Bundestagswahl2017 muss ein neuer Kreishauschef für Rhein-Berg gesucht werden

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Rhein-Berg – Die Menschen in Rhein-Berg werden 2017 einen neuen Landrat wählen müssen. Nachdem Amtsinhaber Dr. Hermann-Josef Tebroke (52) wie berichtet am späten Freitagabend zum Kandidaten der CDU für die Bundestagswahl 2017 gekürt worden war, schloss er im Gespräch mit dieser Zeitung eine erneute Kandidatur als Landrat nach der auslaufenden Amtszeit 2017 aus.

„Ganz oder gar nicht“, das sei von vorneherein klar gewesen, so der Kreishauschef, der sich gegen drei Mitbewerber aus Reihen der CDU durchgesetzt hatte. Die Kandidatenkür für die Nachfolge von Wolfgang Bosbach hatte die Parteibasis in nicht gekanntem Ausmaß mobilisiert. Mit maximal 500 bis 600 Teilnehmern hatten die Organisatoren kalkuliert, 733 stimmberechtigte CDU-Mitglieder waren teils mit Bussen angereist, dazu zahlreiche interessierte Beobachter ohne Parteibuch.

Teilnehmerrekord

„Von der angeblich steigenden Politikverdrossenheit ist jedenfalls heute keine Spur“, zeigte sich Kreisparteichef Rainer Deppe erfreut. Der bisherige Teilnehmerrekord bei Nominierungsveranstaltungen lag seit Einführung der direkten Mitgliederwahl bei 563. Das war 1993, als Wolfgang Bosbach sich gegen mehrere Mitbewerber als CDU-Bundestagskandidat durchsetzte und bei der Bundestagswahl 1994 schließlich das Direktmandat von Franz Heinrich Krey (CDU) übernahm.

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Er habe in den vergangenen 22 Jahren viele Erfahrungen gesammelt, auf manche dabei auch gerne verzichten können, das Wichtigste jedoch sei stets das „Vertrauen der Parteibasis zu Hause“ gewesen, bedankte sich Bosbach: „Ich alleine hätte es nicht schaffen können.“

Die vier CDU-Bewerber um Bosbachs Nachfolge präsentierten sich – wie bei den Vorstellungsterminen – mit ganz unterschiedlichen Profilen. Während der Gladbacher Christian Buchen sich als junger Politiker mit langfristiger Perspektive, Wurzeln in der Jugendverbandsarbeit und differenzierter Meinung zu großen Themen wie die Flüchtlingssituation, Förderung von Familien und Verkehrspolitik positionierte, setzte die Gladbacherin Doro Dietsch unter anderem auf ihre Vernetzung und ihr Engagement in der Region, ihre Erfahrung aus der Arbeit im Düsseldorfer Landtag und ihre Wahlkampfarbeit. Am stärksten konservative Positionen etwa in der Einwanderungspolitik und beim Thema innere Sicherheit betonte Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein, der ein gewaltiges Themenportfolio von der Talentschmiede für junge Menschen bis zur Altersarmut in seiner Vorstellung unterzubringen versuchte.

Landrat Tebroke leitete seine Kandidatur aus der Erfahrung ab, die er nach Aufgabe seiner Universitätsprofessur als Lindlarer Bürgermeister (2004-2011) und rheinisch-bergischer Landrat (ab 2011) gesammelt hat: Dass es den Menschen in Deutschland weithin sehr gut gehe, gelte es zu bewahren; gute Initiativen auf Bundesebene erreichten die Kommunen aber oft nicht gut genug. Auch dafür, dass sich das ändere, wolle er in Berlin arbeiten, sagte Tebroke.

Lob und Kritik

In der folgenden Aussprache war neben Lob für seine Arbeit als Landrat auch Kritik zu hören. Etwa, was ein zu hartes Durchgreifen bei Schwarzbauten angehe. Tebroke wies den Vorwurf, der Ermessensspielraum sei nicht genug berücksichtigt worden, mit Nachdruck zurück.

Nach dem ersten Wahlgang lag Sayn-Wittgenstein, dem einige Beobachtern nach seiner überraschenden Kandidatur die Rolle des zweiten Stichwahl-Aspiranten durchaus zugetraut hätten, doch deutlich hinter dem Gladbacher Fraktionsvize Buchen (siehe Kasten). Während Doro Dietsch mit 44 Stimmen von der Versammlung eine deutliche Abfuhr erhielt, erzielte Buchen auch in der Stichwahl gegen den Landrat ein beachtliches Ergebnis, holte im Vergleich zum ersten Wahlgang noch 57 Stimmen hinzu. „Natürlich hätte ich gerne gewonnen“, sagte er am Samstag, „aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen fühle ich mich allerdings auch so bestärkt.“

Die vier Bewerber: (v.l.) Doro Dietsch, Hermann-Josef Tebroke, Christian Buchen, Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein.

Die vier Bewerber: (v.l.) Doro Dietsch, Hermann-Josef Tebroke, Christian Buchen, Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein.

Fallen sei weder gefährlich noch eine Schande, Liegenbleiben allerdings beides, zitierte der 36-Jährige Adenauer und kündigte an, nun selbstverständlich den Wahlkampf des Kandidaten zu unterstützen. Das hatten auch Dietsch und Sayn-Wittgenstein am Abend im Gespräch mit dieser Zeitung zugesichert. Auf den Bundestagskandidaten Tebroke wartete am Tag nach seiner Nominierung der Alltag als Landrat: Jubilarehrung, dann E-Mails bearbeiten im Kreishaus und abends Konzert in Biesfeld. „Ich bin gerne bei den Menschen vor Ort und werde meine Aufgaben als Landrat bis zum Ende der Amtszeit sehr gerne erfüllen“, sagte Tebroke.

Für Wahlkampftermine werde er Urlaub und Freizeit nutzen. Was er gemacht hätte, wenn er nicht zum CDU-Bundestagskandidaten gewählt worden wäre? Tebroke: „Die Frage stellt sich nicht mehr.“

Die Wahlgänge in Zahlen

Im ersten Wahlgang zur Aufstellung des Bundestagskandidaten der CDU erhielt Dr. Hermann-Josef Tebroke von der Kreismitgliederversammlung der Christdemokraten 332 (46,9 Prozent) der 710 abgegebenen Stimmen, Christian Buchen holte 218 (30,8 Prozent), Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein 114 (16,1 Prozent) und Doro Dietsch 44 (6,2 Prozent).

Da kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit ( 355 Stimmen) holte, wurde eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen nötig. In dieser holte Landrat Tebroke 332 (54,0 Prozent) der 615 abgegebenen Stimmen, der Gladbacher Stadtrats-Fraktionsvize Buchen 275 (44,7 Prozent). Es gab sieben Enthaltungen, eine ungültige Stimme.

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