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RechtssicherheitBesitzer von Schwarzbauten in Rhein-Berg können aufatmen

Lesezeit 3 Minuten
Das mehr als 70 Jahre alte Fachwerkhaus am Breibacher Weg.

Das mehr als 70 Jahre alte Fachwerkhaus am Breibacher Weg.

Rhein-Berg – Jetzt können Besitzer von sogenannten Schwarzbauten im gesamten Kreis aufatmen. Der Landtag hat am Mittwoch die Novellierung der Bauordnung für das Land NRW beschlossen, die auch eine Stichtagsregelung beinhaltet: Ist ein Gebäude ohne Baugenehmigung vor dem 1. Januar 1960 gebaut, kann es unter bestimmten Bedingungen vor einem Abbruch bewahrt werden.

Bislang profitieren schon die Kommunen Kürten, Odenthal und Burscheid von den Erleichterungen einer Stichtagesregelung für illegale Bauten im besonders geschützten Außenbereich. Sie gilt seit September für die drei Kommunen, für die der Rheinisch-Bergische Kreis als Bauaufsichtsbehörde zuständig ist. Erarbeitet wurde sie als Konsequenz aus dem Gerichtsurteil im Fall der Kürtenerin Christa Liedtke.

„Dass das Land nun auch eine Stichtagsregelung in seine Bauordnung aufnimmt, sehen wir als Bestätigung unserer Vorgehensweise“, sagt Kreissprecher Alexander Schiele. Der Einsatz der Kreisverwaltung sei nicht umsonst gewesen, sondern habe sich im Gegenteil gelohnt. Denn die Bürger im Einflussgebiet der Kreisverwaltung hätten jetzt schon Rechtssicherheit. Die Bauordnung des Landes werde vermutlich erst im Januar 2018 in Kraft treten, sagt ein Sprecher des NRW-Bauministeriums.

Für viele Hausbesitzer könnte das neue Gesetz wie ein Befreiungsschlag wirken. Sie kommt Eigentümern zugute, die eine Abrissverfügung erhalten haben, weil sie keine Baugenehmigung vorlegen können. Zahlen oder Statistiken gibt es nicht. Es geht meist um sogenannte Schwarzbauten aus den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit. Die Neuauflage der Landesbauordnung ermöglicht nun genau wie die Regelung des Kreises neue Wege im Umgang mit solchen illegalen Gebäuden.

Beide Regelungen sind weitgehend identisch. Nur in einem Punkt ist die Stichtagsregelung des Kreises im Vergleich zu der des Landes (siehe Kasten) großzügiger. Im Gesetzestext der Landesbauordnung heißt es, dass die Behörden seit mindestens zehn Jahren Kenntnis von der Gesetzeswidrigkeit der Bauten gehabt haben müssen, wenn sie den Fortbestand dulden wollen. Auf einen solchen Passus hat die Kreisverwaltung verzichtet. „Wir müssen das jetzt erst genau prüfen. Bis dahin werden wir unsere Regelung weiter anwenden“, sagt Schiele.

Auch in Rösrath wird noch abgewartet: „Wir müssen uns erst mit der neuen Regelung auseinandersetzen, um sagen zu können, wie sich das bei uns konkret auswirkt“, sagt Dezernent Christoph Herrmann. In Gladbach kann die Bauaufsicht ebenfalls noch nicht einschätzen, welche Folgen die Gesetzes-Novelle hat. „Es wird noch eine Verwaltungsvorschrift als allgemeine Handlungsweisung ergehen“, sagt Stadtsprecherin Marion Linnenbrink. In Overath hieß es bislang immer, es bestehe gar kein Bedarf für solch eine Bauamnestie, da es im Stadtgebiet keinen einzigen Fall gebe, der unter die Regelung fallen würde.

Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya von Haus & Grund Rheinland begrüßt den Ermessensspielraum, den die Bauaufsichtsbehörden jetzt bekommen: „Darauf haben wir seit Jahren hingearbeitet.“ Gegenüber dem Entwurf sei der jetzt verabschiedete Gesetzestext eine weitere Verbesserung. Laut neuer Bauordnung „sollen“ die Behörden den Abriss verlangen – sie „müssen“ es aber nicht mehr.

Als Datum für den Stichtag wurde der 1. Januar 1960 ausgewählt, weil in diesem Jahr das Bundesbaugesetz in Kraft trat, der Vorläufer des heutigen Baugesetzbuches.

Die Gesetzeslage

Folgende Regelung ist im Paragraf 61 Absatz 7 der Bauordnung NRW vom Landtag neu beschlossen worden: „Die Bauaufsichtsbehörden sollen die Beseitigung einer baulichen Anlage fordern, wenn diese

1. ohne Baugenehmigung errichtet wurde, 2. keinen Bestandsschutz genießt, 3. auch mit geänderter Nutzung nicht genehmigt werden kann.

Die Bauaufsichtsbehörden können den Fortbestand einer derartigen Anlage insbesondere dulden, wenn diese vor 1960 errichtet wurde, seitdem nicht geändert oder in ihrer Nutzung geändert wurde, die Bauaufsichtsbehörden seit mindestens zehn Jahren Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der baulichen Anlage haben und von der baulichen Anlage keine Gefahr für Leben oder Gesundheit ausgeht. Die Duldung erfolgt mit der Maßgabe, dass die bauliche Anlage und ihre Nutzung nicht geändert werden dürfen. Maßnahmen zur Instandhaltung und zur Energieeinsparung sind im Rahmen des vorhandenen Baukörpers zulässig.“ (ub) 

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