Bergisch GladbachLutz Urbach fordert mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze vor Ort

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Bergisch Gladbach – Bürgermeister Lutz Urbach (CDU) sprach mit Gisbert Franken und Matthias Niewels über Ziele, Pläne, Aussichten und Erwartungen für die Kreisstadt im kommenden Jahr.

War 2016 ein gutes oder ein schlechtes Jahr für Stadt und Verwaltung?

Ein gutes. Es war ein Stück entspannter als 2015, als wir diesen enormen Flüchtlingsandrang bewältigen mussten. Und wir haben 2016 eine Reihe wichtiger Themen vorangebracht: Flächennutzungsplanung, Integriertes Handlungskonzept Bensberg, den Grundsatzbeschluss für den Stadthausneubau.

Damit sind wir schon beim Ausblick auf 2017. Beim F-Plan bauen sich an vielen Stellen Fronten gegen geplante Ausweisungen von Wohn- und Gewerbegebieten auf. Kommt ein Jahr der Konflikte auf uns zu?

Das Problem tritt in allen Kommunen auf, in denen man einen F-Plan anpackt. Man befasst sich mit einer Vielzahl von Vorschlägen zugleich und hat am Ende einen Beschluss, gegen den sich alle Widerstände bündeln. Aber wir müssen uns auf die Entwicklung vorbereiten, die ganz sicher kommen wird. Das heißt nicht, dass wir alles umsetzen werden, was im F-Plan steht: Tatsächlich bauen wir eine Mauer, die wir mit Türen versehen. Wenn ein zukünftiger Rat die Notwendigkeit sieht, kann er diese Türen benutzen. Sehen wir keine Türen vor, muss der Rat jedes Mal den Presslufthammer rausholen und eine neue Tür stemmen. So müssen wir das momentan machen, denn der alte F-Plan ist 40 Jahre alt und restlos überholt.

Das heißt, man kann auch ohne einen angepassten F-Plan operieren, sozusagen auf Sicht fahren?

Das ist aber nicht sinnvoll. Der Plan sollte fachlich realistisch sein. Und es ist nun mal so, dass wir in der Kölner Region einen sehr hohen Siedlungsdruck haben. Wir haben auch in Bergisch Gladbach schon an vielen Stellen ein unsoziales Mietpreisniveau erreicht. Und ich bin auch der Überzeugung, dass wir weiter ein Gewerbestandort sein sollten: Wir brauchen Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze vor Ort.

Ist diese Durchmarschperspektive denn realistisch angesichts von 4600 Eingaben, von denen der größere Teil ablehnend gegenüber dem Flächennutzungsplan sein dürfte?

Der Zeitplan sieht nach wie vor die abschließende Beschlussfassung vor der Sommerpause 2018 vor. Und was die 4600 Einlassungen betrifft: Wir wollten ja, dass die Bürger sich zu Wort melden. Deswegen haben wir ja eine viel umfassendere Bürgerbeteiligung angeboten als gesetzlich verlangt. Wir hätten das auch auf kleinerer Flamme kochen können.

Was den Wohnungsbau betrifft, so sollte doch eine stadteigene Wohnungsbaugesellschaft gegründet werden. Was wird daraus?

Wir sind dran, aber das stellt sich komplexer dar als gedacht. Das ist das gleiche Problem wie mit der Rückführung der Eigenbetriebe in den Zentralhaushalt. Wir sammeln noch Informationen, damit die Lösung steuerlich tragfähig ist und hält, was sie verspricht.

Welche Projekte stehen 2017 an?

Wir werden mit den Schulsanierungen an der Saaler Mühle beginnen. Wir werden die Strunde-hoch-vier-Baustellen in der Innenstadt zu einem Großteil beenden können. Wir werden die im Herbst begonnene Modernisierung der Straßenbeleuchtung weiter fortführen. Wir werden den Wertstoffhof an der Kieppemühle in Gronau eröffnen und mit dem Neubau des Betriebshofs in Obereschbach beginnen können. Wir werden erste Maßnahmen des Integrierten Handlungskonzeptes in Bensberg verwirklichen. Wir treiben die Planung mit dem Stadthaus voran und auch einen Neubau der Feuerwache Süd am Bockenberg unterhalb des Technologieparks.

Was machen die Flüchtlinge?

Nachdem wir Anfang dieses Jahres nachweisen konnten, dass Gladbach proportional erheblich größere Zuweisungen erhalten hatte als andere Kommunen, kehrte eine Zeit lang Ruhe ein. In den letzten Wochen steigen die Zahlen allerdings wieder, etwa um 50 Personen pro Woche. Zurzeit leben etwa 1600 Flüchtlinge in unserer Stadt. Wir sind besser aufgestellt als vor einem Jahr und haben Reserven, aber die Situation ist unbefriedigend. Die meisten Menschen, die jetzt kommen, haben kaum eine realistische Bleibeperspektive. Warum findet überhaupt eine Verteilung auf die Kommunen statt? Ich fände es viel sinnvoller, wenn dieser Personenkreis in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes bliebe, bis der Status geklärt ist, und von dort gegebenenfalls eine Rückführung stattfände.

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