Das Dorf auf dem BergService-Residenzen und 100 Wohnungen am Schloss Bensberg

Lesezeit 5 Minuten
Drohnenblick auf den Schlossberg: Links unten sieht man die Betriebsgebäude der Serviceresidenz, rechts die Wipperfürther Straße, oben das Milchborntal.

Drohnenblick auf den Schlossberg: Links unten sieht man die Betriebsgebäude der Serviceresidenz, rechts die Wipperfürther Straße, oben das Milchborntal.

Bensberg – Von seinem Balkon schaut Professor Rudolf Schöttler auf eine große Gingko-Baumgruppe. „Die haben wir damals mitgepflanzt“, sagt er in einer Mischung aus Stolz und Rührung. 

Damals, das war im Jahr 2002. Die Schöttlers waren die ersten Mieter der Service-Residenz im Bensberger Schlosspark, die vor 15 Jahren als besonders anspruchsvolles Wohnprojekt von der Aachen-Münchner Versicherung gebaut worden ist (siehe „Der Wohnpark“).

Wenn der 91-Jährige heute sagt: „Dass es mir so gut geht, hängt auch mit der Wohnung hier zusammen“, dann ist das keine kritiklose Reklame.

Belgisches Immobilienunternehmen über nahm die Anlage

Es ist die Quintessenz eines Erfahrungsprozesses, der durchaus kritische Phasen hatte. Vor allem in den vergangenen beiden Jahren, nachdem ein belgisches Immobilienunternehmen die Anlage übernommen hatte, lagen die Nerven mancher Bewohner blank. 

Das Schwimmbad war geschlossen, die pflegerische Versorgung verändert worden: Unsicherheitsfaktoren, die bei einigen Senioren zu der Befürchtung führten, der Traum vom Rundum-sorglos-Paket für den Lebensabend könne plötzlich platzen.

Pflegedienst zog aus

Doch pünktlich zur Geburtstagsfeier Ende Mai sieht Residenzleiterin Daniela Faust die Einrichtung auf einem guten Weg. „Wir haben jetzt wieder richtig Leben hier“, sagt sie.

Mit der Schwimmschule Sharky sei ein guter Kompromiss gefunden worden, der auch den Bewohnern genügend Zeit für die Benutzung des frisch renovierten Bads einräume. Das Restaurant sei bei dem Bensberger Knut Demmrich (Deli) in guten Händen, „und das Café läuft wieder“, so die Leiterin weiter.

Für Unwillen hatte ebenfalls gesorgt, dass der langjährige Pflegedienst ausgezogen und das Pflegeappartement verwaist war. Auch Schöttler sah damit „eine wesentliche Säule des Konzepts weggebrochen, das die Idee der Betreuung bis zum Lebensende verfolgte“. Daniela Faust sieht das anders: „Wir sind kein Alten- oder Pflegeheim. Jeder soll selbst entscheiden können, wie und von wem er betreut wird.“

74 Wohneinheiten zu 94 Prozent belegt

Selbstverständlich organisiere das Service-Team mit den Angehörigen die Betreuung, falls dies erforderlich werde. „Und unser Team ist 24 Stunden vor Ort, notfalls auch als Ersthelfer.“ Zu 94 Prozent ist die derzeit 74 Wohneinheiten umfassende Anlage heute belegt. Das war nicht immer so, zeigt der Blick ins Zeitungsarchiv.

Es berichtet von überteuerten Appartements, deren Preise kurze Zeit später angepasst wurden. Die Besiedlung verlief schleppend, erinnert sich auch Rudolf Schöttler. „Alt werden ist dauerndes Abgeben“, sagt er philosophisch und schildert den Entscheidungsprozess, den er mit seiner – mittlerweile verstorbenen – Frau durchlaufen hat. „Wir hatten ein schönes Haus in Immekeppel auf der Höhe“, erzählt er.

„Mit großem Garten und Schwimmbad. Davon trennt man sich nicht so einfach.“ Andererseits: „Man muss sich darüber klar sein, dass es nicht ewig so weitergeht, und handeln, wenn es einem noch gut geht.“

Das Ehepaar hat sich Zeit genommen für den Umzug in die 80 Quadratmeter große Wohnung im Schatten des Schlosses. „So machen es die meisten“, weiß Daniela Faust und berichtet von Bewohnern, die Jahre über den Umzug sinnieren.

Leben auf der Residenz wie in einem Dorf

Rudolf Schöttler hat ein Rudergerät in seinem Wohnzimmer stehen. Jeden Tag trainiert er darauf, um fit zu bleiben. Jeden Tag geht er schwimmen: „Ich ziehe nur den Bademantel an und fahre im Lift ’runter, das ist schon praktisch“, sagt er.

Er ist noch rüstig genug, um donnerstags auf den Wochenmarkt zu gehen oder zum Essen beim Italiener unten auf der Schloßstraße. „Zurück nehme ich mir dann ein Taxi.“ Es gibt auch einen Shuttlebus.

Das Leben in der Residenz sei wie auf einem Dorf, findet Schöttler. Tatsächlich hat Architekt Professor Günter Wagner die Gebäude auf dem großzügigen Areal seinerzeit als „Stadt im Park“ angelegt, mit weitem Blick über das Bergische, eingebettet in die denkmalgeschützten Relikte der Preußenära wie zum Beispiel die historische Turnhalle, die heute zur Weiterbildungsakademie der Aachen-Münchner Versicherung gehört und für Veranstaltungen vermietet wird.

Restaurant auch für Nicht-Bewohner zugänglich

Neben den Immobilien der Service-Residenz gibt es noch 100 Eigentumswohnungen im Schlossberg-Viertel. „Hier wohnen nicht nur alte Leute, hier sind auch Familien mit Kindern, hier ist Leben“, freut sich Rudolf Schöttler. Das ist auch Daniela Faust wichtig. „Wir hier oben auf dem Berg,“ sagt sie – und das klingt schon sehr nach Heimat –, „wir wollen die Anlage noch mehr öffentlich machen.“

Im Restaurant könne jeder essen und feiern, die Sonntagskonzerte besuchen, im Park spazieren: „Viele Bensberger haben das immer noch nicht so richtig auf der Rechnung“, sagt Daniela Faust.

Dass der Schlossberg durch die kommerzielle Nutzung Schaden nehmen oder abgeschlossen werden könnte, war im Vorfeld der Erschließung tatsächlich eine große Sorge der Öffentlichkeit gewesen. Aber bereits bei der Eröffnung lobte die damalige Bürgermeisterin Marie-Therese Opladen die gelungene Architektur des Ensembles und die sensible Einbindung in das Filetstück der Stadt.

Infos zum Wohnpark

Vor 20 Jahren, 1997, erwarb die Aachen-Münchner Lebensversicherung das Schloss Bensberg mit dem Schlossberg von der Stadt und investierte nach eigenen Angaben rund 170 Millionen Euro.

Etwa 75 Millionen flossen in die Sanierung und den Umbau des Barockschlosses zum Grandhotel; der Rest wurde in den Wohnpark gesteckt. Es entstanden 23 Luxusvillen mit Eigentumswohnungen, eine Tiefgarage mit 99 Plätzen sowie die Service-Residenz mit 87 Appartements und einem Gebäude mit Arztpraxen, Tagespflege, Physiotherapie, Friseur, Wellnessbereich und Gastronomie.

Außerdem entstand eine Ausbildungsakademie, die noch heute von der AM -Versicherung betrieben wird. Das Prestige-Immobilienobjekt sollte durch seine Rendite die Kosten für das Hotel hereinholen, doch die Rechnung ging nach Einschätzung von Experten nicht auf.

2015 wurde die Service-Residenz und damit ein Großteil des Areals für 14 Millionen Euro an die belgische Immobilienfirma Aedifica verkauft, die in Deutschland eigenen Angaben zufolge 14 Seniorenresidenzen besitzt. Betrieben wird die Anlage nach wie vor von der Schloss Bensberg Management GmbH; Geschäftsführer ist Frank Löwentraut. (eck)

KStA abonnieren