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InterviewNorbert Wielpütz und Burkhardt Unrau machen gemeinsame Sache

Lesezeit 7 Minuten
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Zwei engagierte Gladbacher: Norbert Wilepütz (l.) und Burkhardt Unrau sprechen über ihre Stadt und einen Abend im Mai.

Bergisch Gladbach  – Auf der Bühne standen sie noch nicht gemeinsam: der Musiker und Komponist Norbert Wielpütz und der Vorsitzende des Junge Unternehmer Clubs (JUC) und frühere Rockmusiker Burkhardt Unrau. So gesehen gibt es beim Benefizkonzert JUC-Open-Air am 20. Mai auf dem Konrad-Adenauer-Platz eine Premiere. Über die  Lust, Ideen umzusetzen, und  ihr besonderes Verhältnis zu ihrer Stadt sprach Guido Wagner mit den beiden.

Der Konrad-Adenauer-Platz dürfte für Sie beide ein besonderer Platz sein: Burkhardt Unrau bezeichnet ihn gern als sein Wohnzimmer, in dem er nicht nur jedes Jahr zwei Kirmessen auf die Beine stellt . . .

Norbert Wielpütz: (grinst) . . . ja, und ich habe jahrelang im Keller vom Wohnzimmer gespielt, bei der Lachenden Tiefgarage, die wir mit den Labbesen organisiert haben.

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Burkhardt Unrau: Ich erinnere mich, das ist die einzige Karnevalsveranstaltung, wo ich als Karnevalsmuffel überhaupt hingegangen bin. Da lief das Wasser die Wände runter. Das war einfach Kult.

Und da gab es bislang keine Berührungspunkte auf der Bühne?

Unrau: Von der Musik her eher wenig zwischen dem Alt-Rocker und dem Karnevalisten. Wielpütz: Jetzt Ex-Karnevalisten!

Unrau: Okay.

Wielpütz: Das ist ja das Schöne an der neuen Band „Pütz und Bänd“, dass ich jetzt alle Möglichkeiten habe, zu zeigen, was ich kann. Wir machen  eine ganz breite Palette von Musik, von der Ballade bis zur Rocknummer.

„Pütz und Bänd“ sind ja vor ein paar Wochen bereits beim JUC-Spenden-Treff aufgetreten. Was hat da überzeugt?

Unrau: Neben der Musik auf jeden Fall die Tatsache, dass  zwei Generationen auf der Bühne stehen: Norbert und Frank Wielpütz einerseits und die Musiker um Norberts Sohn Linus anderseits. Das fand ich klasse und habe auch mit den Jungs gesprochen – das waren dann mit mir ja schon drei Generationen. Und das funktioniert. Unter Musikern versteht man sich. Ich hab mich ans Schlagzeug gesetzt, wir haben gefachsimpelt, und ich habe eine Menge Neues erfahren.

Wielpütz: Mir war nicht sofort klar, dass das funktionieren würde. Ich war 35 Jahre bei den Labbesen. Aber ich fand es spannend, noch einmal etwas ganz Neues zu machen. Ich habe auch eine Menge Akzeptanz gelernt. Und es funktioniert gut. Die jungen Musiker haben total Spaß daran, Musik zu machen. Und ich denke mir manchmal: Gibt es was schöneres, als mit dem eigenen Kind Musik zu machen?!

Gibt es da keine Manschetten, die Musik vom Papa zu spielen?

Wielpütz: Die Musik machen wir zusammen. Ich zeichne bei neuen Songs nur was in schwarz-weiß, die Jungs malen das Ganze dann aus. Ob die Lachende Tiefgarage der Labbese oder Aktionen wie das Bewegungsfest, das Burkhardt Unrau in der Stadt mit initiiert hat: Was hat Sie angetrieben, in Gladbach etwas loszumachen?

Wielpütz: Bei uns war es definitiv die Erfahrung, dass wir an Weiberfastnacht von Auftritten aus Köln zurückkamen, und hier in Gladbach war absolut tote Hose. Weil wir aber wussten, dass meckern allein selten zu etwas führt, haben wir selbst was auf die Beine gestellt. Wir haben dann im heute leider nicht mehr existierenden Kradepohl angefangen, und das Ganze wuchs und wuchs bis in die Tiefgarage. Und ehrlich gesagt, finde ich es toll, dass es heute an vielen Ecken in der Stadt an Weiberfastnacht Musik, Feiern und Stimmung gibt.

Unrau: Mich haben immer schon die strahlenden Gesichter der Menschen auf den Festen angeregt, etwas zu machen. Und die strahlendsten Gesichter sind für mich immer noch die von Kindern – vielleicht auch, weil ich selbst keine eigenen habe. Deswegen hängt mein Herz auch so an der Kirmes. Obwohl ich finde, dass es heute eigentlich schon ein Überangebot gibt.

Auch Karneval auf Sommerfesten...

Wielpütz: Das finde ich aber auch verrückt, dass  die Grenzen so verschwimmen. Ich halte nix von Karneval im Sommer, das ist einfach zu viel.

Unrau: Wie mit „Rund um Köln“. Das war Jahrzehnte lang immer am Ostermontag, und da gehörte das auch hin. Jetzt damit wegen des vielleicht besseren Wetters in den Juni zu gehen, macht vielen anderen etablierten Veranstaltungen das Leben schwer.

Haben sich manche Feste überholt?

Wielpütz: Kann sein. Auch das Stadtfest in Gladbach. Das ist doch eigentlich immer dasselbe. So ein Rockkonzert wie jetzt das Open Air vom JUC, das ist mal was anderes. (Zu Unrau:) Wie viel habt ihr mit dem Benefiz eigentlich letztes Jahr zusammen bekommen?

Unrau: 9000 Euro für die Arbeit von „Bürger für uns Pänz“ und die Nepal-Hilfe.

Wielpütz: Echt? Find ich klasse!

Funktioniert es in Gladbach gut, etwas auf die Beine zu stellen?

Wielpütz: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es geht. Du brauchst natürlich immer Leute, die an dich und deine Idee glauben. Aber die hatten wir immer. Angefangen vom damaligen Stadtdirektor Otto Fell über Bürgermeisterin Maria Theresia Opladen bis hin zu ihrem Nachfolger Klaus Orth. Oder auch sonst. Die Idee mit dem roten Teppich quer durch die Stadt, als die Rhein-Berg-Galerie eröffnet hat, stammt ja  auch von mir. Zuerst waren viele skeptisch, aber in der Galerie hat man dran geglaubt. Nachher haben viele Geschäftsleute sich ein Stück vom roten Teppich genommen und es vor ihr Geschäft gelegt. War doch prima. Unrau: Doch, wenn du was machen willst, dann gibt es auch Unterstützung von der Stadt. Du musst es natürlich ordentlich machen.

Was bedeutet Bergisch Gladbach für Sie beide?

Unrau: Für mich bedeutet die Stadt Heimat. Schon durch meinen Vater, der beim Ordnungsamt unter anderem für die öffentlichen Veranstaltungen zuständig war, war ich immer ein öffentliches Kind, das die Stadt und ihre Menschen kannte. Die Metzgerei der Familie Wielpütz (grinst) genauso wie alle anderen Familien, die hier etwas gemacht haben. Mein Wohnzimmer war daher schon immer draußen.

Wielpütz: Für mich bedeutet Bergisch Gladbach, kein übertriebenes Selbstbewusstsein zu haben. Der Kölner zum Beispiel tüncht sich alles schön. In Gladbach sind die Menschen zurückhaltend selbstbewusst, vielleicht zuerst immer etwas skeptisch, aber ehrlich begeisterungsfähig. Du musst sie nur überzeugen. Ein schönes Understatement. Und es ist ja auch längst nicht alles schön in der Stadt.

Was stört Sie da am meisten?

Unrau: Ich bin dagegen, Bergisch Gladbach immer mit Köln, Bonn oder Düsseldorf zu vergleichen. Gladbach ist eine Stadt im Grünen und hat Köln vor der Haustür. Wenn der Gladbacher ausgehen will, geht er oft nach Köln. Ist das denn so schlimm? Ich brauche nicht alle Kunst- und Kulturangebote noch einmal hier vor Ort. Was Bergisch Gladbach aber auszeichnet, das sind seine Stadtteile, die Dörfer, die hat Köln nicht. Und da ist eine Menge Leben drin.

Wielpütz: Und da besteht oft die Gefahr, dass der Charakter verloren geht. Dann nämlich, wenn man versucht, sich einem Style zu unterwerfen, wie es ihn vielleicht in den großen Städten gibt. Das sieht man doch sehr gut an der Fußgängerzone, die sieht doch jetzt aus wie in einer x-beliebigen anderen Stadt. Das ist aber nicht nur Sache der Stadt. Da vermisse ich auch die Initiative vieler Immobilien-Eigentümer. Wie viele Handys soll ich mir denn  eigentlich noch kaufen?!

Etwas anderes auszuprobieren bedeutet aber oft ein Risiko...

Wielpütz: Ja, aber ich glaube, wenn man sich wirklich zusammentäte, gäbe es da genug gute Ideen.

Ist es auch ein Risiko, dem heimischen Publikum nach 35 Jahren mit etwas ganz anderem zu kommen?

Wielpütz: Klar, die vergangenen 30 Jahre hätte ich hier in Gladbach auf der Bühne auch eine Banane schälen können, und die Leute hätten geklatscht. Jetzt müssen die Leute ertragen, dass sie beim ersten Mal vielleicht noch kein Stück kennen. Da hoffe ich jetzt  auf Toleranz  und auf die Neugier der Leute. Ich will in jedem Fall alles daran setzen, dass wir sie  mitreißen. Und . . .

… ja?

Wielpütz: Ich will es aber auch nicht einfach haben – das macht doch den Reiz aus. Unrau: Sonst würden wir solche Sachen vielleicht auch gar nicht machen. Da verbindet uns doch einiges (lächelt) . . .

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