Paffrather Flüchtlingscamp„Haus der Nationen“ errichtet und eingeweiht

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Richard Northcote, Renaud Sassi, Bürgermeister Lutz Urbach und Markus Steilemann (v. l.) besiegelten die Übergabe.

Richard Northcote, Renaud Sassi, Bürgermeister Lutz Urbach und Markus Steilemann (v. l.) besiegelten die Übergabe.

Bergisch Gladbach – In nur acht Tagen, inklusive Eindecken des Daches und Verglasung, wurde der Rohbau des „Hauses der Nationen“ am Rande des Paffrather Flüchtlingscamps zwischen Kombibad und Integrierter Gesamtschule errichtet.

So steht es auf der Tafel an dem Musterhaus, das künftig als Treffpunkt und Kindergarten der Containersiedlung dienen wird. Am Donnerstag wurde es eingeweiht und der Stadt beziehungsweise dem Träger Deutsches Rotes Kreuz übergeben. Das DRK ist die betreuende Einrichtung für diesen Flüchtlingsstandort.

Durch ein Stecksystem schnell aufgestellt

Von außen sieht das Gebäude, in warmem Orange und Ziegelrot gehalten, unauffällig aus. Das Besondere an dem Haus, das den Etat der Stadt nur mit den Kosten der Fundamente belastet, steckt in der Wand: Das Bauwerk besteht aus Hartschaum, Polyurethan in der Sprache der Kunststoffhersteller.

Das Material ist als 16 Zentimeter starke Sandwichplatte zwischen zwei dünne Zementschichten verpresst, die in eine selbsttragende Holzkonstruktion eingehängt wird. Es ist leicht, preiswert, durch ein Stecksystem schnell aufzustellen und besitzt die Wärmedämmwerte eines Passivhauses. Energieverbrauch beim Heizen: weniger als 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.

Prototyp für deutschen Markt

Produzenten sind die Firmen Covestro, die frühere Kunststoff-Abteilung des Bayer-Konzerns, die seit September 2015 auf eigenen Füßen steht, und der französische Fertighaushersteller Logelis, der vor vier Jahren gegründet wurde mit dem Ziel, Passivhäuser zu wirtschaftlichen Preisen zu liefern. Über private Kontakte durch Covestro-Mitarbeiter, die in Gladbach wohnen, war die Zusammenarbeit mit der Stadt zustande gekommen, die dazu führte, dass das „Haus der Nationen“ nun als Pilotprojekt der Stadt zur Verfügung gestellt werden konnte.

Es handelt sich um einen Prototyp für den deutschen Markt. Covestro und Logelis haben bisher in Asien (Malaysia, Philippinen) und dem Orient (Irak) mit ihrem Polyurethan-Haus auf dem Markt für preiswerten Wohnraum Fuß gefasst. Dass das Modell auch für Mitteleuropa tauglich ist, soll sich nun erweisen.

Unterbringungsnot auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise

Bürgermeister Lutz Urbach, der Renauld Sassi von Logelis sowie Richard Nothcote und Dr. Markus Steilemann von Covestro im Vereinsheim von Blau-Weiß-Hand unweit des Bauplatzes empfing, wies auf die Unterbringungsnot auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise hin. „Angesichts des Flüchtlingszustroms sahen wir in der Zusammenarbeit eine Möglichkeit, Asylsuchende rasch, preiswert und auch für längere Zeit menschwürdig unterzubringen.“

Das Musterhaus soll künftig für die Kinderbetreuung zur Verfügung stehen.

Das Musterhaus soll künftig für die Kinderbetreuung zur Verfügung stehen.

Dass das Gebäude in Paffrath nicht für Wohnzwecke genutzt wird, sondern zur Betreuung der Kinder, hat vor allem auch den Grund, alle Bewohner dort gleichzustellen. Ansonsten stehen dort nur Wohncontainer zur Verfügung.

Haus kostet nur ein Drittel normaler Baukosten

Insgesamt nahm der Bau des eingeschossigen Multifunktionshauses, das zwei Gruppenräume, eine Küche und zwei Bäder umfasst, vier Wochen in Anspruch. Der größte Teil der Zeit, die seit dem Zeitpunkt der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen Stadt, Logelis und Covestro im vergangenen September verging, wurde für die Abklärung der Baugenehmigung benötigt.

Der Innenausbau (Elektrik, Klempnerarbeiten und Estrich) wurden an lokale Handwerker vergeben. Mit Quadratmeterkosten von 1150 Euro liegt das Gebäude bei Preisen von einem Drittel normaler Baukosten. Bis 2025 wollen die Firmen mit diesen Haustyp weltweit zehn Millionen Menschen versorgen.

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