Bergisch GladbachAnwohner warten seit Jahrzehnten auf sicheren Straßenübergang

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Nichts zu machen: 20 Minuten warten die Fußgänger, bis sie endlich die vielbefahrene B 506 überqueren können.

Nichts zu machen: 20 Minuten warten die Fußgänger, bis sie endlich die vielbefahrene B 506 überqueren können.

Bergisch Gladbach – Die Menschen in Romaney leben gefährlich. „Die Verkehrssituation ist unhaltbar“, findet Heiner Dünner. Über die viel befahrene B 506 führen weder Ampel noch Zebrastreifen noch Mittelinsel. Die Eltern können ihre Kinder nicht allein gehen lassen. Seit mehr als 30 Jahren kämpft der 74-Jährige für einen sicheren Übergang über die Bundesstraße. Nichts ist passiert. Jetzt will Dünner der Stadt sogar ein Grundstück schenken, damit der Überweg endlich sicher gestaltet werden kann. Sein Vorschlag ist, in Höhe der Bushaltestellen eine Mittelinsel zu platzieren. Unterstützung bekommt er dabei vom Inklusionsbeirat.

Nachmittags zur Rushhour in Romaney: Der Fahrzeugstrom auf der B 506 – Hauptverbindung zwischen Köln und Wipperfürth – reißt nicht ab. Obgleich im Dorf Tempo 50 gilt, jagen die Autos nach Erfahrung von Heiner Dünner regelrecht über die Straße: „Die Durchschnittsgeschwindigkeit dürfte bei 60 liegen. Und das ist vorsichtig geschätzt.“ Nur selten gibt es Fahrer, welche aus Rücksicht auf Mütter mit Kindern an der Hand ihre rasante Fahrt reduzieren. Das zeigt ein Test vor Ort: Es sind nur drei Autofahrer in einem Zeitraum von 20 Minuten, die den Fuß vom Gas nehmen, um eine Gruppe von vier Erwachsenen und vier Kindern über die Straße gehen zu lassen.

Aus Sicht der Polizei stellt die Durchfahrt keinen Unfallschwerpunkt dar: Zwischen Januar 2015 und März 2016 habe es drei Unfälle gegeben, keiner davon wegen erhöhter Geschwindigkeit: einer im Begegnungsverkehr, ein Auffahrunfall und einer wegen eines umgestürzten Baumes. Außerdem werde regelmäßig die Geschwindigkeit der Autofahrer kontrolliert. Hinweise auf eine Raserstrecke gebe es nicht, berichtet eine Polizeisprecherin.

Wie ein Skalpell spaltet die B 506 Romaney in eine westliche und östliche Hälfte. „Es ist lebensgefährlich die Seiten zu wechseln“, sagt Nicole Kürten. Deshalb bringt sie ihre Tochter Marie (7) morgens immer zur Bushaltestelle und holt sie nach der Schule dort wieder ab. Genauso macht es auch Kathrin Raschke mit ihrem Sohn Vincent: „Die Kinder können die Straße nicht alleine überqueren.“ Für die Mütter bedeutet das tägliche Bringen und Abholen Stress. Beide sind berufstätig. Es sei schwierig, von der Arbeit rechtzeitig wegzukommen und pünktlich an der Haltestelle zu stehen. Sich nachmittags zu verabreden ist auch kompliziert. „Der Freund meines Sohnes wohnt direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite. Trotzdem kann er nicht alleine dorthin hingehen“, erzählt Kathrin Raschke.

Straßenüberquerung nur in Begleitung

Doch nicht nur die Kinder sind gefährdet. Auch den Menschen mit Behinderungen in den betreuten Wohngruppen der Lebenshilfe bereitet der Übergang über die vielbefahrene Ortsdurchfahrt große Sorgen. „Eine Bedarfsampel wäre die beste Lösung“, sagt Andrea Kowalewski-Brüwer. Ihr 22-jähriger Sohn lebt in der Einrichtung. Sie weiß: „Menschen mit geistigen Einschränkungen können nicht schnell reagieren.“ Deshalb seien die meisten Bewohner auf die Begleitung von Betreuern angewiesen, über die Straße zur Bushaltestelle zu gelangen. Habe kein Betreuer Zeit, müssten sie zu Hause bleiben. Dabei sei es eigentlich das Ziel, diese jungen Menschen zu einem möglichst eigenverantwortlichen Leben zu erziehen. Als Vertreterin der Lebenshilfe im Inklusionsbeirat hat sie jetzt einen Antrag auf den Weg gebracht, mit der Bitte an Politik und Verwaltung eine Lösung zu finden.

Die Anforderungen für eine Ampel seien in Romaney nicht erfüllt, erläutert Stadtsprecherin Marion Linnenbrink. Eine Richtlinie schreibe vor, dass dafür 100 Fußgänger in der Stunde die Fahrbahn überqueren müssten. Im Vergleich zur Ampel sei eine Mittelinsel zudem sicherer als eine Bedarfsampel. Das Bauwerk werde von Autofahrern eher wahrgenommen als eine Ampel, die nur ab und zu anspringe.

„Wir sind nicht so verrückt, dass wir die Bundesstraße in eine Fußgängerzone verwandeln wollen“, betont Dünner, der seit Jahrzehnten überlegt, wie das Problem in den Griff zu bekommen wäre. Dabei ist er selbst aktiv geworden, statt nur Forderungen an die Behörde zu stellen.

Anwohner bietet Stadt Teil seines Grundstücks an

Weil es im Ort keinen Spielplatz gibt, wollte er Stadt ein Wiesengrundstück zur Verfügung stellen. Doch es habe keine Reaktion gegeben: „Man tritt auf der Stelle und fühlt sich so machtlos.“

Trotzdem unternimmt er jetzt einen neuen Anlauf. Er bietet der Stadt kostenlos einen sechs Meter breiten Streifen seines Grundstücks an, damit die Fahrbahn für den Bau einer Mittelinsel entsprechend verbreitert werden kann. Auf dem Gelände steht jetzt noch das frühere Speiselokal Fachwerk 33. Doch das Gebäude sei so marode, dass es abgebrochen werden müsse, erzählt Dünner.

In der Sitzung des Verkehrsausschusses im Juni will die Politik über seinen Vorschlag beraten. „Wir können nur das Beste hoffen und bis dahin gut auf unsere Kinder aufpassen“, sagt Dünner. An den Überweg glaube er erst, wenn er gebaut sei.

Zu gefährlich zum Spielen

Einen zweiten Gefahrenpunkt gibt es aus Sicht der Anwohner in der Straße Romaneyer Höhe. Die Wohnstraße ist stark befahren, weil sie als Schleichweg nach Herrenstrunden genutzt wird. Da die Romaneyer Höhe teilweise so eng ist, komme es regelmäßig zu gefährlichen Situationen, wenn sich zwei Autos ausweichen müssen, erzählt Anliegerin Kathrin Raschke. Sichtbares Zeichen dafür sind ramponierte Grundstücksabgrenzungen.

„Die Autos donnern einfach darüber hinweg“, berichtet Raschke. Die etwa zehn Nachbarskinder könnten noch nicht einmal in den Einfahrten spielen, weil es zu gefährlich sei. Die Anwohner fordern Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung. Aus Sicht der Stadtverwaltung besteht jedoch kein Handlungsbedarf. Die Politik müsse darüber entscheiden, sagt Stadtsprecherin Marion Linnenbrink.

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