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30 Jahre nach der UmsiedlungKönigshoven will ein gutes Beispiel sein

Lesezeit 3 Minuten
So sah Alt-Königshoven in den 1970er-Jahren vor der Umsiedlung aus.

So sah Alt-Königshoven in den 1970er-Jahren vor der Umsiedlung aus.

Bedburg-Königshoven – „Wir Königshovener haben ja bekanntlich die Gabe, aus jedem Anlass eine Feier zu machen“, konnte sich Ortsbürgermeister Willy Moll einen Hauch augenzwinkernder Selbstironie in seiner Festansprache nicht verkneifen. Dass die tagebaubedingte Umsiedlung des Dorfes vor nunmehr genau 30 Jahren offiziell abgeschlossen wurde, muss man in der Tat nicht unbedingt groß feiern. Aber man kann.

Besser geklappt als anderswo

Denn vor allem ältere Dorfbewohner sind auch heute noch dankbar und stolz, weil es bei ihnen mit der Umsiedlung, im Rückblick betrachtet, besser geklappt hat als anderswo.

So trafen sich viele Königshovener am Sonntagvormittag zunächst zu einem Gottesdienst und ließen es sich später bei kühlen Getränken und Essen auf dem Kirchplatz gut gehen. Zwischendurch gab es einen Festumzug zum Platz am Dorfbrunnen, wo aus gegebenem Anlass eine symbolische Umsiedlung vollzogen wurde.

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Ein Gedenkstein, der zuvor an einem eher unscheinbaren Platz gestanden hatte und etwas in Vergessenheit geraten war, wurde an eine exponierte Stelle gleich neben dem Brunnen gerückt, mit einer zusätzlichen Tafel versehen, unter dem Beifall vieler Ehrengäste feierlich enthüllt und von Pfarrer Günter Tepe neu eingesegnet.

Anschließend stimmten der MGV Quartettverein, das Bundestambourkorps und die versammelte Festgesellschaft das Königshovener Heimatlied an.

Stahlplatte ziert den Findling

Den tonnenschweren Tagebau-Findling ziert nun eine von dem ortsansässigen Kunsthandwerker Willibert Düster gestaltete Stahlplatte, die die alte Dorfkirche, die neue Kirche St. Peter, die im Rekultivierungsgebiet errichtete Petrus-Kapelle und das Schaufelrad eines Braunkohlenbaggers zeigt. Als Repräsentant des größten und wichtigsten Ortsvereins blickte Brudermeister Georg Jobs von der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft auf die wechselvolle Königshovener Geschichte zurück.

Die im September 1956 gefällte Entscheidung, dass ihr mittelalterliches Dorf dem Tagebau Garzweiler I weichen müsse, sei für alle Bewohner ein schwerer Schlag gewesen. „Man hoffte bis zuletzt, dass dieser Kelch an Königshoven vorbeigehen würde. Jedoch wurde spätestens 1970 klar, dass die Umsiedlung nun endgültig war“, sagte Jobs.

Interessengemeinschaft gegründet

Als feststand, dass es kein Zurück geben würde, bildete man 1974 auf Initiative von Willy Moll, der damals schon Ortsbürgermeister war und heute als „Vater der Heimat“ (Georg Jobs) gilt, die Interessengemeinschaft Königshovener Vereine. Die IGKV trat an, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen, und führte so manche harte Verhandlung mit der RWE-Vorgängerin Rheinbraun und der Stadt Bedburg.

So wurde nur wenige Kilometer südlich der alten Heimat gleich neben Kaster ein günstig gelegener Siedlungsplatz ausgewählt. Königshoven durfte, anders als Morken-Harff und andere betroffene Dörfer, seinen Namen behalten, und das neue Königshovener Ortsbild wurde städtebaulich in Teilen an die alten Strukturen angelehnt. 1976 wurde das erste neue Haus bezogen; 1980 folgte die Einweihung der Kirche St. Peter. Die Segnung des Dorfbrunnens am 27. September 1986 markiert den offiziellen Abschluss der Umsiedlung.

Bruderschaft blühte auf

Auch tat die IGKV alles, um das Vereinsleben in den neuen Ort hinüberzuretten. Das gelang insgesamt gut, wenn auch nicht bei allen Gruppen so gut wie bei der inzwischen 520 Jahre alten St.-Sebastianus-Bruderschaft. Sie blühte laut Jobs nach der Umsiedlung sogar regelrecht auf. Vor allem aber seien von 3000 Dorfbewohnern mehr als 2000 mit ins neue Königshoven gezogen.

„Diese große Beteiligung war eine wichtige Grundlage dafür, dass Traditionen gerettet werden und sich im neuen Ort schnell wieder ein gesellschaftliches Leben entwickeln konnte“, sagte Jobs und zog 30 Jahre nach Ende der Umsiedlung ein positives Fazit: „Heute sieht man, dass eine Umsiedlung auch eine Chance sein kann. Wir haben jetzt nach 30 Jahren wieder einen liebenswerten Ort mit liebenswerten Menschen. Hier ist eine Muster-Umsiedlung gelungen. Und wir dienen Ortschaften, die es in Zukunft noch treffen wird, gern als gutes Beispiel.“

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