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Beispiel KölnBergisch Gladbacher Besitzer wollen Baulücken nicht schließen

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Gladbach aus der Luft: Es gibt viele Baulücken.

Gladbach aus der Luft: Es gibt viele Baulücken.

Bergisch Gladbach – Das Baulücken-Kataster war eine der großen Hoffnungen der Stadt. 2014 aus der Taufe gehoben, sollte es weiteres Wachstum der Stadt ermöglichen, ohne dass dafür neue Flächen ausgewiesen werden müssten.

Zwei Jahre später will niemand bei der Stadt von einem Misserfolg sprechen. Aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Bei mehr als 900 gefunden Baulücken sind nicht einmal 200 Grundstücksbesitzer bereit, mit der Stadt zusammenzuarbeiten.

Fehleinschätzung

Dabei war die Stadt davon ausgegangen, dass 380 Grundstücke bis zum Jahr 2022 aktiviert werden könnten. Eine Fehleinschätzung.

Tatsächlich konnten bislang gerade einmal 36 Grundstücke erfolgreich vermittelt werden. Ursula Bellmann betreut bei der Stadt das Baulückenkataster. „Das Interesse an unbebauten Grundstücken ist groß“, sagt sie.

Regelmäßig bekommt sie Anfragen zu Grundstücken. „Wir können helfen, allerdings nicht mit dem Erfolg wie ursprünglich gehofft.“ Wenn es nach ihr ginge, würde das Baulückenkataster weiter gepflegt. Kleine Erfolge seien schließlich auch Erfolge.

Zukunft des Baulückenkatasters offen

Wie es mit dem Kataster weitergeht, ist aber noch offen. Es scheint denkbar, dass es eingestellt wird. Bleibt die Frage, warum die Gladbacher ihre freien Flächen nicht bebauen wollen. So wie zum Beispiel Familie Müller (Name geändert). Mehrfach hatte die Familie darum gebeten, dass ihr Grundstück nicht als Freifläche verwaltet wird.

„Ich erwarte, dass sie diese bewusste Fehleintragung meines Grundbesitzes im Baulücken-Kataster umgehend korrigieren lassen, um zumindest die dadurch ausgelösten, belästigenden Kaufanfragen zu unterbinden“, heißt einem Schreiben.

In diesem Fall räumt die Stadt ein, dass man das betreffende Grundstück nicht wie gewünscht aus dem Kataster entfernt habe. „Unser Fehler, aber eine Ausnahme“, so Ursula Bellmann. Der Normalfall sei die prompte Löschung des Eintrages.

Aus Fragebögen und Telefonaten kennt sie inzwischen die häufig genannten Begründungen der Bauverweigerer. So wohnten die Eigentümer ganz bewusst auf großen Grundstücken oder würden die Freiflächen als Kapitalanlage für sich oder die Kinder ansehen.

Flächen erzielen hohe Verkaufspreise

Dabei verzichten diese Eigentümer auf viel Geld. Voll erschlossene Flächen sind im Stadtgebiet begehrt und erzielen hohe Verkaufspreise. Der Mehrzahl der Gladbachern Grundstückseigentümer geht es offenbar finanziell so gut, dass sie auf dieses Geld verzichten können.

Dabei ist die zügige Erschließung von Baulücken eine der drei Säulen, mit denen die Stadtverwaltung den Wohnraummangel in der Stadt bekämpfen will.

Verdichtung hat planerisch eine hohe Priorität

Die anderen beiden Säulen sind neue, große Baugebiete und die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft. Anfang 2016 wurde diese Strategie verkündet. Die Verdichtung der Innenstadt hat planerisch eine hohe Priorität – aber wie es aussieht, ist sie mit den Gladbachern Grundstückseigentümer nicht zu machen.

Beispiel Köln

Ein Blick über die Stadtgrenze hinaus zeigt, dass es auch anders geht. Zum Beispiel in Köln: Dort konnten von rund 6000 erfassten offenen Baulücken etwa 3800 bebaut werden.

22 000 neue Wohnungen seien so entstanden. Keine andere Stadt in Deutschland habe so viele Baulücken geschlossen. Manchmal auch im Streit: „Wo trotz aller Bemühungen keine einvernehmliche Lösung zu erzielen war, wurde zur Durchsetzung der Baulückenschließung in bisher 41 Fällen ein förmliches Baugebotsverfahren nach dem Baugesetzbuch eingeleitet.“

In Gladbach wurde dieses Instrument nicht ein einziges Mal genutzt. Die Gladbacher Familie Müller nimmt zwar nicht Bezug auf die Kölner Durchsetzung von Baulücken, aber am Ende eines der Schreiben heißt es: „Habe ich demnächst mit einer Enteignung zu rechnen, falls ich weiterhin einer Bebauung widerspreche?“

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