Sommertour 2017Tag zwei – von Rösrath-Hoffnungsthal zum Aggersteg

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Die Geschichte des früheren Industriegeländes der Firma Reusch (im Hintergrund) erläutert Rolf Wermelskirchen seiner Kölner Wandergruppe an einer Infotafel des Bergischen Streifzugs „Bergbauweg“.

Die Geschichte des früheren Industriegeländes der Firma Reusch (im Hintergrund) erläutert Rolf Wermelskirchen seiner Kölner Wandergruppe an einer Infotafel des Bergischen Streifzugs „Bergbauweg“.

Rhein-Berg – Die Mauern der Praxis von Gerhard und Renate Kröcher sind dick. Außergewöhnlich dick. „Früher war das hier das Kontor der Fabrik Reusch“, sagt der Physiotherapeut und öffnet das Fenster zum ehemaligen Werkstor. Ihn und seine Frau reizte die Arbeit in Gebäuden eines früheren Industriegeländes von Anfang an. „Zuerst haben wir hier auch noch in einer Loftwohnung gewohnt“, sagt er.

„Hier ist in den vergangenen Jahren ein richtiger kleiner Stadtteil entstanden“, sagt Kröcher, der sich freut, dass neben der eigenen Praxis „Konzept Körper“ ein kleines Gesundheitszentrum entstanden ist: Nebenan haben sich eine HNO-Praxis, eine Logopädin, ein Hörgeräteakustiker und eine Tanzschule angesiedelt, die sich im Gesundheitssektor engagiert.

Vor 20 Jahren machte das Werk dicht

Noch vor 20 Jahren kaum vorstellbar: Bis Ende 1998 sei im Werk produziert worden, erinnert sich Armin Reusch von der Eigentümerfamilie des früheren Heizanlagenherstellers. Bis heute wohnt er in einer der Fabrikantenvillen, die früher zum Werk gehörten, das dem Ort „Hoffnungsthal“ seinen Namen gab – weil die Familie, die 1816 an dieser Stelle ein Hammerwerk übernommen hatte, in das Tal ihre ganze Hoffnung gelegt hatte.

Rundfahrt am Mittag ab Kürten

Am heutigen Montag startet um 12 Uhr die etwa halbstündige Rundfahrt, bei der Interessenten im historischen Redaktionsbus mitfahren können, am Karlheinz-Stockhausen-Platz in Kürten. Bei starkem Andrang wird eine weitere Rundfahrt gegen 12.30 Uhr vom selben Start und Ziel angeboten. Zum dritten Tag der Sommertour starten Reporter und Bus um 9 Uhr im Weiler Kürten-Delling.

Zurück geht es am ehemaligen Pförtnerhäuschen der Firma Reusch vorbei. Das Schild, auf dem „Betriebsfremde“ aufgefordert werden, sich zu melden, hängt noch. Hier hat Sylvia Bechthold ihr Geschäft „SchmuckWerk am Hammer“. Sie habe den Bereich vor drei Jahren besichtigt – und sich sofort dafür entschieden. Den Schmuck stellt sie auch hier in der Werkstatt her. Geöffnet ist donnerstags und samstags. „Aber ich bin auch gerne nach Vereinbarung hier“, betont sie.

Vis-à-vis der Fabrikantenvilla am ehemaligen Hammerteich sitzen Lucia Bollmann mit Hund Paula und Katharina, genannt „Käthe“, Cramer auf der Terrasse. Die beiden haben im Neubau neben dem historischen Lindenhof, einst das erste Hotel am Ort, ein Zuhause gefunden und genießen die ebenso zentrale wie ruhige Lage. Und die gute Nachbarschaft – vor allem auch zur Familie von Bernd Reusch von nebenan: „Der kann alles, ein echter Bob der Baumeister.“

Während Rolf Wermelskirchen mit einer Wandergruppe des Kölner Vereins für Natur und Heimatkunde an einer Infotafel des Bergbauwegs die Geschichte des Hammerwerks erläutert, ist das Redaktionsmobil am Eingang zum Hoffnungsthaler Wochenmarkt seit dem Morgen gut besucht. Brigitte Steinmetz kommt als erste vorbei. Sie betreibt an der Hauptstraße ein Modegeschäft, berichtet von der Aktion der Einzelhändler mit verhängten Schaufenstern. Die sollten zeigen, wie es in Hoffnungsthal aussähe, wenn noch mehr Kunden ausschließlich im Internet einkaufen. „Dabei bieten wir doch die Beratung“, sagt sie. Ralf und Gabriele Pollerhoff sind mit dem Leben in Hoffnungsthal sehr zufrieden, „Alles ist gut, und auch die Stadt gibt sich Mühe.“ Allerdings werde der Verkehr immer mehr. Ein Passant erklärt, es werde „nichts gegen Dealer getan“. Gerhard Zorn, in Overath lebender SPD-Fraktionschef aus dem Kreistag, grüßt im Vorbeigehen: „Ich bin auf dem Weg zum Markt. Da bin ich samstags immer.“ Silke Rost aus Untereschbach hat „3 mal elf“ selbst gefertigte Grußkarten für das Zeitungsteam gefertigt, bringt sie mit passenden Briefumschlägen vorbei: „Ein kleines Dankeschön für Ihre gute Arbeit.“

Dank an die Rettungskräfte

Die Mutter eines 17-jährigen Jungen, der als Beifahrer bei einem Autounfall verletzt wurde, will ihren Namen nicht nennen. Aber sie möchte sich auf diesem Weg bei den Rettungsdiensten bedanken, die ihren Sohn in die Kölner Uni-Klinik gebracht haben. „Das war genau das Richtige.“

Der zum Redaktionsmobil umfunktionierte alte Schulbus der Humanitären Hilfe Overath füllt sich schnell, als die Reporter und Fahrer Norbert Kuhl um halb eins mit Standbesuchern zur Rundfahrt nach Rösrath und über die „Berge“ aufbrechen.

Nach der Rückkehr heißt es für die Redakteure: Stand abbauen. Weiter geht’s nach Hofferhof. Landwirt Kalli Müllenbach präsentiert seine Holzhackschnitzelanlage, mit der sieben Parteien in dem 33 Köpfe zählenden Dorf versorgt werden – und künftig auch die beiden Wohnungen, die er gerade im ehemaligen Genossenschaftsgebäude einrichtet.

Einen neuen Raum für Besuchergruppen, die die Produkte der Kornbrennerei Hoffer Alter probieren wollen, haben Tino Müllenbach und sein Vater Ralf im Keller des Familienbetriebs eingerichtet. Der jüngste Renner ist „4812 – Gin de Cologne“.

Kaffee ist das Getränk der Wahl für die Anwohner „Am Aggersteg“ in Overath, die an diesem Tag 30-Jähriges ihrer Siedlung feiern und von der guten Nachbarschaft schwärmen. Die hat auch den Pfarrer im Ruhestand, Hermann-Josef Frisch, überzeugt, als er hierhin zog. Jetzt ist an seinem Haus die Kaffee-Ausgabestelle und die „Rückgabestelle“: Mit Pfeilen hat er den Weg zu seiner Toilette ausgeschildert.

Von der Etappe berichten Stephan Brockmeier,Thomas Franke, Klaus Daub und Guido Wagner.

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