Joachim Gauck zu Besuch in Bergisch GladbachFroh über moralische Unterstützung vom Bundespräsidenten

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Bergisch Gladbach – Gleich kommt er: Bundespräsident Joachim Gauck. Der Theatersaal im Bergischen Löwen ist voll. Etwa 450 hauptamtliche und freiwillige Helfer, die Flüchtlinge unterstützen, sind gekommen. Darüber hinaus sind viele Bürger da, die als Nachbarn, als Schulen oder Sportvereine Einschränkungen hinnehmen müssen. Einige wirken etwas nervös, andere eher neugierig. Als der Moment kommt, auf den alle gewartet haben, ist es plötzlich ganz still. Flankiert von Bürgermeister Lutz Urbach und Staatssekretär Bernhard Nebe betritt der Bundespräsident den Saal. Wohl 20 Minuten dauert seine Rede, die vielen aus dem Herzen spricht: Würdigung des Engagements und klare Worte gegen Fremdenfeindlichkeit. Gaucks Stimme geht zwischendurch unter im Applaus.

Vorschlag positiv aufgenommen

„Ich bin froh über diese Unterstützung“, sagt Hildegard Knoch-Will, Gründerin der Hilfsinitiative Neue Heimat Bergisch Gladbach. Sie hat schon vorher mit anderen Vertretern von Initiativen und Vereinen die Gelegenheit gehabt, mit Gauck im Rathaus in kleiner Runde zu diskutieren. Er habe ihren Vorschlag, bei der Erstversorgung eine zentrale Stelle für Neuankömmlinge einzurichten, positiv aufgenommen. Bislang müssten sich die Flüchtlinge mühsam zu verschiedenen Stellen durchschlagen: „Da gibt es Bettwäsche, dort Kleidung, hier Geschirr.“ Syzmon Bartoszewicz, Soziales Netzwerk Stadtmitte, ist vollkommen begeistert: „Super“, sagt er, „das ist ein Zeichen für uns weiterzumachen.“ Das größte Problem besteht für ihn darin, dass Wohnraum fehlt. „Und das kostet Geld.“

In der ganzen Diskussion vermisse er außerdem, dass Verbände von Immigranten wie Moschee-Vereine in die Integrationsarbeit einbezogen werden.

Unbegleitete Jugendliche

Beate Schlich, Fachbereichsleiterin Jugend und Soziales, hat im Gespräch mit dem Bundespräsidenten den Einsatz ihrer Mitarbeiter hervorgehoben: „Jeden Tag aufs Neue. Bei Nachteinsätzen teilweise über die Schmerzgrenze hinaus.“ Auf die Schwierigkeit, die unbegleiteten Jugendlichen vernünftig zu betreuen, habe sie Gauck hingewiesen. Es fehlten Pflegefamilien.

Gauck hat sich Zeit genommen, das ist gut angekommen bei den Bürgern im Saal. Antonia Extra und Johanna Brass von der kürzlich gegründeten Flüchtlingshilfe-AG am Otto-Hahn-Gymnasium sind jetzt doppelt motiviert: „Jetzt wissen wir erst recht, dass wir etwas Sinnvolles tun.“

Gudrun Wildner, ehrenamtliche Sprachlehrerin bei der Initiative „Herwi“, empfindet Gaucks Besuch ebenfalls als moralische Unterstützung. „Ich bin froh über die Aufmerksamkeit“, sagt sie, „weil Probleme gehört und weitergegeben werden können.“Barbara Brauner hat Gauck im Vorbeigehen einen Flyer vom Bensberger Baum der Religionen in die Hand gedrückt: „Das wäre auch was für Berlin“, hat sie gesagt. Der Zettel sei zwar gleich an einen Mann von der Security weitergereicht worden. Trotzdem: „Vielleicht guckt er ja im Auto nochmal drauf.“

Am frühen Nachmittag verlässt Gauck mit einer gelben Rose in der Hand den Saal. Vor der Tür kommt der Tross vorbei an 20 Helfern des Deutschen Roten Kreuzes Rhein-Berg. Sie mussten draußen bleiben, durften wegen einer Panne bei der Registrierung nicht mit hinein.

Auch Vorsitzende Ingeborg Schmidt nicht. Für sie hätte das Bundeskriminalamt zwar eine Ausnahme gemacht. Aber das wollte sie nicht: „Ich bleibe hier bei meinen Leuten“, sagt sie.

Bürgermeister Lutz Urbach steht im Foyer. Die Anspannung fällt von ihm ab, das ist am Mienenspiel abzulesen – auch wenn die Probleme erst einmal bleiben.

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