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AusschreibungenSchulbus-Kleinunternehmer aus Berrendorf vor dem Aus

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Sylvia Heinrichs (l.) und Manuela Schiffer dürfen im nächsten Schuljahr nicht mehr die Schulbustouren für die Thorrer Förderschule Am Römerturm fahren. Die roten Busse (hinten) werden übernehmen.

Sylvia Heinrichs (l.) und Manuela Schiffer dürfen im nächsten Schuljahr nicht mehr die Schulbustouren für die Thorrer Förderschule Am Römerturm fahren. Die roten Busse (hinten) werden übernehmen.

Elsdorf/Kerpen/Bergheim – Manuela Schiffer ist den Tränen nahe. Der Rhein-Erft-Kreis als Träger der Römerschule in Bergheim-Thorr hat der Busfahrerin ihre angestammte Schulbustour weggenommen. Auch der Vertrag für drei Touren des Busbetriebs Heinrichs aus Kerpen-Sindorf wurde nicht verlängert. Nach einer Ausschreibung übernimmt der Bonner Busunternehmer Engler die Touren.

Sie sind inzwischen bekannt, die roten Kleinbusse mit dem Mainzer Kennzeichen der Firmenzweigstelle in Bingen, die im Schülerspezialverkehr im Kreis – und längst nicht nur hier – per Ausschreibungen mehr und mehr Linien übernehmen. Auch in Thorr ist das Unternehmen bereits mit zwölf Bussen vertreten, nicht zuletzt, weil das Berrendorfer Kleinunternehmen MWS-Touristik von Heinz-Adam Schiffer und Tochter Manuela vor zwei Jahren bereits eine Fahrt mit einem großen Bus zugunsten mehrerer kleiner Busse an Engler verloren hat. Zum Schuljahresende ist in Thorr für MWS ganz Schluss. Der Kreis hat die Touren neu ausgeschrieben und den Betrieben MWS und Heinrichs Anfang des Monats „einen Zweizeiler“ (Heinrichs) geschickt mit der Kündigung und dem Hinweis, dass sie sich demnächst an passenden Ausschreibungen beteiligen könnten.

Die Verträge haben sich bislang jährlich verlängert. Das Rechts- und das Rechnungsprüfungsamt beim Rhein-Erft-Kreis haben die jahrelange Praxis jetzt beanstandet. Wie Pressesprecher Patrik Klameth mitteilt, sei „die Splitterung in viele kleine Unternehmen nicht mehr zeitgemäß“. Künftig soll es einen Rahmenvertrag geben mit einem Unternehmer für alle Touren der Schule. Zudem habe sich keines der beiden Unternehmen bei der gesetzlich vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibung beworben. Klameth räumt aber ein: „Bei dem verschärften Vergabeverfahren hätten beide Betriebe keine Chance gehabt, die Leistung zu erbringen.“

Eltern sammeln Unterschriften

„Wir wussten da gar nichts von“, halten die Schiffers und Sylvia Heinrichs dagegen. Sie vermuten eher, „dass das Unternehmen mit Dumpingpreisen unsere Touren übernimmt, und, wenn wir kaputt sind, die Preise anhebt“, sagt Heinz-Adam Schiffer. In der öffentlichen Ausschreibung teilt der Kreis mit, dass Engler den Zuschlag für alle Fahrten der Römerturm-Schule für rund 1,5 Millionen Euro für vier Jahre bekommen hat. Auf Antrag der Linken hatte der Kreistag im Zuge mehrerer Vergaben einstimmig beschlossen, die Verwaltung solle die Firmen darauf hinweisen, dass die Zahlung von Mindestlohn kontrolliert werde. Es gebe, so hatte die Linke den Antrag begründet, Anhaltspunkte, dass dies mittels geschickter Umgehung, zum Beispiel durch unbezahlte dienstliche Standzeiten, nicht immer eingehalten werde.

Seit 40 Jahren fährt Heinrichs die Schule an, seit neun Jahren ist MWS den Schülern ans Herz gewachsen. „Die Kinder sind an uns gewöhnt und mit uns vertraut“, sagt Manuela Schiffer. Auch Stephanie Schwickart ist beunruhigt. Ihr Sohn Jonas (10) fährt seit vier Jahren mit Manuela Schiffer zur Römerturm-Schule und mittags wieder nach Hause. Jonas hat das Down-Syndrom. „Gerade bei dieser Krankheit ist Gewohnheit und Vertrautheit wichtig“, sagt die Mutter, „mir graut davor, Jonas das sagen zu müssen“. Auch den Eltern falle es schwer, ihre Kinder in fremde Hände zu geben. „Aber zu Frau Schiffer hatten wir schnell großes Vertrauen gefasst“. Schwickart sammelt bei den Eltern Unterschriften gegen die Kündigung und will sich wehren. „Wir wollen nächste Woche die Unterschriften beim Kreis vorlegen und auch Bürgermeisterin Maria Pfordt bitten, sich beim Kreis für unser Anliegen einzusetzen.“

Heinz-Adam Schiffer muss seinen Betrieb wohl schließen. „Mit Gelegenheitsfahrten kommen wir nicht über die Runden.“ Und auch bei Heinrichs gibt es Einschnitte. Der erst vor wenigen Wochen als Ersatz für ein defektes Fahrzeug angeschaffte Kleinbus muss wohl wieder zurückgegeben, und die jeweils drei Fahrer und Begleitpersonen müssen entlassen werden.

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