Offene GanztagsschuleViele Kinder bekommen keinen Platz in Bergisch Gladbach

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Doch noch geschafft: Die Polizistin Simone Menzel bekommt  für ihre Zwillinge  Plätze an der offenen Ganztagsschule.

Doch noch geschafft: Die Polizistin Simone Menzel bekommt  für ihre Zwillinge  Plätze an der offenen Ganztagsschule.

  • 200 Kinder stehen noch auf der Warteliste
  • Stadt bemüht sich das Angebot zu erhöhen

Bergisch Gladbach – Der Anruf am Donnerstagmittag war so wie der Gewinn eines Lotto-Jackpots, sagt Simone Menzel. Sie hatte schon nicht mehr daran geglaubt. Doch nun hat sie die Zusage für zwei Plätze für die Nachmittagsbetreuung an der Concordia-Grundschule in Schildgen bekommen. Endlich durchatmen: Ihre Zwillinge Levi und Linus werden gut betreut sein in der Offenen Ganztagsschule, während sie im Schichtdienst als Polizistin arbeitet.

Die vergangenen Wochen der Ungewissheit und des Wartens haben die 43-Jährige Kraft und Nerven gekostet. „Eine große Last ist mir von den Schultern gefallen“, sagt die alleinerziehende Mutter. Aber trotz der Erleichterung bleibt bei ihr ein bitterer Beigeschmack. „Es kann doch nicht sein, dass Eltern erst öffentlich solchen Druck ausüben müssen, bevor sich etwas tut.“

Großer Mangel an Betreuungsplätzen

200 Kinder stehen auf den Wartelisten der Offenen Ganztagsgrundschulen. Besonders Alleinerziehende und berufstätige Eltern bringt die fehlende Bedeutung in echte Bedrängnis: Denn mangels Bereuungsplätzen bangen sie um ihre berufliche Zukunft. Zwar hat der Stadtrat kurzfristig in der vergangenen Woche entschieden, möglichst 68 zusätzliche Plätze zu schaffen und damit das Angebot auf 2700 zu erhöhen. Aber in welchen Einrichtungen, wie viele Plätze noch dazukommen, könne die Stadtverwaltung noch nicht sagen. „Die Gespräche mit den einzelnen Trägern laufen noch“, sagt Stadtsprecherin Marion Linnenbrink auf Nachfrage.

Simone Menzel kann ihr Glück vor allem deshalb nicht fassen, weil sie erst am Mittwoch das abweisende Antwortschreiben von Bürgermeister Lutz Urbach aus dem Briefkasten geholt hat: „Seine Worte klingen teilweise sehr gereizt, das hat mich geärgert.“ Urbach schreibt, er habe zwar großes Verständnis für die Situation, könne aber keine OGS-Plätze „herbeizaubern“. Das Angebot sei in den vergangenen Jahren erweitert worden. Zwei Drittel der Grundschulkinder hätten einen Platz. Die Stadt stoße aber an die Grenzen der räumlichen Kapazitäten. Wegen der bevorstehenden Schulsanierungen seien größere Erweiterungen der OGS nicht möglich. Urbach stelle außerdem klar, dass die Offene Ganztagsschule nur ein Angebot, aber keine Verpflichtung für die Stadt bedeute. Die Landesmittel zur Finanzierung reichten nicht aus. 1,5 Millionen Euro müsse die Stadt jährlich dazu schießen.

Aufnahmekriterien der Stadt schreiben Priorität vor

Jörg Schwagereit, Leiter der OGS an der Concordiaschule, wäre es viel lieber, wenn jedes Kind, das die Grundschule besucht, wenn gewünscht automatisch einen OGS-Platz bekommen würde. In jedem Jahr falle es schwer, einigen Eltern einen Platz auf der Warteliste zuweisen zu müssen. Aufgrund der Anfrage des Jugendamtes nach zusätzlichen Plätzen konnten dort diesmal 124 Kinder aufgenommen werden, vier mehr als vorgesehen. Noch ein Kind ist bislang nicht versorgt, sagt Schwagereit. Die Zwillinge von Simone Menzel hatten Glück und rückten nach. Der OGS-Leiter bedauert es, dass Eltern, die nicht beide berufstätig sind, überhaupt eine Chance hätten, ihr Kind unterzubringen. Auch diese Kinder wünschten sich oft, in sozialer Gemeinschaft mit den Klassenkameraden zu spielen. Aber die Aufnahmekriterien der Stadt schreiben fest, wer bei der Platzvergabe Priorität genießen soll. Dazu zählen berufstätige Eltern, ob ein Geschwister bereits die OGS besucht, aber auch die soziale familiäre Situation.

Für viele Eltern geht die Zitterpartie also weiter. „Wir hängen immer noch in der Luft“, berichtet Benjamin Kleine. Er und seine Frau sind voll berufstätig. Für seine sechsjährige Tochter ist in der Nachmittagsbetreuung an der GGS in Heidkamp kein Platz frei. 15 Kinder hängen hier noch in der Warteschleife. Es könne doch gesellschaftlich nicht gewollt sein, dass er beruflich kürzer trete, meint Kleine. Er erwarte von der Stadt kurzfristige Lösungen: „Man braucht uns ja keinen Palast hinzusetzen. Ein Container würde es auch tun.“ An anderen Stellen sei das ja auch möglich spielt Kleine auf die Unterbringung von Flüchtlingen an.

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