Kölner StraßeErbitterter Kampf um den Asphalt – Bürger wehren sich gegen Radstreifen

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Sogar eine Bürgerinitiative kämpft nun gegen die im Oktober eingerichteten Radstreifen an der Kölner Straße.

Sogar eine Bürgerinitiative kämpft nun gegen die im Oktober eingerichteten Radstreifen an der Kölner Straße.

Bergisch Gladbach – Die neuen Fahrradstreifen an der Kölner Straße in Bensberg sollen weg. Das fordern Anwohner, Ärzte und Geschäftsleute.

Seit die Parkbuchten entfallen sind, sei ein erbitterter Kampf um den knappen Platz auf dem Asphalt entbrannt. Außerdem seien die Radstreifen unsicher, sogar lebensgefährlich. Der Protest zeigt Wirkung: Die Stadtverwaltung prüft nun einen Kompromiss.

Über 2000 Namen stehen auf einer Unterschriftenliste, die sich dafür einsetzt, den alten Zustand wiederherzustellen. Die Forderung lautet: die Fahrradschutzstreifen auf beiden Seiten der Kölner Straße zwischen Dariusstraße und Falltor zu beseitigen und stattdessen die 39 weggefallenen Parkbuchten wieder einzurichten.

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Um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen, hat sich eigens eine Bürgerinitiative gegründet. Am Mittwochabend hat sich der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden mit dem Protest der Anlieger befasst. Etwa 60 teilweise recht aufgewühlte Nachbarn haben die Sitzung verfolgt.

Aggressivere Fahrweise

„Vor allem die älteren und gesundheitlich eingeschränkten Patienten sind nicht in der Lage, zu Fuß unsere Praxis zu erreichen“, sagt Dermatologin Dr. Claudia Ulrich und spricht dabei auch für die anderen vier Praxen im Ärztehaus, Hausnummer 26, an der Kölner-Straße. In den Seitenstraßen gebe es zu wenige Parkplätze, behinderte Patienten könnten keine weiten Wege zu Fuß zurücklegen.

Vor dem Haus fehle die Möglichkeit, auch nur kurz anzuhalten. Zudem werde der Radstreifen gar nicht genutzt: „Wir haben gezählt, dass am Tag nur fünf bis zehn Radler dort unterwegs sind.“

Laut Beobachtung der Anwohner animiere der Wegfall der Parkbuchten die Autofahrer zu einer aggressiveren Fahrweise auf der stark befahrenen Hauptzufahrt nach Bensberg. „Dieser Radweg ist für die Bensberger lebensgefährlich“, meint Frauenärztin Dr. Csilla Rind-Hamala.

Aus dem Zuschauerraum ruft ein empörter Vater von drei Kindern: „Niemand würde dort seine Kinder fahren lassen!“ Ein anderer Mann sagt: „Noch nicht mal ich als passionierter Radfahrer würde den Radstreifen benutzen. Ich bin ja nicht lebensmüde.“

Dagegen sieht Peter Widdenhöfer, Fachbereichsleiter für Recht, Sicherheit und Ordnung, keinen Anlass, aus Gründen der Sicherheit, die Notbremse zu ziehen: „Es gibt bislang keine Unfälle und wenige Geschwindigkeitsübertretungen.“ Für die Anlieger der Seitenstraßen ist die Verkehrsplanung jedoch ein rotes Tuch: Tatsächlich ist am Donnerstagmorgen die Ferdinand-Stucker-Straße komplett zugeparkt. Ausweichmöglichkeiten bei Gegenverkehr gibt es nicht. „Teilweise werden Fußwege und Einfahrten vollständig zugeparkt“, berichtet Norbert Müller.

Eine rechtliche Verpflichtung, Stellplätze im öffentlichen Raum zu schaffen, gebe es nicht, stellt Stadtsprecher Martin Rölen klar. Die Eigentümer seien verpflichtet, auf ihren Grundstücken ausreichend Parkraum zu schaffen. Im Falle des Ärztehauses seien das 18 Plätze, 15 davon befänden sich in der Tiefgarage. Wiebke Krause, zuständig für Stadtentwicklung und Verkehrsentwicklung, warnt davor, „Entscheidungen übers Knie zu brechen“ .

Das 2016 vom Stadtrat verabschiedete Mobilitätskonzept setze schwerpunktmäßig auf einen Ausbau des Radwegenetzes. Die Radstreifen an der Kölner Straße seien das erste Projekt, das im November umgesetzt worden sei. Die Anwohner hätten die Möglichkeit gehabt, in der Bürgerbeteiligung ihre Kritik vorzubringen.

Die Fraktionen signalisieren Verständnis für den Leidensdruck der Anwohner. Allerdings: „Das Mobilitätskonzept darf nicht gegen andere Interessen ausgespielt werde“, betont Ute Stauer (SPD).

Hermann-Josef Wagner (CDU) will den Radweg nicht um jeden Preis: „Das muss auch Sinn machen.“ Ingrid Koshofer (FDP) bezieht klar Stellung: „Das ist doch absurd. Man kann die Leute nicht zwangsweise zu Radfahrern erziehen.“ Im Juli soll nun der Planungsausschuss beraten, lautet am Ende der einstimmige Beschluss (bei zwei Enthaltungen von der SPD).

Bis dahin soll die Verwaltung prüfen, ob es eine Ausweichroute gibt sowie die Radfahrer zählen, die die Strecke nutzen.

Meist normales Tempo

Eine Messung der Geschwindigkeiten vom 19. bis 26. Januar 2017 gegenüber dem Ärztehaus an der Kölner Straße habe keine Auffälligkeiten ergeben, sagt Fachbereichsleiter Peter Widdenhöfer: Bergab fuhren 32 965 Autofahrer unter den erlaubten 50 km/h. Über 50 km/h fuhren 1937 Fahrer, davon waren 1274 Fahrer zwischen 51 und 55 km/h unterwegs. Zwei Fahrer hatten Spitzenwerte zwischen 76 und 80 km/h auf dem Tacho.

Bergauf fuhren 28 313 Autofahrer unter 50 km/h. 71 Fahrer übertraten die Höchstgeschwindigkeit. Darunter 52 Fahrer zwischen 51 und 55 km/h, 14 fuhren zwischen 56 bis 60 km/h und vier zwischen 61 bis 65 km/h. (ub)

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