FlüchtlingeIntegration wird für Bergisch Gladbach teuer – Stadt bastelt an Konzepten

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Jeden Monat kommen neue Flüchtlinge, wie hier im September 2015 in Katterbach, in den Städten an.

Jeden Monat kommen neue Flüchtlinge, wie hier im September 2015 in Katterbach, in den Städten an.

Bergisch Gladbach – Langsam aber sicher wandert der Fokus der Stadtpolitik bei den Flüchtlingen von der Unterbringungs- zur Integrationsproblematik.

Deshalb ging es im Sozialausschuss nicht mehr um Turnhallen und Container, sondern um Deutsch- und Integrationskurse. Es ging um die Einstellung von Helfern und Sozialarbeitern, es ging um viel Geld – Geld, das die Stadt nicht hat.

So bastelt die Verwaltung an Konzepten, mit denen Flüchtlinge in Brot und Arbeit gebracht werden können.

Frisch auf dem Tisch im Rathaus sind Förderprogramme die noch mit dem Arbeitsagentur abgestimmt werden müssen. Da geht es um mehr als hundert Stellen für Flüchtlinge.

Beate Schlich, Leiterin des zuständigen Fachbereichs, weist dem stadteigenen „GL-Service“ eine Schlüsselrolle bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu: „Denn GL-Service wurde doch genau für diesen Zweck gegründet.“ Man habe zwar darüber nachgedacht, die Aufgaben verwaltungsintern zu verteilen.

Allerdings sei es schwer vorstellbar, dass zum Beispiel ein städtischer Gärtner Flüchtlinge anlerne und gleichzeitig seine Arbeit schaffe.

Die Botschaft von Schlich war klar: Ohne zusätzliches Personal wird es keine sinnvollen Projekte für Flüchtlinge geben. Und zusätzliches Personal heißt im Klartext: mehr Geld.

Beim Projekt des „Integrations- und Willkommenszentrums“ legt die Verwaltung konkrete Zahlen vor: 200 000 Euro sollen in dieses Projekt gepumpt werden.

Als Schwerpunktthema der Einrichtung sind Bildungs- und Förderangebote für Flüchtlinge geplant. Aber auch die spezielle Beratung für Familien und Frauen steht auf dem Programm. Und das Zentrum soll ein Treffpunkt für Flüchtlinge und Einheimische werden.

In der Vorlage der Verwaltung sind dafür 2,5 neue Stellen vorgesehen, und es wird darauf verwiesen, dass die Räume – ein Neubau neben dem Heidkamper Pfarrsaal – der Stadt zur Verfügung stünden.

Bei diesem Thema gibt es allerdings hinter den Kulissen Ärger. Wörtlich heißt in dem städtischen Papier: „Es muss berücksichtigt werden, dass das gesamte Gebäude bereits durch die Stadt angemietet ist und die entsprechenden Mietkosten unabhängig von der Einrichtung anfallen.“ An anderer Stelle heißt es, dass es „eher unwahrscheinlich“ sei, die angemieteten Ladenlokale einer „gewerblichen Nutzung“ zuzuführen. Praktisch bedeutet dies, dass die Stadt eine Immobilie angemietet hat, von der sie derzeit nicht weiß, wie sie sie überhaupt nutzen soll.

Zumindest nicht-öffentlich wird diese Anmietung kritisiert. Nach Informationen dieser Zeitung hat die Stadt einen Mietvertrag für zehn Jahre unterschrieben.

Kämmerer Jürgen Mumdey überbrachte im Ausschuss die Nachricht, dass bei den Kosten für die Flüchtlinge derzeit ein Finanzierungsloch von 8,1 Millionen Euro klaffe. Kleiner als im Haushaltsplan ursprünglich vorgesehen. Denn da wurde noch von rund 2200 Flüchtlingen ausgegangen. Aktuell sind es rund 1350. Und weniger Flüchtlinge bedeuten eben auch weniger Ausgaben.

Allerdings kann von einer Entspannung der Haushaltssituation nicht die Rede sein. Zwar können die Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer die Ausgaben für die Flüchtlinge ausgleichen, aber 2017 wird das nicht mehr möglich sein. Denn da kann nicht mehr mit vergleichsweise hohen Einnahmen bei der Gewerbesteuer gerechnet werden.

Angesichts dieser finanziellen Unwägbarkeiten wurden die einzelnen Flüchtlings-Projekte vorgestellt und auch für gut befunden, aber eine Entscheidung wurde letztlich vertagt.

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Frauenfeindliche Struktur

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bergisch Gladbach, Michaela Fahner, ist sauer auf die Agentur für Arbeit. Genauer auf deren Leiter Stefan Krause. Der hatte bei einem Vortrag zum Thema „Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt“ davon berichtet, dass er zwischen allein reisenden Frauen und Frauen in Familien unterscheide. Letztere müssten sich in einer Konkurrenzsituation dem Ehemann unterordnen. Sonst gebe es Streit in der Familie.

Fahner teilte dem Leiter der Arbeitsagentur mit, dass sie zwar seine Analyse teile, nicht aber seine Konsequenz. Denn es könne nicht angehen, dass die frauenfeindlichen Strukturen in Deutschland akzeptiert und damit fortgesetzt würden. Eine der Hauptaufgaben der Integration von Flüchtlingen sei es, auf die vielfältigen Rollen der Frauen in Deutschland nicht nur zu verweisen, sondern eine Akzeptanz dafür herzustellen.

Wörtlich heißt es am Ende des Briefes der Gleichstellungsbeauftragten: „Am wenigsten hilfreich wäre dies für die geflüchteten Männer, die im Arbeitsleben mit hoher Wahrscheinlichkeit einmal einer Frau gegenüberstehen, die gleichberechtigte Kollegin oder Vorgesetzte ist.“ Der Brief endet mit der Bitte an Stefan Krause, dass er seine Position doch noch einmal überdenken solle. (nie)

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