RAFOverather Atomwissenschaftler Klaus Traube wurde vom Verfassungsschutz bespitzelt

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Klaus Traube bei einer Pressekonferenz am 1. März 1977: Öffentlich setzte sich der Atomwissenschaftler, der damals in Overath lebte, gegen die Abhörmaßnahmen zur Wehr.

Klaus Traube bei einer Pressekonferenz am 1. März 1977: Öffentlich setzte sich der Atomwissenschaftler, der damals in Overath lebte, gegen die Abhörmaßnahmen zur Wehr.

Rhein-Berg – Ein Bürger aus Overath-Marialinden beeinflusste zum Ende der 70er-Jahre die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland wie kein Zweiter: Die Rede ist von Dr. Klaus Robert Traube, dem ehemaligen Technischen Geschäftsführer der Firma Interatom-GmbH in Bensberg.

Traube gehörte zu den Schlüsseltechnikern der atomaren Gesellschaft. Später machte sich der Maschinenbauingenieur für einen Ausstieg aus der Atomenergie und der Förderung alternativer Energiequellen stark. Seine Kenntnisse über atomare Stoffe und seine angebliche Nähe zu Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) brachten den Ingenieur in den Fokus des Bundesnachrichtendienstes.

Drei Geiseln ermordet

Traube verkehrte privat mit Hans-Joachim Klein, einem Mitglied der Frankfurter Anarcho-Szene. Klein war laut Ermittlungen zweifelsfrei an der terroristisch motivierten Entführung mehrerer Erdölminister und deren Mitarbeiter auf einer OPEC-Konferenz (Organization of the Petroleum Exporting Countries) in Wien, im Jahr 1975 beteiligt. Die Terroristen ermordeten drei ihrer Geisel.

Kennengelernt hatte der Atom-Manager den Handwerker Klein durch die Frankfurter Rechtsanwältin Inge Hornischer. Die linke Juristin hatte Traube und seine geschiedene Frau in beider Ehescheidung beraten. Im Sommer 1975 besuchte die Anwältin den Atomwissenschaftler zweimal in seinem Haus in Overath-Marialinden. Die Anwältin soll zu diesem Zeitpunkt mit Klein liiert gewesen sein.

Klaus Traube war Technischer Geschäftsführer der Interatom. Dort befindet sich heute der Technologiepark Moitzfeld.

Klaus Traube war Technischer Geschäftsführer der Interatom. Dort befindet sich heute der Technologiepark Moitzfeld.

Eine Woche soll der Frankfurter in Traubes Haus gewohnt haben, teilweise während Traubes Abwesenheit aufgrund von Geschäftsreisen. „Unser Chef war damals in den USA“, glaubt ein ehemaliger Mitarbeiter des Interatom-Geschäftsführers zu wissen.

Ende November 1975 hatte Traube den letzten Kontakt zu Klein und Hornischer. Rund 14 Tage später fand die Entführung in Wien statt. Elf Tage später, am 1. Januar 1976, brachen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Traubes Haus in Marialinden ein und installierten eine Abhöranlage. Mehrere Monate stand der Manager unter Beobachtung, sein Telefon wurde abgehört und seine Post durchsucht.

Haltlose Verdächtigungen

Das Resultat der Abhöraktion entsprach allerdings so gar nicht den Verdächtigungen der Verfassungsschützer: Der Verdacht gegen den Geschäftsführer erwies sich als haltlos. Traube konnte nichts nachgewiesen werden, er hatte von den Verwicklungen Kleins in die internationale Terrorszene keine Ahnung. Der damalige FDP-Innenminister, Werner Maihofer, musste seinen Hut nehmen. Er hatte die Abhöraktion genehmigt. Die illegalen Bespitzelungen durch den Verfassungsschutz und Pannen bei der Fahndung gegen RAF-Verdächtige machten Maihofer untragbar.

Traube hatte schon während der Verdächtigungen gegen seine Person seinen Job verloren. Das Innenministerium hatte sich an den Interatom-Aufsichtsrat gewandt, um die Abberufung des Managers zu veranlassen. Die Bensberger Firma gehörte damals zum Siemens-Konzern. Als der Atommanager von den Aktivitäten des Innenministeriums erfuhr, bat er um seine Pensionierung aus Krankheitsgründen. „Manche Mitarbeiter wollten an eine so plötzliche Erkrankung nicht glauben“, sagt Dr. Claus Berke, Mitgeschäftsführer und Kollege von Traube bei Interatom.

Der ehemalige Top-Manager der Atom-Branche brach mit der Technologie, die er jahrelang vorangetrieben hatte, und wurde in den Folgejahren zum Sprachrohr der Anti-Atomkraft-Bewegung. Sein Fachwissen nutzte er, um die Aktionen der Bewegung in der Öffentlichkeit technisch-wissenschaftlich zu begründen. Er wurde ein angesehener Umweltforscher, der sich in Büchern und Artikeln für die Erschließung und Förderung alternativer Energiequellen stark machte und im wissenschaftlich und gutachterlich zu den Themen Umwelt und Energie arbeitete.

Ehrenamtlich war Traube unter anderem als energiepolitischer Sprecher des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) tätig. Er starb am 4. September 2016 in Oberursel. Berke sagt heute über ihn: „Klaus Robert Traube war ein ehrenwerter Mann. Er arbeitete immer bis spät in die Nacht und war in der Lage seine Mitarbeiter zu ähnlichem Einsatz für das Unternehmen zu motivieren.“

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