VerwüstungMietnomadinnen bleiben Prozess fern – Opfer fühlen sich alleingelassen

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Die Wohnung an der Odenthaler Straße von Vermieterin Ute Höderath war verwüstet, nachdem die beiden Schwestern 2013 ausgezogen waren.

Die Wohnung an der Odenthaler Straße von Vermieterin Ute Höderath war verwüstet, nachdem die beiden Schwestern 2013 ausgezogen waren.

Bergisch Gladbach – Mit großer Spannung ist der Prozess vor dem Amtsgericht Bensberg gegen die beiden als Mietnomadinnen bekannten Schwestern erwartet worden. Doch die Hauptverhandlung konnte zum zweiten Mal nicht stattfinden.

Die beiden Angeklagten waren erneut nicht auffindbar. Somit musste die Verhandlung wieder vertagt werden – auf unbestimmte Zeit. Einen neuer Termin wurde nicht festgesetzt.

Vor allem zwei Opfer, Anna Fabri und Ute Höderath, reagierten schockiert: Irgendwann wolle man doch auch mal abschließen mit der Sache. Seit sie die Vorladung als Zeugin vor einigen Wochen erhalten habe, spielten sich in ihrem Kopf immer wieder die Bilder und Geräusche ab: „Die Frauen haben mir und meinen Kindern das Leben zur Hölle gemacht“, sagte Anna Fabri.

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Auch Ute Höderath – ebenfalls als Zeugin geladen – hatte kein Verständnis dafür, dass die beiden Frauen vorerst wieder ungeschoren davonkämen. Vom Rechtssystem fühle sie sich alleingelassen. Bei ihr bleibe eine „hilflose Wut“ zurück. Die Frauen hatten, wie berichtet, Höderaths Wohnung im Jahr 2013 verwüstet.

Auf den Kosten für die Sanierung ist die 63-Jährige sitzengeblieben. Nachdem die beiden Schwestern bereits zweimal Verhandlungen vor Gericht unentschuldigt ferngeblieben waren, wollte Birgit Brandes, Richterin am Amtsgericht, die Angeklagten diesmal von der Polizei abholen und in den Gerichtssaal bringen lassen. Doch ohne Erfolg.

Als die Polizeibeamten an der neuen Adresse der Schwestern – sie haben inzwischen in Dortmund eine neue Bleibe gefunden – eintrafen, machte niemand auf. Alles sei verrammelt gewesen, schildert Richterin Brandes die Situation, die die Beamten vorfanden.

Angeklagt sind beide Schwestern (50, 52) wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung, die Ältere dazu noch wegen zweifacher Körperverletzung. Wie berichtet, hatten die Schwestern über ihre Verteidiger gegen die im Januar 2015 verhängten Strafbefehle Einspruch eingelegt. Die Haftstrafen – vier Monate für die Jüngere, acht Monate für die Ältere – waren zur Bewährung ausgesetzt worden.

Als die beiden Frauen nach einer Räumungsklage 2013 auszogen, glich die Wohnung an der Odenthaler Straße einem Trümmerfeld. Eigentümerin Ute Höderath beziffert den Schaden auf 30.000 Euro. Kurz danach begannen die Schwestern fünf Monate lang, den Mietern eines Mehrfamilienhauses in Schildgen das Leben schwer zu machen. Anna Fabri (29) zeigte die Schwestern mehrfach wegen Lärmbelästigung und Beleidigungen an. Eine der Frauen soll sogar einen Reporter mit einem Messer bedroht und ihm Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben.

Wann die wegen der Einsprüche notwendige Hauptverhandlung nun stattfinden kann, steht nicht fest. Das Gericht will erst ein Urteil des Kölner Amtsgerichts einsehen. Denn dort sei, wie die Staatsanwältin mitteilte, 2017 ein Verfahren gegen die Schwestern gelaufen. Tatvorwurf: „gefährliche Körperverletzung“, sagte die Staatsanwältin gestern. Wie das Urteil lautet, will das Bensberger Gericht vor dem nächsten Termin in Erfahrung bringen.

Ein ebenfalls am Dienstag geladener sachverständiger Gutachter schließt nicht aus, dass die beiden Schwestern unter Schizophrenie leiden könnten. Die mögliche Diagnose muss der Gutachter jedoch auf Grundlage reiner Akteneinsicht stellen.

Einer ausführlichen Begutachtung hätten sich die beiden Frauen bislang immer entzogen. Der Verdacht einer Psychose zumindest besteht bereits seit dem Jahr 2011. Dies geht aus einem ärztlichen Attest hervor – vorgelegt im Rahmen eines Prozesses – , das dieser Zeitung vorliegt.

Richterin Brandes zeigte Verständnis für den Unmut der Zeugen, wieder umsonst den Weg ins Amtsgericht auf sich genommen zu haben: „Das ist unbefriedigend.“

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