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Seniorengerechtes WohnheimAnwohner wollen Bauvorhaben in Overath verhindern

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Sie fürchten, dass ihr Haus durch die geplante Wohnanlage erdrückt würde: Die Hausbesitzer Albrecht Schröder-Schröer und Elisabeth Schröer, auf dem Bild mit Tochter Julia und Enkel Moritz.

Sie fürchten, dass ihr Haus durch die geplante Wohnanlage erdrückt würde: Die Hausbesitzer Albrecht Schröder-Schröer und Elisabeth Schröer, auf dem Bild mit Tochter Julia und Enkel Moritz.

Overath – Die katholische Pfarrgemeinde St. Walburga will ihr altes Pfarrhaus an der Ecke Kirchberg/Ferrenberg abreißen und durch einen seniorengerechten Neubau mit 17 Wohnungen ersetzen. Jedoch sind die Pfarrhaus-Nachbarn entsetzt über den „Riesenklotz“, der in ihrem Wohngebiet entstehen soll, und appellieren an die Ratsmitglieder, die über einen etwaigen Bebauungsplan zu entscheiden haben, sich für ein „sachbezogenes, transparentes Verfahren“ einzusetzen.

Das nicht höhenmäßig, aber optisch herausragende Gebäude in der Umgebung des Pfarrhauses ist das Haus Ferrenbergstraße Nummer 5, erbaut irgendwann zwischen 1700 und 1750. Wer den Ferrenberg nicht im Auto hinaufjagt, sondern zu Fuß hochgeht, erblickt das denkmalgeschützte Gebäude gegenüber dem alten Friedhof: ein altes, leuchtend blau-weiß gestrichenes Häuschen inmitten eines grünen Gartens, das den Betrachter spontan an Goethes Gartenhaus in Weimar erinnern mag.

Ärzte statt Dichter

Doch leben nicht Dichter in diesem Kleinod, sondern die Ärzte Albrecht Schröder-Schröer und Elisabeth Schröer. Gekauft haben die beiden ihr Eigenheim im Jahre 1982, als sie jung waren und wenig Geld hatten. „Als wir es sahen, wussten wir: Dieses oder keins“, erinnert sich Elisabeth. Immer, wenn die Familie es sich leisten konnte, investierte sie: In elektrische Leitungen, die Heizung, die Fensterläden – irgendetwas gab es immer zu tun in den vergangenen 35 Jahren.

An diesem Vormittag, an dem Tochter Julia und Enkel Moritz zu Besuch sind, sitzen die Schröers mit ihrem Nachbarn Carl D. Hast zusammen und formulieren im Gespräch mit dieser Redaktion ihre Kritik an den Bauplänen der Kirche. Das Arzt-Ehepaar wählt moderate Worte, Hast spricht streitlustiger. Das Gebäude füge sich überhaupt nicht in die Umgebung ein und die Bauherren bedienten sich einiger argumentativer Krücken, um ihren Plan schönzureden.

Von 20 auf 17 Wohnungen abgespeckt

Die Pfarrgemeinde St. Walburga hat als Planer das Overather Holzbauunternehmen Hamacher beauftragt. Das wiederum hat bereits zwei Mal seine Pläne im Bauausschuss der Stadt vorgestellt: Einmal im November, als es noch um mehr als 20 Wohnungen ging, das zweite Mal Ende Januar, als das Projekt nach Rücksprache mit den Denkmalschützern schon auf 17 Wohnungen abgespeckt und soweit von der Straße verrückt war, dass die Sichtachse zwischen der Kirche St. Walburga und der alten Vikarie frei bleibt.

Was aber auch nach der ersten Planüberarbeitung geblieben ist, ist der Wille, das Grundstück, auf dem seit 60 Jahren das Pfarrheim steht, deutlich intensiver zu nutzen. Konkret heißt das: Entstehen soll eine Wohnanlage mit zwei Vollgeschossen, einem Staffelgeschoss und einer Tiefgarage. Da das Gebäude am Hang gebaut wird, wirkt es nicht überall gleich hoch und entspricht laut Hamacher in seiner Gesamthöhe in etwa der alten Vikarie.

In den wie ein V geplanten Winkelbau sollen 17 Eigentumswohnungen passen, elf davon mit 65 bis 80 Quadratmetern, vier mit etwa 80 Quadratmetern und zwei mit 100 bis 115 Quadratmetern. Zwei bis drei Wohnungen wolle die Kirche für ihre eigenen Bediensteten behalten, sagte Hamacher im Bauausschuss, und dass es um eine „Bedarfsdeckung von altersgerechtem und bezahlbarem Wohnraum“ gehe, mit Quadratmeterpreisen von „unter 3000 Euro“.

Hier setzt Hasts Kritik an: „Wenn 3000 Euro bezahlbar ist, wann beginnt dann unbezahlbar?“ Auch würden die Wohnungen wohl kaum ausschließlich an alte Menschen verkauft werden.

In ihrem Schreiben an die Overather Politiker untermauern fünf Familien aus der Nachbarschaft, dass sie das anstehende Verfahren zur Erarbeitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans „kooperativ begleiten“ und sich für eine „ausgewogene Abwägung der Interessen von Bauherren, Öffentlichkeit und Nachbarschaft einsetzen“ wollen.

Gutnachbarschaftliche Einigung?

Auch im Gespräch betonen sie, dass sie zunächst auf eine gutnachbarschaftliche Einigung setzen. Sie lassen aber auch keinen Zweifel daran, dass sie zur Not eine juristische Überprüfung anstreben. Das Baugebiet westlich der Ferrenbergstraße sei in einem Zeitraum von knapp hundert Jahren mit „ausschließlich offener, kleinteiliger Bebauung“ gewachsen. Wenn die Kirche ihr Grundstück neu bebauen wolle, dann wären statt des geplanten Klotzes sechs bis acht Wohneinheiten ohne neuen Bebauungsplan möglich.

Bei den Ratsmitgliedern, die am Ende darüber zu entscheiden haben, dürfen die Anwohner auf ein offenes Ohr hoffen. Bereits bei der ersten Beratung im November 2016 ließen Sprecher von CDU, SPD und Grünen große Skepsis erkennen. Und auch bei der Vorstellung der überarbeiteten Pläne Ende Januar meldeten CDU-Planungsexperte Alexander Willms und SPD-Fraktionschefin Ruth Rocholl übereinstimmend „großen Beratungsbedarf“ in ihren Fraktionen an. Entschieden ist bislang nichts.

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