Wohnhaus niedergebranntLichtblick nach der Brandkatastrophe in Rösrath-Rambrücken

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Rösrath – Von einem normalen Alltag ist Familie Rappold-Meurer weit entfernt. Vor einem Monat ist ihr Haus in Rambrücken abgebrannt – Eltern, vier Kinder und ihr Opa standen vor dem Nichts. Langsam finden alle in ihr Leben zurück, eine große Welle der Hilfsbereitschaft unterstützt die Familie. Nachbarn, Freunde und wildfremde Menschen nahmen Anteil, brachten Dinge des alltäglichen Lebens, spendeten Geld.

Das war auch bitter nötig, denn die Familie konnte nur das nackte Leben retten. Ihr Haus muss abgerissen werden, auch ihre zwei Autos verbrannten. Dabei hatte der Tag des Brands, der 3. Juli, ein Sonntag, gut angefangen. Am Vortag waren Franco Rappold und Rabea Rappold-Meurer samt Kindern in ihr neues Haus eingezogen, das sie ans Einfamilienhaus von Bert Meurer, Rappold-Meurers Vater, angebaut hatten. Der 78-Jährige sollte Hilfe in seiner Nähe haben, also kamen Tochter und Familie zu ihm. Das alte Haus der Familie war verkauft, das schlimmste Umzugschaos bewältigt. Rappold-Meurer berichtet von einem zunehmend entspannten Gefühl: „Jetzt stellt sich ein Stück weit Gemütlichkeit ein“, habe sie gedacht. Doch da brach die Katastrophe über die Familie herein.

Es war Nachmittag, außer dem ältesten Sohn (20) waren alle im Haus, als die Eltern den Brand bemerkten. Er hatte das Haus von außen erfasst und breitete sich schnell aus. „Ich habe nur gedacht: Du musst alle rausbringen, gleich explodiert das ganze Haus“, berichtet Rappold-Meurer von dem Zeitdruck, unter dem sie und ihr Mann standen. „Die Kinder haben geschrien wie am Spieß.“

Im Hinauslaufen habe sie sich ihr Handy gegriffen und die Feuerwehr angerufen. So hatte sie das Mobiltelefon. Sonst nichts. Rappold-Meurer war barfuß, ebenso die Kinder im Alter von fünf, sieben und acht Jahren. Die Männer hatten Schuhe an, sonst konnten auch sie nichts retten. Kein Portemonnaie, keinen Ausweis, keine Jacke. Trotzdem sind alle heilfroh, dass die ganze Familie unversehrt blieb. „Letzten Endes haben wir ganz viel Glück gehabt“, sagt Rappold-Meurer.

Hilfsbereitschaft und große Anteilnahme

Die Großzügigkeit der Rösrather hat Rabea Rappold-Meurer, Franco Rappold und Bert Meurer (v. l.) bewegt.

Die Großzügigkeit der Rösrather hat Rabea Rappold-Meurer, Franco Rappold und Bert Meurer (v. l.) bewegt.

Als Glück im Unglück lässt sich auch die große Anteilnahme vieler Menschen verstehen. „Die Hilfsbereitschaft war gigantisch“, sagt Rappold-Meurer. Gleich nach der Flucht aus dem Haus kam die Familie bei dem Nachbar-Ehepaar Scherschel unter. Dessen Wohnzimmer wurde in den folgenden Stunden zur Drehscheibe für vielfältige Hilfe. Die Nachricht von dem Brand habe sich rasend schnell ausgebreitet, sagt Rappold-Meurer. „Halb Rambrücken kam innerhalb von 20 Minuten an.“ In kürzester Zeit seien Kinder-Spielsachen und andere dringend benötigte Dinge abgegeben worden. „Die Leute telefonierten: Hat jemand Schuhe in Größe soundso?“ So sei sie zunächst im Trubel versunken. Ihr Mann habe völlig anders reagiert: „Der war völlig zusammengebrochen.“

Noch am Abend des Brand-Tags konnte die Familie ein Nachbarhaus beziehen, in dem sie gegen Mietzahlung eine provisorische Bleibe fand. Unterdessen arbeitete die Freiwillige Feuerwehr, die mit 70 Einsatzkräften vor Ort war, bis tief in die Nacht weiter. Auch Bürgermeister Marcus Mombauer, der im Haus seiner Schwiegereltern zum Zeugen des dramatischen Geschehens wurde, sagte sofort Hilfe zu: Am nächsten Tag richtete die Stadt Rösrath ein Spendenkonto für die Familie ein, zehn Tage später konnte sie mehr als 10 000 Euro überweisen.

„Es wurden Lebensmittel angekarrt, es wurde Kleidung angekarrt“, berichtet Rappold-Meurer. „Es wurde auch mitgedacht.“ Helfer hätten oft genau das gebracht, was gerade fehlte. Selbst ein Auto und Werkzeug für Franco Rappold, der als Schreiner selbstständig ist, standen bald zur Verfügung. Andere Helfer initiierten Spendensammlungen in der Kita Brander Straße, in der Katholischen Grundschule und in der katholischen Kirchengemeinde. Geschäfte stellten Gutscheine aus.

„Es beschämt auch ein Stück weit“

Das Flüchtlingsnetzwerk Lohmar bot ebenfalls Hilfe an. Rappold-Meurer stellt beeindruckt fest, dass es auch Hilfsbedürftige, die hierzulande Hab und Gut verloren haben, unterstütze. Auch Flüchtlinge nahmen Anteil. „Einer hat mir sogar die Haare geschnitten“, erzählt Bert Meurer. Ab Mitte August kann Familie Rappold-Meurer ein Haus in Rambrücken unbefristet mieten, beim Umzug wollen zehn Flüchtlinge aus Düsseldorf helfen. „Es ist unglaublich, was da passiert ist“, sagt Rabea Rappold-Meurer über die Solidarität von allen Seiten. „Das gibt unglaublich viel Kraft.“ Dieses Erlebnis verändere den Blick auf die Gesellschaft: „Es gibt immer noch Werte. Es gibt Zusammenhalt.“ Die Familie ist allen Helfern sehr dankbar. „Das berührt unglaublich“, sagt Rappold-Meurer über die Unterstützung. „Es beschämt auch ein Stück weit.“

Neben der neuen Bleibe, die in Kürze beziehbar ist und sich mit gespendeten Möbeln einrichten lässt, gibt es für die Familie weitere Lichtblicke. Sie hat wieder Ausweise, die Stadt Rösrath half auch dabei schnell. Die Kfz-Versicherung hat bereits den Schaden an ihren beiden Autos beglichen. Leistungen aus der Hausrat- und Gebäudeversicherung stehen in Aussicht. Damit gibt es eine Perspektive auf Rückkehr in eigene vier Wände. Nach Abriss der Brandruine will die Familie auf dem Grundstück ein neues Haus bauen.

Lassen sich die äußeren Folgen nach und nach bewältigen, so ist die psychische Belastung wohl noch lange spürbar. „Die ersten paar Tage waren schlimm“, erzählt Rabea Rappold-Meurer. „Die Kinder sagten: Ich will nach Hause.“ Noch immer schläft die Mutter im Zimmer der Kleinen. „Die schreien schon noch nachts, rufen nach Papa und Mama.“ Sie selbst sei unruhig, wenn sie allein aus dem Haus gehe – es könnte ja wieder Not an Mann sein. „Es ist einfach das Gefühl, seine Liebsten zu verlassen.“ Franco Rappold sagt nicht viel über seine Gefühle: „Es geht mir relativ gut“, stellt er fest. Fügt dann aber hinzu: „Es zehrt immer noch.“

Bert Meurer muss mit 78 Jahren noch einmal neu anfangen. Er zeigt sich aber unverzagt. Er habe Kinderlähmung und eine Krebsoperation überstanden. „Früher habe ich immer gesagt: Ich habe den Zweiten Weltkrieg überlebt.“

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