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FalschparkerBergisch Gladbach warnt vor einer Videokamera, die es gar nicht gibt

Lesezeit 3 Minuten
Die Warnung, beobachtet zu werden, hatte keine abschreckende Wirkung auf Falschparker in Schildgen.

Die Warnung, beobachtet zu werden, hatte keine abschreckende Wirkung auf Falschparker in Schildgen.

Bergisch Gladbach – Einen einzigartigen Versuch, Falschparker abzuschrecken, hat die Stadtverwaltung in Schildgen gestartet: Mit einer nicht-existierenden Videokamera.

Das Hinweisschild „Halteverbot wird überwacht“ steht an der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen. Aber wo ist die Kamera?

In der Eisdiele – Ursache für so machen eiligen Falschparker – jedenfalls weiß niemand etwas von einer Videoüberwachung. Und bei der Stadtverwaltung auch nicht. „Es gibt gar keine Videokamera“, bestätigte Stadtsprecher Martin Rölen.

Hinweisschild zur Abschreckung

Aber der Pressesprecher kennt die Hintergründe. Das Hinweisschild sei nur zur Abschreckung aufgestellt worden.

Um die vielen Fahrer davon abzuhalten, verbotswidrig auf dem Radstreifen zu parken und sich mal eben schnell ein Eis zu holen. Die Videokamera auf dem Schild sollte, so Rölen, eine „Warnung“ davor sein, dass die Mitarbeiter des Ordnungsamtes hier regelmäßig Kontrollen durchführen.

46 Mal waren die Ordnungshüter stichprobenartig in dem Zeitraum zwischen 20. Juni und 27. Juli dieses Jahres vor Ort. Insgesamt 46 Verwarnungen wurden ausgesprochen. Das Hinweisschild hat nicht so recht funktioniert. Die Auswertung der Kontrollen für den Monat August steht noch aus.

Einen Schritt weiter

Offensichtlich hält nur wenige das Gefühl, kontrolliert zu werden, davon ab, verkehrswidrig zu parken. Allerdings steht das Schild schon neun Monate. Gut möglich, dass sich die Nachricht von der nicht existierenden Kamera herumgesprochen hat.

Kamera-Attrappen hatten nur wenig Erfolg

In anderen Kommunen sind die Verwaltungen noch einen Schritt weiter gegangen und haben statt irreführender Hinweisschilder Kamera-Attrappen installiert. Allerdings auch mit wenig Erfolg.

Schlagzeilen machte zum Beispiel eine Kamera-Attrappe in Bückeburg in Niedersachsen. Die wurde im Vorraum der Schultoiletten installiert.

Da ging es nicht um die Abschreckung von Falschparkern, sondern darum, „Toiletten-Vandalismus“ vorzubeugen. Nach einem Sturm der Entrüstung von Eltern wurde die Attrappe wieder abgehängt.

Die größte Aktion mit Attrappen hat es wohl in Bangkok gegeben. Sage und schreibe 1325 Kamera-Nachbildungen waren dort im Einsatz. Sie waren installiert worden, weil die Verwaltung für echte Kameras kein Geld hatte. Inzwischen sind die wirkungslosen Attrappen aber durch echte Kameras ersetzt worden.

Die Bergisch Gladbacher „Phantom-Kamera“ hat es allerdings jetzt in den politischen Raum geschafft. Aufgrund der „akuten Gefahrenlage“ an der Altenberger-Dom-Straße schlägt die CDU nun bauliche Maßnahmen vor. Echte bauliche Maßnahmen. Denn die Radfahrer werden gezwungen, auf die vielbefahrene Hauptfahrbahn auszuweichen.

In Frage kommt als Abhilfe laut Stadtverwaltung der Bau eines hochgelegten Radwegs statt des heutigen Schutzstreifens, der mit Pollern abgeschirmt werden müsste. Kosten: 8000 Euro, nur weil einige Autofahrer nicht bereit sind, einen kurzen Fußweg zurückzulegen.

Ob diese Investition sinnvoll ist, darüber berät der Verkehrsausschuss in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 4. Oktober, 17 Uhr im Rathaus Bensberg.

Schutz der Persönlichkeitsrechte

Auch Privatleute müssen den Datenschutz beachten, wenn sie etwa aus Furcht vor Kriminellen ihr Haus per Kamera überwachen. Sobald öffentliche Straßen gefilmt werden, gelten strenge Regeln. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz sind private Aufnahmen mit Videokameras außerhalb des eigenen Grundstücks in der Regel nicht erlaubt. Der Grund: Die Persönlichkeitsrechte ungefragt aufgenommener Menschen werden verletzt.

Ausnahmen sind nur dann möglich, wenn Hausbesitzer ein „berechtigtes Interesse“, wie etwa den Schutz des Eigentums, nachweisen können. Dies geht aus einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2014 hervor. Auch Attrappen, obwohl sie nicht unter das Datenschutzgesetz fallen, sind nach einschlägiger Rechtsprechung unzulässig, da sie das unzumutbare Gefühl verursachen können, beobachtet zu werden. (ub)

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