Wegen vielem RegenBesonders gute Pilzsaison in Bergisch Gladbach

Lesezeit 4 Minuten

Bergisch Gladbach – Pilze, Pilze, Pilze, sie sind einfach überall im Wald. „Da stehen schon welche“, sagt Ralf Dahlheuser. Der Waldboden ist feucht, zielsicher tritt er aufs dunkle Laub, der Untergrund schmatzt. Keine zwei Sekunden später: Dahlheuser hat einen Pilz erspäht. Er bückt sich und pflückt vorsichtig.

„Aha, ein Faserling.“ Daneben ein Spitzschuppiger Schirmling, zwei Schritte weiter ein weißer Parasol. Pilze gibt es in diesen Tagen auf Schritt und Tritt, wenn man aufmerksam hinschaut, auch schon Ende August, einige Wochen vor der Hauptsaison im Oktober. Und Rolf Dahlheuser schaut sehr aufmerksam hin. Ihm entgeht kein noch so kleines Exemplar.

Andere jammern über den Regensommer 2017. Der Pilzexperte aus Kürten nicht. „Der beste Sommer, den man sich denken kann“, sagt er und schaut sich suchend im Lerbacher Wald um. Dahlheuser weiß, dass seine Lieblinge ein warmes und feuchtes Klima bevorzugen. So wie in diesem Sommer.

Manche der Schirmchenträger hätten es besonders eilig: „Der Maronenröhrling und der Fichtenrenzker sind deutlich voraus in der Zeit.“ Aber obacht: Auch der Grüne Knollenblätterpilz, extrem giftig, liebe die Feuchte und vermehre sich prächtig.

Bei den Forstexperten des NRW-Landesbetriebs Wald und Holz hat man das Rekordtempo der Pilzsaison 2017 auch erkannt. „Einige Pilze sind rund vier Wochen früher dran“, bestätigt Sprecher Jan Preller. Pfifferlinge, Steinpilze, Perlpilze und Hexenröhrlinge seien schon jetzt im Wald zu finden. Dies verspreche eine gute Pilzsaison. Der Regen ist für die bergischen Pilze entscheidend. „Drei Jahre ist es zu trocken gewesen im Frühjahr und Sommer“, erläutert Dahlheuser. Fast könnte man meinen, dass die Pilzgesellschaft diese verlorene Zeit aufholen wolle. Im vergangenen Jahr habe es „so gut wie keine Pilze“ gegeben, diesmal sei alles anders.

Die Rechtslage

Pilzsammler müssen sich an Regeln halten: Grundsätzlich dürfen nur geringe Mengen für den Eigenbedarf gesammelt werden; ein Kilogramm gilt als Höchstgrenze. In Naturschutzgebieten ist das Pilzesammeln generell verboten. Auch dort, wo junge Bäume stehen, ist das Betreten des Waldes nicht erlaubt.

Für einige geschützte Arten gilt ebenso ein Sammelverbot, dazu gehören unter anderem der Sommer-Röhrling, Kaiserlinge und Trüffel. (cbt)

Dahlheuser geht einige Meter weiter hinein in den Wald. Einige kleine Schirmlinge machen sich breit, durchs Dickicht schimmert etwas großes Weißes. Es ist ein Schiefknolliger Anis-Champignon. Dahlheuser pflückt und begutachtet ihn. „Ein schönes Exemplar“, findet er. Das sei aber auch das Tückische: Vermeintlich „schöne“ Pilze könnten auch giftig sein. „Niemals ohne Sachkenntnis Pilze sammeln“, warnt er.

Von Jugend an ist Dahlheuser fasziniert von Pilzen. Erzählen kann er so lebhaft davon, als wäre die Pilzwelt ein Universum, mindestens aber eine Welt für sich. „Längst ist noch nicht alles wissenschaftlich bekannt über die Pilze.“ Das betreffe vor allem das, was der Pilz mit dem Waldboden anstelle. Was man gemeinhin als Pilz bezeichne, sei ja nur die Frucht. „Wie ein Apfel bei einem Apfelbaum“, vergleicht er. Unterirdisch gingen die meterlangen Geflechte, Myzel genannt, eine wichtige Gemeinschaft mit den umgebenden Bäumen ein. Der Pilz versorge den Baum mit Wasser, der Baum bringe dem Pilz Nährstoffe. „Beide profitieren. So hat es die Natur eingestellt.“

Vorsichtig hebt Dahlheuser einen Ast beiseite. Pilze gibt es natürlich auch hier, diesmal ist ein Kahler Krempling dabei. „Früher galt er als essbar. Man hat nicht gewusst, dass er bei einigen wenigen Menschen allergische Reaktionen auslösen kann.“ Heute werde der Krempling in der Fachliteratur als giftig eingeordnet.

Trotz der guten Vorzeichen für die Pilzsammler: Wohlschmeckende Speisepilze zu finden ist sehr schwer. Dahlheuser weiß, warum: „80 Prozent aller Pilzsorten sind giftig.“ Von den übrigen 20 Prozent gelte nur ein Prozent als wohlschmeckend. Nach einigen Metern Spazierweg im Lerbacher Wald hat der Pilzfreund schon ein Dutzend unterschiedlicher Arten entdeckt, ohne groß suchen zu müssen: den Goldmistpilz, den Schwefelkopf, Rotfußröhrling, Hasenpfote und Glimmertintling.

Dahlheuser kartiert auch die bergischen Wälder nach gefundenen Pilzen. „Manchmal komme ich am Tag nur einige wenige Meter voran.“ Weil überall Pilze seien, sei diese Arbeit sehr zeitraubend. Nahezu täglich ist er draußen, schaut, sucht und notiert. Rund 1300 Pilzsorten gibt es in den bergischen Breiten, der feuchte Sommer hilft ihnen allen. Und Ralf Dahlheuser kennt sie fast alle.

KStA abonnieren