Bergisch GladbachFlüchtlinge demonstrieren für schnellere Bearbeitung der Asylanträge

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Flüchtlinge in Bergisch Gladbach protestieren, weil sich die Bearbeitung ihrer Asylanträge verzögert.

Flüchtlinge in Bergisch Gladbach protestieren, weil sich die Bearbeitung ihrer Asylanträge verzögert.

  • Nur wenige durften bisher überhaupt einen Antrag stellen
  • Andere warten lange auf einen Entscheid über den Asylantrag

Bergisch Gladbach – Warten, warten, warten. Das ist für viele Flüchtlinge in Flüchtlingsunterkünften oft genug die Hauptbeschäftigung.

Einer Gruppe von etwa 70 Asylsuchenden aus mehreren Unterkünften in der Stadt reicht es jetzt. Die Flüchtlinge demonstrieren am Montagvormittag friedlich auf dem Konrad-Adenauer-Platz. Sie wollen mit dieser Aktion auf eine schnelle Bearbeitung ihrer Anträge dringen.

Viele warten seit acht Monaten, manche sogar noch länger auf eine Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), um ihren Antrag auf Asyl stellen zu können.

Stillschweigend stehen sie im strömenden Regen da und halten mit ernster Miene 13 Plakate hoch: „Nein zu Isolation. Ja zu Integration“, steht auf einem Pappschild. „Wir möchten produktiv sein“ ist auf einem weiteren zu lesen.

Und: „Danke Bergisch Gladbach mit Herzen“. Der überwiegende Teil der Demonstranten – auch einige Frauen und Kinder sind darunter – stammt aus Syrien und dem Irak, einige kommen aus Ägypten und Eritrea und Algerien.

BAMF ist zuständig

Mit einem Brief an die Stadtverwaltung wollten die Flüchtlinge ihre Verfahren beschleunigen. Doch die Stadt und auch der Kreis sind nicht für die Erledigung der Asylanträge zuständig, sondern das BAMF.

Zwar würden zurzeit Anträge von Flüchtlingen aus Syrien, die zumeist Asyl erhalten, und Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, die zumeist zurück müssen, vorrangig bearbeitet. Es gebe aber noch so viele „Altfälle“, lautet die Erklärung der Behörde. Das Ziel sei, mit den neu geschaffenen Ankunftszentren einem Großteil der Menschen, die jetzt nach Deutschland kämen, innerhalb von einer Woche die Gewissheit zu geben, ob sie bleiben dürften.

Ein schwacher Trost für einen 22-jährigen Syrer aus Aleppo, ein sogenannter alter Fall. Seine Tage in der beengten Unterkunft zögen sich schier endlos lang hin. „Ich bin Apotheker. Ich will was tun“, sagt er in gutem Deutsch. Eine ehrenamtliche Helferin habe ihm zwei Sprachkurse vermittelt. Glück für ihn. Denn einen Anspruch darauf hat er bislang nicht. Nach sechs Monaten ist er noch nicht als Asylsuchender registriert.

Insgesamt sind es 2116 Flüchtlinge im Rheinisch-Bergischen Kreis, davon 966 in Bergisch Gladbach, die ebenfalls noch keinen Termin in Aussicht haben, ihren Antrag auf Asyl beim BAMF stellen zu können. Das ist der erste Schritt im Asylverfahren. In der Einrichtung in Katterbach waren es Mitte Mai von 177 Bewohnern 151, die noch keine Anhörung hatten. Wie berichtet, sind dort in der vergangenen Woche etwa 60 Flüchtlinge fünf Tage lang in den Hungerstreik getreten, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

Fehlende Kommunikation auf Seiten der Behörden

„Es kann nicht sein, dass die Leute so lange warten müssen, bis sie überhaupt einen Antrag stellen können“, sagt Ulrich Lange, ehrenamtlicher Betreuer. Die psychische Belastung sei enorm groß. Einerseits müssten die Flüchtlinge lange mit der Angst der Abschiebung leben. Andererseits lebten ihre Familien in den Kriegsgebieten. Nicht zu wissen, ob sie ihre Familien nach Deutschland holen können, sei für viele das Schlimmste. „Ich bin zwar ein optimistischer Mensch, aber ich glaube, das sind einfach zu viele Menschen, die nach Deutschland kommen“, meint eine 77-jährige Passantin. Auch Michael Witt (32) bleibt spontan stehen. Er will den Protestierenden sein Verständnis ausdrücken: „Ich kann verstehen, dass die Leute sich im Stich gelassen fühlen.“ Von ihnen werde erwartet, dass sie sich integrieren, aber die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben.

„Niemand spricht mit uns“, kritisiert Awad Hasan, der seit acht Monaten im beengten Camp in Katterbach wohnt. Von der Außenstelle des BAMF in Burbach ist jedenfalls niemand nach Bergisch Gladbach gekommen. „Dafür haben wir keine Zeit. Unser Personal ist mit der Bearbeitung der Anträge befasst“, sagt eine Sprecherin der Behörde. Auch Bürgermeister Lutz Urbach ist nicht vorbeigekommen.

Deshalb haben die Flüchtlinge selbst die Initiative ergriffen. Einige der Demonstranten schließen sich spontan Vertretern einer Flüchtlingsinitiative an, die mittags sowieso einen Termin beim Bürgermeister haben. „Das ist doch alles, was wir wollten: eine Botschaft zu senden und eine Diskussion anzustoßen“, sagt Hasan.

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