Feuerwehrschule in Bergisch GladbachTraining im Inferno bis ans Limit

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Von den Flammen eingeschlossen – auch das üben die Wehrleute. In einem Container ist eine komplette Wohnung nachgebildet.

Von den Flammen eingeschlossen – auch das üben die Wehrleute. In einem Container ist eine komplette Wohnung nachgebildet.

Bergisch Gladbach – Vier Feuerwehrleute hocken in einem Container. Vor ihnen brennen acht Paletten und versperren den Ausgang. Im Container ist es stockdunkel, die Luft ist rauchgeschwängert. Vorsichtig tasten sich die Männer durch den Rauch.

Ein Szenario wie bei einem Realeinsatz

Schließlich finden sie einen Ausgang an der Rückseite des Stahlbehälters, der eine Außentemperatur von über 300 Grad hat. Die Feuerwehrleute stürzen ins Freie, lassen sich von Kameraden aus den Atemschutzgeräten helfen und stecken ihre Hände sofort in kaltes Wasser – das soll den Kreislauf stabilisieren und den Körper schnell herunterkühlen.

Einer der Männer sitzt am Boden. Die Hitze hat im merklich zugesetzt und er ist erst einmal nicht in der Lage aufzustehen.

Dieses Szenario hat sich nicht bei einem Realeinsatz abgespielt, sondern ist Teil der Atemschutzausbildung für Feuerwehrkräfte in der Bergisch Gladbacher Feuerwehrschule. Auf einem brachliegenden Industriegelände in der Bergisch Gladbacher Innenstadt haben sich die Feuerwehrleute der Bergisch Gladbacher Feuerwehr ein Übungsgelände geschaffen, dass über die Kreisgrenzen hinaus einmalig ist.

Fast jede Einsatzsituation können die Lehrer an der Feuerwehrschule unter realen Einsatzbedingungen trainieren. In mehreren Stahlcontainern ist eine komplette Wohnung nachgebildet um den Einsatz bei Wohnungsbränden zu üben.

Training in schwerer Kleidung

Ein Linienbus steht etwas abseits. An ihm üben die auszubildenden Feuerwehrleute die Rettung verletzter Personen nach einem Busunfall. Mehrere Autos, teilweise ohne Dächer, stehen wenige Meter vom Bus entfernt.

Hier haben hydraulische Spreizer und Rettungsscheren ganze Arbeit geleistet – bei der Rettung verletzter Personen aus Autos. „Den Reisebus haben wir dem Einsatz eines Kameraden zu verdanken.

Er hat ihn kostenlos besorgt. Wir mussten ihn nur mit einem Tieflader aus Siegen auf dieses Gelände schaffen“, sagt Jörg Köhler, Vize-Chef der Bergisch Gladbacher Feuerwehr.

Auf dem Gelände können fast alle Szenarien durchgespielt werden

Nebenan sind fünf Retter mit der Bergung einer Person aus einem schmalen Schacht beschäftigt. Ein Verletzter liegt auf einer Trage und wird vorsichtig aus dem Schacht gehoben. Zwei Kameraden der „Schachtarbeiter“ sind um die Ecke mit einem Chemiefass beschäftigt. Giftige Flüssigkeit droht auszulaufen.

Die beiden Feuerwehrmänner sind nicht mehr als solche erkennbar, in grünen Vollschutzanzügen sehen sie aus wie Bewohner eines anderen Planeten. Mit rund 35 Kilogramm Schutzkleidung und Atemschutzgerät zusätzlich zum Körpergewicht bewegen sich die Rettungskräfte bei Einsätzen mit giftigen Substanzen und bei Brandbekämpfungen in verrauchten Innenräumen.

„Wir haben die gesamte Anlage in Eigenleistung gebaut“, betont Köhler und ergänzt: „Die Stadt hat lediglich 10.000 Euro an Geldmitteln beisteuern müssen.“ Es sei einfach gewesen, die Stadt vom Konzept einer eigenen Feuerwehrschule in Bergisch Gladbach zu überzeugen.

Ehrenamtler und Berufler haben gemeinsam Hand angelegt

Feuerwehrsprecher Elmar Schneiders: „Jörg Köhler hat das Konzept vorgestellt, Kosten und Nutzen dargestellt und die Stadtverwaltung hat abgenickt.“ Nachdem die Verwaltung grünes Licht gegeben hatte, legten die Ehrenamtler der Freiwilligen Feuerwehr und Berufsfeuerwehrleute gemeinsam Hand an.

Nach drei Monaten Freizeitarbeit stand die Schule und erlebte ihre „Feuertaufe“. Sechs Einsatzkräfte müssen jedes Jahr für die Bergisch Gladbacher Feuerwehr neu eingestellt werden. „Diese auf dem Arbeitsmarkt zu finden ist unmöglich“, merkt Köhler an. Also müsse man sich den Nachwuchs selber heranziehen und für dessen Ausbildung sorgen.

Jetzt kann am eigenen Standort in Bergisch Gladbach ausgebildet werden

Bis das eigene Trainingsgelände fertiggestellt war, geschah dies an externen Ausbildungsstätten. Und die mussten natürlich bezahlt werden. „Nun können wir selbst ausbilden und das zu einem Bruchteil der vorher anfallenden Kosten“, sagt Köhler.

Darüber hinaus sind die Bergisch Gladbacher nun in der Lage , externe Schüler von anderen Feuerwehren auszubilden. So ist die Schule für das Jahr 2017 schon fast ausgebucht. Nur noch ein Ausbildungsplatz ist frei. „Wir bilden im nächsten Jahr sechs eigene Anwärter und zwölf Schüler aus anderen Feuerwehren aus“, sagt Schneiders.

Dass nach Abzug der laufenden Unterhaltungskosten noch ein wenig Geld übrig bleibt, wollen Schneiders und Köhler nicht abstreiten, betonen aber, dass dieses Geld sofort wieder in technische Ausrüstungsgegenstände für die Schule investiert werde. Überschuss zu erwirtschaften sei keinesfalls der Antrieb gewesen, die Schule zu gründen und zu bauen.

Bindung an den Standort

„Erst jetzt haben wir die Möglichkeit, für unsere Feuerwehrleute einmal im Jahr eine Atemschutzübung unter realen Bedingungen durchzuführen“, sagt Köhler. Nur dadurch komme der Einzelne an seine Grenzen und erkenne auch die der Schutzkleidung.

„Durch die Übungen steigt die Qualität der Einsatzkräfte“, betont Köhler. Nun sei man auch in der Lage, erforderliche Standards zu definieren, sie zu lehren und praktisch zu üben. Wichtiger als ein möglicher Profit sei die Bindung der Feuerwehr an den Standort und die Organisation.

Köhler: „Darüber hinaus ist die Motivation aller Feuerwehrleute durch die neue Anlage nochmals gestiegen. Das ist nicht mit Geld zu bezahlen.“

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