KommunalpolitikRatsmitglieder in Rhein-Berg – große Aufgabe, kleines Ansehen

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Für ihre Tätigkeit im Rat bekommen die Rösrather Stadtverordneten eine Aufwandsentschädigung von 290,20 Euro im Monat.

Für ihre Tätigkeit im Rat bekommen die Rösrather Stadtverordneten eine Aufwandsentschädigung von 290,20 Euro im Monat.

  • Ratsmitglieder in Rhein-Berg verwenden viel Zeit auf ihr Ehrenamt.
  • Es gehe kaum noch etwas ohne endlose Termin-Serien abseits der eigentlichen Sitzungen.

Rhein-Berg – Ein Stadt- oder Gemeinderat sollte im Idealfall das Spiegelbild der Kommune sein, deren Einwohner er vertritt.

Wenn das so wäre, ist jeder zweite Bürger entweder Rentner oder im öffentlichen Dienst. Diese beiden Gruppen geben heutzutage den Ton an in Kreistagen und Räten. Angehörige anderer Berufsgruppen muss man suchen.

Ein paar Geschäftsführer oder Firmenchefs gibt es noch. Aber „einfache“ Angestellte sind die Ausnahme.

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Eine Mitte 2013 von Landtag eingesetzte Ehrenamtskommission hat festgestellt, dass „das Leitbild des Freizeitpolitikers kaum noch mit dessen Kontrollaufgaben zu vereinbaren“ sei. Mit den Jahren seien der Zeitaufwand und die Komplexität der Themen immens gestiegen.

Es gehe kaum noch etwas ohne endlose Termin-Serien abseits der eigentlichen Sitzungen. Dieser Befund hat die Politiker Düsseldorf alarmiert.

Seitdem wird parteiübergreifend versucht, die Kommunalpolitik wieder attraktiver zu machen. Attraktiver für Menschen, die grundsätzlich bereit sind, für wenig Geld viel Arbeit zu leisten – und mitunter dafür abgewatscht zu werden, wenn die Bürger mit ihren Beschlüssen unzufrieden sind.

Eine Szene aus dem Herbst vergangenen Jahres: Mittwochs tagte der Stadtrat Overath von 17 bis gegen 23 Uhr. Einen Tag später war der Kreistag dran, von 17 bis gegen 21 Uhr. Beide Male dabei: Ruth Rocholl von der SPD und Dagmar Keller-Bartel von den Grünen. Die eine ist Sekretärin, die andere selbstständige Ärztin. Auf die Frage: „Warum tun Sie sich das an?“ gab Ruth Rocholl damals eine ehrliche Antwort: „Das frage ich mich manchmal auch.“

„Es ist aber nicht nur die Zeitfrage, die bei Kommunalpolitikern für Verdruss sorgt“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Rainer Deppe. Es sei auch das mangelnde Ansehen der Politiker und die Tatsache, dass sie kaum öffentliche Anerkennung erhalten, was es schwierig mache, dieses Amt auszuüben.

Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass es sich bei einer politischen Tätigkeit unterhalb der Ebene Landtag oder gar Bundestag um ein Ehrenamt handelt, für das es nur eine Aufwandsentschädigung gibt. Die reicht pro Monat in Rhein-Berg von 211,90 Euro (Kürten, Odenthal) über 290,20 Euro (Rösrath, Overath) bis 386,60 Euro in Bergisch Gladbach. Kreistagsmitglieder bekommen monatlich 442,10 Euro. Dieses Pauschalen-Modell wird unabhängig von der Anzahl der Sitzungen gezahlt. Alternativ kann auch die Pauschal- plus Sitzungsgeld-Abrechnung gewählt werden, die unter dem Strich auch nicht viel mehr bringt. Fraktionsvorsitzende und ehrenamtliche Bürgermeister erhalten hingegen eine kräftige Zulage.

Die Zahlen sind vom Landtag beschlossen worden und seit 1. Januar 2016 gültig – „als Anerkennung und symbolische Aufwertung“, wie es in Düsseldorf heißt. Vorher gab es zehn Prozent weniger. In einem zweiten Schritt sollen die Räte mehr Finanzmittel für Büros und Mitarbeiter erhalten.

Noch wichtiger dürfte aber die Überarbeitung einer Verdienstausfall-Regelung sein, die künftig einen Stundensatz von bis zu 80 Euro vorsieht. Doch das Hauptproblem bleibt: Angestellte mit kommunalpolitischem Ehrenamt fallen häufig am Arbeitsplatz aus. Ihnen darf daraus kein Nachteil entstehen, sie müssen für diese Zeit freigestellt werden. Aber dass häufige Abwesenheit vom Arbeitsplatz bei der Karriereplanung nicht unbedingt ein Vorteil ist, dürfte auch klar sein.

Der Kreistag hat auf diesen Umstand reagiert und den Beginn seiner Ausschusssitzungen von 17 auf 18 Uhr gelegt. Manche hätten auch gern erst um 19 oder 20 Uhr angefangen. Aber es gibt auch noch so etwas wie ein Familienleben.

Außerdem: Politischer Nachwuchs lässt sich auch dann nicht leichter finden. „Junge Leute rennen den Parteien nicht die Tür ein. Wir müssen uns um sie bemühen“, gibt Rainer Deppe zu. Bemühen bedeutet: gezielt ansprechen. Und zwar zunächst wegen einer Mitgliedschaft in der Partei. Ob man dann auch in den Rat will, ist eine ganz andere Frage.

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