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Weniger Wohnungen, höhere MietenSozialer Wohnungsbau in Rhein-Berg in der Krise

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Die RBS stellte 16 Wohnungen an der Kölner Straße in Bensberg im Oktober 2011 fertig.

Die RBS stellte 16 Wohnungen an der Kölner Straße in Bensberg im Oktober 2011 fertig.

Rhein-Berg – Es fehlt an bezahlbaren Grundstücken und an interessierten Investoren. Deshalb schwächelt der soziale Wohnungsbau in den Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises spürbar. Zum Jahreswechsel 2016/17 haben allein in der Stadt Rösrath 43 Wohnungen ihre soziale Mietpreisbindung verloren. Damit schrumpfte der Bestand auf 303 Wohnungen.

Neue Immobilien mit sozialverträglichen Mieten sind dagegen in den vergangenen Jahren nicht gebaut worden. „Dieses Jahr soll es mit neuen Bauvorhaben endlich losgehen“, kündigt Rösraths Beigeordneter Ulrich Kowalewski an und betont: „Wir benötigen in der Stadt dringend Wohnraum mit sozialer Bindung.“ Dieser Dringlichkeit schließen sich auch andere Kommunen im Kreis an.

Baugrundstücke fehlen

In Bergisch Gladbach wird der Schwund an Sozialwohnungen im Rückblick auf zehn Jahre besonders deutlich: Waren es im Stadtgebiet 2006 noch 2400 Wohnungen, so sind es 2016 noch 1800. Zum Jahreswechsel haben 45 Wohnungen die Mietpreisbindung verloren. „Zwar sind im vergangenen Jahr 31 neue Sozialwohnungen in Bergisch Gladbach als bezugsfertig gemeldet worden, doch bleibt es bei einem Rückgang um 14 Wohnungen“, stellt Martin Rölen, Sprecher der Stadtverwaltung, fest.

Gute Nachrichten für den sozialen Wohnungsmarkt im Kreis meldet zumindest auf lange Sicht die Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft (RBS). „Für die nächsten fünf Jahre haben wir 200 Neubauwohnungen als Ziel formuliert“, erklärt RBS-Geschäftsführerin Sabine Merschjohann. Zum einen wird die RBS ihre Masterpläne in den Siedlungen Lerbach und Handstraße mit der Erneuerung und Erweiterung ihrer eigenen Wohnungsbestände realisieren.

„Zum anderen werden noch an drei weiteren Standorten in Bergisch Gladbach, eventuell auch einem in der Gemeinde Kürten und an einem in der Stadt Wermelskirchen Bauprojekte realisiert“, kündigt die Geschäftsführerin an.

Im vergangenen Jahr habe die RBS allerdings keine neuen Wohnungen fertiggestellt. Rückläufig ist auch der Bestand in den anderen Kommunen des Kreises: Overath hat 274 Wohnungen und zuletzt 30 Wohnungen aus der Mietpreisbindung zum Jahreswechsel 2015/2016 verloren. Für die Kommunen Odenthal und Kürten nennt der Rheinisch-Bergische Kreis nur die Zahlen von 2015. Demnach sind es in Kürten 177 Sozialwohnungen, sieben weniger als im Vorjahr, und in Odenthal 50 Wohnungen, drei weniger als im Vorjahr.

Stadt überlegt eigene Wohnungsgesellschaft zu gründen

Warum die Wohnungen nach und nach aus der günstigen Mietpreisbindung fallen, erklärt Martin Rölen: „Die Darlehn laufen aus oder werden vorzeitig abgelöst.“ Die Bindungsfrist betrage noch zehn Jahre, wenn ein Investor sein Darlehn vorzeitig ablöst. Bei regulärem Ablauf, der meist sehr langfristig über Jahrzehnte angelegt sei, ende die Bindung in dem Jahr, in dem auch das Darlehen ausläuft.

„Angesichts der steigenden Mieten und der Tatsache, dass günstiger Wohnraum immer knapper wird, überlegt die Stadt eine eigene Wohnungsgesellschaft zu gründen“, erklärt Rölen.

Antrag für Wohnberechtigungsschein

Wer einen Wohnberechtigungsschein beantragen möchte, muss seine Einkommensverhältnisse offen legen. Die Kommunen prüfen, ob die Einkommensgrenze nach Paragraf 13 des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen eingehalten wird. Die Stadt Bergisch Gladbach gibt auf ihrer Internetseite folgende Grenzen für das jährliche Einkommen an:

Angestellte: Ein-Personen-Haushalt 28 924 Euro; Zwei-Personen-Haushalt 40 712 Euro; Drei-Personen-Haushalt 43 379 Euro. Rentner: Ein-Personen-Haushalt 20 579 Euro; Zwei-Personen-Haushalt 29 327 Euro. Für junge Ehepaare mit Kind und Schwerbehinderte gibt es zusätzliche Freibeträge. Im Detail informieren die Abteilungen für Wohnungswesen bei den Stadtverwaltungen. (dr)

Auch müssten im Stadtgebiet mehr Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. „Das ist eine große Aufgabe des neuen Flächennutzungsplanes – wir brauchen Baugrundstücke“, betont der Stadtsprecher. Dafür hat auch Sabine Merschjohann jederzeit ein offenes Ohr: „Wenn wir an die entsprechenden bezahlbaren und bebaubaren Grundstücke gelangen, können wir mehr bauen.“

Die Geschäftsführerin bestätigt den Trend, dass immer mehr Menschen mit mittlerem Einkommen bezahlbare Wohnungen suchen. Für Sozialwohnungen ist ein Wohnberechtigungsschein erforderlich (siehe Info-Kasten). „Bei der Siedlungsgesellschaft gibt es weniger Mieterwechsel und dadurch längere Wartelisten. Hinzukommen vermehrte Anfragen von Flüchtlingsfamilien.“

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