GewerbesteuerRettung durch den Geldsegen

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Sprudelnde Steuereinnahmen verzeichnen die Verantwortlichen im Bergisch Gladbacher Rathaus. Doch so richtig kann sich darüber niemand freuen.

Sprudelnde Steuereinnahmen verzeichnen die Verantwortlichen im Bergisch Gladbacher Rathaus. Doch so richtig kann sich darüber niemand freuen.

Bergisch Gladbach – Die Kosten für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen sind aus dem Ruder gelaufen. Die Ausgaben haben sich verdoppelt: Sie belaufen sich auf 32 Millionen Euro, 15 Millionen mehr als im November 2015 kalkuliert. Nur ein unerwarteter Glücksfall rettet Bergisch Gladbach aus der finanziellen Misere: Die Stadt bekommt 13 bis 15 Millionen Euro mehr an Gewerbesteuer, als bei der Planung des Haushalts abzusehen war – je nachdem, wie hoch die Vorauszahlungen ausfallen.

Der Mann, der die Zahlen nennt, ist Kämmerer Jürgen Mumdey. Den unverhofften Geldsegen verdankt er einigen Firmen – Namen nennt er nicht – die im Jahr 2014 außergewöhnlich gute Geschäfte gemacht haben. Erst jetzt, im ersten Quartal 2016, sind die Steuerzahlungen in Höhe von 13 Millionen Euro fällig geworden. Dazu kommen höhere Vorauszahlungen für 2015 und 2016, die noch nicht genau beziffert werden können „Am Ende des Jahres erzielen wir rund 50 Millionen an Gewerbesteuereinnahmen. Das ist absoluter Rekord.“ Der bisherige Spitzenwert lag bei 42 Millionen Euro.

In anderen Zeiten hätte der unverhoffte Geldsegen der hoch verschuldeten Kommune, die bis zum Jahr 2022 im Haushaltssicherungsverfahren steckt, eine Menge Luft verschafft, zum Beispiel für Sondertilgungen oder lange aufgeschobene Investitionen.

Mehreinnahmen retten vor Zahlstopp

Doch jetzt sind die Flüchtlinge da: Zurzeit sind es rund 1600. So rettet die hohe zusätzliche Gewerbesteuereinnahme die Kreisstadt vor der Haushaltssperre, ein Zahlstopp für alle Ausgaben, die nicht nötig sind.

Dass die Ausgaben für die Unterbringung und Betreuung der Asylsuchenden so explosionsartig ansteigen würden, damit hat Mumdey nicht gerechnet, als er im November 2015 den Haushalt aufstellte: Container, Betten, Matratzen kaufen, Sicherheitsdienst engagieren, Sozialarbeiter anstellen – 7,5 Millionen Euro müssen mehr ausgegeben werden, wie sich herausstellte. Insgesamt betragen die Ausgaben 32 Millionen Euro „Wir haben hier einen hohen Standard und der ist gut für die Integration“, sagt Beate Schlich, Leiterin des Sozialamtes. Zwar sorge der momentan abnehmende Flüchtlingsstrom für eine kleine finanzielle Entlastung von etwa zwei Millionen Euro. „Aber auch da weiß keiner genau, ob das so bleibt“, warnt Mumdey und fügt in Hinblick auf die hohen Kosten für die Stadt hinzu: „Ohne eine höhere Mitfinanzierung des Landes schaffen wir das nicht.“

Land zahlt nicht alles

Für die Aufnahme von Flüchtlingen bekommen die Kommunen Geld von Bund und Ländern. Wie viel genau, entscheidet jedes Bundesland selbst. Nordrhein-Westfalen zahlt den Kommunen eine Pauschale: pro Jahr und Flüchtling 10 000 Euro, aber auch nur bis zu einer maximalen Anzahl von 1147 Asylsuchenden. Tatsächlich kostet die Stadt ein Flüchtling pro Jahr etwa 15 000 Euro. Auf den zusätzlichen Kosten von etwa 9,7 Millionen Euro bleibt die Stadt bisher sitzen.

Bürgermeister Lutz Urbach hat in den letzten Monaten mehrfach kritisiert, dass die Kommunen in NRW Gelder nicht entsprechend der tatsächlichen Aufnahme erhalten, sondern gemäß des gesetzlichen Verteilungsschlüssels. Eine Umstellung der Kostenerstattung, so dass diese sich nach der tatsächlichen Aufnahme von Flüchtlingen richtet, soll nach den Beschlüssen der Landesregierung erst im Jahr 2017 erfolgen. Überhaupt nicht erfasst sind die langfristigen Kosten. Denn die Kommunen müssen dauerhaft Wohnungen und Sprachkurse anbieten, Arbeits-, Schul- und Kindergartenplätze.Hier entscheidet sich, ob die Flüchtlinge Nachbarn oder Fremde werden.

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