Oldtimer-RallyeTraumautos mit knatternden Motoren auf Schloss Bensberg

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Am Abend vor der Rallye waren die Teilnehmer im stilvollen Ambiente von Schloss Bensberg zum Barbecue eingeladen.

Am Abend vor der Rallye waren die Teilnehmer im stilvollen Ambiente von Schloss Bensberg zum Barbecue eingeladen.

Bergisch Gladbach – Abschleppwagen oder Transporter für den wertvollen Oldtimer im Schlosshof kurz vor neun Uhr? Da drücken sich schon die ersten Fans der Rallye Historique mit prallen Kamerataschen sehnsüchtig vor dem Tor. Punktum neun dürfen sie hinein ins Vergnügen, die genau 101 Oldtimer unter die Lupe nehmen, die eine Stunde später an den Start gehen sollten.

190 Kilometer lange Oldtimer-Rallye

Doch was ist mit den Abschleppwagen, der die Sicht aufs Schloss verwehrte. Tatsächlich hat Peter Meyers MG B 1800 den Start verweigert und wird abgeschleppt. Der Mülheimer nimmt es gelassen, schon hat ihm ein Freund ein Ersatzfahrzeug, einen Jaguar-Daimler von 1986 überlassen für die 190 Kilometer lange Oldtimer-Rallye. „Ein ideales Event, um das Bergische Land populärer zu machen“, stellt Thomas H. Althoff, Schlossherr vom Grandhotel die achte Schloss Bensberg Classics auf dem Laufsteg für die wertvollen Karossen mit Baujahr von 1923 bis 1980 vor.

Der älteste ist der Bentley 3,0/4,5 l von 1923, der schon beim Rennen in Le Mans gestartet ist. Sein zehn Jahre jüngerer Bruder, der Hamburger Bentley 4 ¼ ist ein mächtiges Cabriolet mit Metalllenkrad, das mit deftiger Kordel umwickelt ist. „Wegen der Griffigkeit“, erklärt Fahrer Jürgen Wehr, der wie seine Beifahrerin Mireille Wehr zünftige alte Lederkappen trägt. „Das ist anstrengend, aber man fährt ja mit Handschuhen.“ Gut so, denn das röhrende Gefährt hat noch keine Servolenkung.

Alles zum Thema Ford

Lange vor dem Start zieht der Duft von Motoröl und Benzin über den Schlosshof. So mancher Motor verweigert schlicht den Kaltstart. Die alten Herren sind empfindlich gegen Nässe, Kälte, der Regen in der Nacht macht sie störrisch.

Motor läuft mit dem schönen Porsche-Sound

Nr. 82, der knuffige Porsche Roadster 356 von 1960, hustet. „Ist normal“, sagt der Fahrer Michael Josef Nosiadek. Fast war er da, der Motor, aber er verbreitet nur Spritgeruch. Jeder, der seinen Kopf unter die Motorhaube steckt, hat den besten Tipp! Doch dann sprüht Beifahrer Bernd Rode ein bisschen Startpilot auf die lebenswichtige Motorteile, und schon springt er an, knallt und spuckt, läuft endlich im schönen Porsche-Sound.

So sind sie, die alten Schätzchen, eins wertvoller als das andere hier auf dem Schlosshof: Rolls Royce Silver Shadow, De Tomaso Pantera, Lagondas, Ferrari – lange ist die Liste der gepflegten Oldtimer der Extraklasse. Namen, die sich die Fans auf der Zunge zergehen lassen.

Eine Seele habe sein Ford Sedan 2 Door von 1930, schwärmt Frank Lohmann aus Langenfeld von dem mattschwarzen Kastenwagen, der ein bisschen wie ein Gangsterauto aussieht. „450 PS hat er und viel Kraft – die Kardanwelle hat er schon mal ausgespuckt“, erzählt er über den Oldtimer aus den USA. Dann fährt im blassgelben DKW F93 Cabriolet Tom Kristensen vor.

Schon neun Mal hat er das 24-Stunden-Rennen in La Mans gewonnen. Jetzt sitzt er im knatternden DKW, fern vom Geschwindigkeitsrausch. „Ich muss mich erst noch dran gewöhnen“, sagt er mit verschmitzten Lächeln. Beim ersten Probesitzen klemmte der Rückwärtsgang. „Hab ich ihm gezeigt“, berichtet stolz der Besucher Gerd Gute. „Ich hab so einen DKW früher gefahren.“ Kristensen ist vorerst der einzige Promi bei den Schloss Bensberg Classics.

Formel-1-Legende als Jury-Mitglied

Formel-1-Legende Jackie Ickx, Dauergast bei den Bensberger Classics, kommt am Nachmittag und agiert am Sonntag als Jurymitglied beim „Concours d’Élégance“. „Und Errol Sander, der auch mitfahren sollte, ist verhindert durch Dreharbeiten in Istanbul“, bedauert Kurt Wagner, Geschäftsführer vom Grandhotel. Beim Wettbewerb am Sonntag sind Jackie Ickx und fast 60 elegante Oldtimer begehrte Motive für die vielen Fotografen. „Ich hab noch keinen Favoriten“, bekundet der Ex-Rennfahrer zu Beginn der Jury-Runde. Alle tragen helle Panama-Strohhüte, von weitem sind sie zu erkennen.

Minutiös lassen sich die Fachleute die Modelle von den Besitzern erklären, bewundern beim schnittigen BMW-Cabriolet 700 aus Bremen das herausnehmbare Radio. Beim Alfa Romeo 6C 200 SS Aerlux, Baujahr 1949, beeindruckt nicht nur der satte Sound des Motors, sondern auch die runden, erotischen Formen des italienischen Designs. Der Bremer Sammler Heiko Seekamp bestätigt: „Eine sehr gute Maschine, 105 PS.“ Und dieser Alfa, von dem es nur 14 Exemplare gibt, habe „Aerlux“, ein aufstellbares Plexiglasdach für frische Luft.

Alles Original und unrestauriert

Ein ganz andere Nummer sind die Rennwagen der Oldie-Klasse. So laut heult der 450-PS-Motor des Ferrari 365 GTB/4 Competizione auf, dass vorübergehend alle Gespräche eingestellt werden, auch der Moderator macht eine kurze Pause. Dagegen blubbert der Delahaye 135M von 1938/4439 geradezu leise vor sich hin. Stolz zeigt der Besitzer Egon Zweimüller aus Österreich den Ordner mit den Papieren – es ist noch alles Original und sogar unrestauriert.

Bei leisen Barocklängen genießen die Besucher den Blick auf die chromblitzenden Karossen und auch auf das Rheinpanorama, die Besitzer fachsimpeln bereitwillig, sind stolz auf ihre Schätzchen. Dazu ein Gläschen Champus und kulinarische Leckereien – das Leben ist schön an diesem Wochenende auf Schloss Bensberg.

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