ersten Tagen die Stadtverwaltung gemeinsam mit den Schulen und der Kreispolizeibehörde an den Elterntaxi-Haltezonen sowie direkt vor der Schule Präsenz zeigen und die Eltern, die noch nicht von dem Projekt erfahren haben, über die Siatuation informieren.

Damit das Projekt kein Auslaufmodell wird, wird die Schule die Eltern der Erstklässler jedes Jahr aufs Neue auf diese Gepflogenheiten hinweisen und gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Kreispolizeibehörde regelmäßige Kontrollen durchführen.

Vor den Sommerferien waren in einer Elternbefragung Daten zu den Schulwegen und möglichen Verkehrsrisiken gesammelt worden, an denen sich die Eltern rege beteiligt hatten (Rückflussquote 51 Prozent).

Die Fußwege von den Haltepunkten zur Schulen sollen teilweise noch baulich verbessert werden: So ist im schmalen Heimstättenweg, wo kein separater Bürgersteig existiert, vorgesehen, den Fußweg mit Pollern abzugrenzen.

Im Grafeld soll noch ein Zebrastreifen angelegt werden.

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