14-Jährige verletzt Polizist in Refrath„Ich habe geistesgegenwärtig nicht geschossen“

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Symbolbild

Bergisch Gladbach – Zwei Einsätze in der vergangenen Woche wird Dominik Middeke, Polizeioberkommissar bei der Kreispolizei, nicht so schnell aus seinem Gedächtnis streichen können. Am Mittwoch war er als einer der ersten am Einsatzort, als eine 23-Jährige in Refrath bei einem Unfall mit einer Straßenbahn der Linie 1 ums Leben kam. Einen Tag später griff eine 14-jährige Kölnerin den Polizisten und seinen Kollegen mit einem Messer an (wir berichteten). Die Jugendliche verletzte die Beamten an den Händen. „Vor allem der Einsatz mit der 14-Jährigen schwirrt immer noch durch den Kopf“, sagte der erfahrene Polizist dieser Zeitung.

Nachdem die 14-Jährige laut Polizei mit zwei Komplizen (zwölf und 20 Jahre) einen Rentner überfallen hatten und diesen, durch den Vorhalt des Messer, gezwungen hatten, seine Geldbörse herzugeben, war das Mädchen geflüchtet. In einem Garagenhof an der Straße In der Taufe gab es für die Kölnerin kein Entrinnen mehr – die beiden Polizisten hatten sie gestellt. Mehrfach forderte Middeke die 14-Jährige auf, das Messer aus der Hand zu legen. Doch stattdessen streckte das Mädchen mehrfach die Waffe in Richtung der Beamten aus. Der Polizeioberkommissar und sein Kollegen zogen schließlich ihre Schusswaffen. „Das Mädchen zeigte sich völlig unbeeindruckt, dass zwei Schusswaffen auf sie gerichtet waren“, beschreibt Dominik Middeke die Situation. Mehrfach setzten die Polizisten Pfefferspray ein – ohne Wirkung.

14-Jährige kaum zu bändigen

Schließlich trat das Mädchen die Flucht nach vorn an, stürmte mit vorgestrecktem Messer auf die Beamten zu und versuchte, zwischen ihnen durchzubrechen. „Ich habe geistesgegenwärtig nicht geschossen. Ich weiß nicht genau, warum“, sagt Middeke. Sein Kollege, ein Polizist in Ausbildung, hatte schon vorher die Schusswaffe aus der Hand gelegt und sich mit einem Schlagstock bewaffnet.

Die Beamten rissen die 14-Jährige zu Boden und versuchten, sie unter Kontrolle zu bringen. Als die Kölnerin am Boden lag, soll sie noch mehrfach versucht haben, mit der Waffe zuzustechen. „Mein Kollege musste den Schlagstock benutzen. Anders konnten wir das Mädchen nicht bändigen“, berichtet Middeke.

Hände bluteten

Nachdem Middeke die Kölnerin an Kollegen übergeben hatte, die mittlerweile als Verstärkung am Tatort eingetroffen waren, bemerkten die Beamten ihre Schnittverletzungen. „Wir standen beim Einsatz so unter Adrenalin, dass wir erst nachher unsere blutenden Hände bemerkten“, sagte der Polizeioberkommissar.

Noch am Donnerstag wurden die 14-Jährige und ihr zwölfjähriger Komplize wieder an die Kölner Jugendschutzeinrichtung übergeben, in der sie wohnen. Beide sollen in Köln polizeibekannt sein. „Zum Glück ist am Ende alles gut gegangen. Irgendwann wird sich das Denken legen. Das hoffe ich jedenfalls“, sagte Middeke. Immer wenn er mit Kollegen oder Freunden über den Einsatz spreche, spiele er verschiedene Situationen gedanklich durch – auch den Einsatz der Schusswaffe.

Kaum berechenbares Verhalten

Ob er immer so besonnen reagieren würde wie in Refrath, vermag der Polizist nicht zu sagen: „Unser Verhalten war halt situationsbedingt.“

Die Entscheidung sei im Bruchteil einer Sekunde gefallen, vorab seinen immer wieder Szenen aus seiner Polizeiausbildung durch den Kopf gegangen. Dass jemand völlig unbeeindruckt in zwei Pistolenläufe schaue und nach dem Einsatz von Pfefferspray immer noch nicht reagiere, sei für ihn vor dem Einsatz schwer vorstellbar gewesen.

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