Von Restschule keine SpurHauptschule im Kleefeld wehrt sich gegen schlechtes Image

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Die Hauptschule Im Kleefeld in Bergisch Gladbach ist die letzte von sieben Hauptschulen im Kreis, die kein Auslaufmodell ist.

Die Hauptschule Im Kleefeld in Bergisch Gladbach ist die letzte von sieben Hauptschulen im Kreis, die kein Auslaufmodell ist.

  • Die Hauptschule Im Kleefeld in Bergisch Gladbach ist die letzte von sieben Hauptschulen im Kreis, die kein Auslaufmodell ist und noch Schüler aufnehmen darf.
  • Derzeit liegen für das neue Schuljahr 30 Anmeldungen vor, bis zum Beginn des neuen Schuljahres werden die Zahlen vermutlich wieder zwei Parallelklassen ermöglichen.

Bergisch Gladbach – Sie gelten als sterbende Einrichtungen, obwohl noch jede Menge Leben in ihnen ist. Hauptschulen im Land fristen mittlerweile ein Schattendasein, haben kaum noch eine Lobby, gelten als Restschulen, als ein Auffangbecken für Problemschüler. Köln kündigte erst vor wenigen Tagen an, auf die Abstimmung mit den Füßen zu reagieren und fast alle Hauptschulen schließen zu wollen.

In der Schule pulsiert das Leben

Wer die Hauptschule Im Kleefeld betritt, spürt wenig von diesem Untergangsszenario. In der letzten verbliebenen Hauptschule der Stadt pulsiert das Leben. Wie in jeder anderen Schule ist der Pausenlärm schon lange vor der Schultür zu vernehmen – bis die nächste Unterrichtsstunde anbricht und das Stimmengewirr nach und nach verebbt.

„Wir haben in der Tat Probleme, stehen vor besonderen Herausforderungen; aber wir sind keine Restschule“, wehrt sich Schulleiter Helmut Müller gegen das schlechte Image der Hauptschulen. In Bergisch Gladbach sieht es für die Einrichtung noch vergleichsweise gut aus. Die Hauptschule im Kleefeld solle als Bestandsschule erhalten bleiben und die Schülerzahlen stützten dies, berichtet Müller.

Die Schülerzahlen steigen

Derzeit lägen für das neuen Schuljahr 30 Anmeldungen vor, bis zum Beginn des neuen Schuljahres würden die Zahlen vermutlich wieder zwei Parallelklassen ermöglichen. Abweichend von anderen Schulen würden viele Schüler erst nach den offiziellen Fristen angemeldet und kämen später aus den Realschulen noch Schüler hinzu. „Im 7. und 8. Jahrgang müssen wir jeweils eine neue Klasse aufmachen und sind dann dreizügig“, so Müller. Auf diese Weise stieg die Schülerzahl während des vergangenen Schuljahrs von 280 auf 330 an.

Die Anmeldezahlen sind auch Folge der Tatsache, dass die Hauptschule Im Kleefeld mittlerweile die letzte von insgesamt sieben Hauptschulen im Rheinisch Bergischen Kreis ist, die nicht ein Auslaufmodell ist, und daher noch Schüler aufnehmen darf.

Müller kennt die Problematik aus eigenem Erleben. Vor seiner Tätigkeit in Bergisch Gladbach leitete er die Hauptschule in Overath, die nicht weitergeführt wird, weil sich dort eine Sekundarschule etablierte. In ganz Nordrhein-Westfalen existierten nach Angaben des Schulministeriums im vergangenen Jahr noch 449 Hauptschulen, davon 251 auslaufende Einrichtungen, die keine Eingangsklassen mehr bilden.

Eine Schule mit heterogener Schülerstruktur

Zu den Besonderheiten der Schule Im Kleefeld zählt ihre heterogene Schülerstruktur. Zehn Prozent der Schüler sind Inklusionsschüler, zudem gibt es eine Internationale Vorbereitungsklasse und eine Klasse für Flüchtlingskinder – besondere Anforderungen, auf die das Team aus Regelschullehrern, drei Sonderpädagogen, einer Sozialarbeiterin und diverser Schulbegleiter mit individueller Förderung reagieren muss. „Wir haben oft zu kämpfen, bevor wir zu den eigentlichen Unterrichtsinhalten kommen können“, berichtet die Lehrerin Ruth Bergmann.

Das soziale Miteinander versuche man durch Projekte und Aktionen zu fördern, etwa durch das von den Rotariern geförderte Programm „Vielfalt ohne Gewalt“, das gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt Köln zehn Wochen lang durchgeführt wird. Im Training und Rollenspielen lernen die Schüler den friedlichen Umgang miteinander. „Das ist ein wichtiger Baustein, damit wir zu unserem eigentlichen Thema kommen – der Bildung“, erklärt Müller.

Die Schüler gehen mit klaren beruflichen Vorstellungen von der Schule

Der Aufwand lohne sich, die Ergebnisse der Abschlüsse sprächen für sich, die vielfältigen Angebote zur Berufsorientierung führten dazu, „dass die Schüler mit klaren beruflichen Vorstellungen, vielleicht sogar mit einem Ausbildungsvertrag in der Tasche hier heraus gehen“, so Müller. Bei Inklusion und Migrationsarbeit habe die Schulform Hauptschule zudem Pionierarbeit geleistet, meint der stellvertretende Schulleiter Andreas Goos.

Im Kleefeld hat Okan Orhan, ein für diesen Zweck ausgebildeter Spezialist, die Internationale Vorbereitungsklasse übernommen, in der 13 Nationalitäten vertreten sind. Ziel sei es, die Kinder möglichst schnell für die Regelklassen fit zu machen, so Orhan. Bei sechs Schülern sei dies schon gelungen.

Die Aufgaben seien erheblich, durch Stadt und Bezirksregierung fühle man sich aber nicht alleine gelassen, sondern unterstützt, betont Müller. Etwa im Bestreben, den Anteil der Inklusionsschüler künftig auf drei Prozent zu reduzieren.

Schule will Raum zur Gestaltung geben

Motivation ist das Zauberwort an der Hauptschule. „Unsere Schüler haben oft schon viele Misserfolge erlebt“, so Müller. „Wir wollen ihre Stärken fördern, ihnen Raum zur Gestaltung geben.“

Dazu dient unter anderm das neue Projekt „Sternstunde“. Einmal in der Woche haben die Jungen und Mädchen Gelegenheit sich und anderen zu zeigen, was in ihnen steckt. „Dann gestalten sie die Stunde mit ihren individuellen Fertigkeiten“, so Ruth Bergmann. Und das sind so viele, dass man vor Weihnachten einen ganzen Nachmittag mit den Vorführungen bestreiten konnte.

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