Bergisch GladbachStadt verzichtet auf Werbeeinnahmen von Zigarettenherstellern

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Tabakwerbung gibt es in Bergisch Gladbach nur auf Plakatwänden in privatem Eigentum.

Tabakwerbung gibt es in Bergisch Gladbach nur auf Plakatwänden in privatem Eigentum.

Bergisch Gladbach – In der Debatte um das Verbot von Tabakwerbung wird bundesweit auf Bergisch Gladbach verwiesen. Denn Deutschland ist mittlerweile der einzige Staat in der Europäischen Union, in dem Tabakkonzerne weiterhin auf Plakaten für ihre Produkte werben dürfen. Zuletzt hatte Bulgarien diese Werbung verboten. In Deutschland gibt es aktuell nur zwei Städte, in denen zumindest auf öffentlichen Flächen Tabakwerbung verboten ist: Heidelberg und eben Bergisch Gladbach.

Wie sieht man denn von außen Bergisch Gladbach?

Super oder deppert – kommt ganz auf die Perspektive an. Für die Nichtraucher-Lobby ist Bergisch Gladbach so etwas wie das gelobte Land. Schließlich verzichtet die Kommune lieber auf Geld und bleibt dafür ethisch korrekt. Für so manchen Haushaltpolitiker – auch innerhalb von Gladbach – handelt die Stadt jedoch, um es vorsichtig zu sagen, unvernünftig. Denn die Werbung ist ja grundsätzlich erlaubt. Man verzichtet auf legale Einnahmen.

Von wie viel Geld sprechen wir?

Offiziell nennt die Stadt keine Zahlen. Stadt-Pressesprecher Martin Rölen sagte gestern auf Anfrage: „Richtig ist, dass wir mehr Geld einnehmen könnten, wenn wir auf unseren Werbeflächen auch Tabakwerbung erlauben würden.“ Nach Informationen dieser Zeitung gibt es jährlich garantierte Einnahmen in Höhe von 60.000 Euro. Die Stadt verfügt über Hunderte von Werbeflächen, kleinere zum Beispiel an Buswartehäuschen, aber auch große Plakatwände.

Auf wie viel Geld verzichtet denn die Stadt konkret?

So genau lässt sich das nicht sagen. Aber ein privater Immobilienbesitzer, der seinen Name nicht in der Zeitung sehen will, hat einen Vertrag über 5000 Euro jährlich. Wohlgemerkt für eine große Plakatfläche. Also verzichtet die Stadt wahrscheinlich auf mehrere hunderttausend Euro im Jahr.

Auf privaten Flächen ist Tabakwerbung weiterhin erlaubt. Der normale Bürger bemerkt das Werbeverbot also gar nicht.

Das ist die Situation. Auf Bundesebene wird seit Jahren versucht, die Werbung komplett zu verbieten. Insgeheim hatten viele Bergisch Gladbacher Politiker damit gerechnet, dass dieses Verbot kommt. Das blieb bis jetzt ohne Erfolg, und deshalb hat Gladbach unter allen Kommunen der Bundesrepublik diese Ausnahmestellung.

Ein gesetzliches Verbot der Tabakwerbung ist nicht in Sicht. Aber wir bekommen ja eine neue Bundesregierung. Wird sich dann etwas ändern?

Bislang hat keine Partei die Tabakwerbung zum zentralen Thema gemacht. Das wird wohl nicht passieren.

Ist die städtische Politik in anderen Punkten ähnlich konsequent?

Ist sie tatsächlich. Wenn eine Werbung beispielsweise als frauenfeindlich eingestuft wird, dann darf sie nicht auf städtische Werbeflächen. Dazu gibt es eine Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Werbeunternehmen. Bei „sexistischer Bordellwerbung“ auf privaten Werbeflächen schaltet sich die Gleichstellungsbeauftragte ein. Nicht alles, was gesetzlich erlaubt ist, ist in Gladbach auch erwünscht.

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