„BergReim – Auf ein Wort“Poetry-Slamer batteln über Liebe, Neonazis und Schokolade

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Bergheim – Alte Themen um Liebe und Lust, weniger alte um Neonazis und Flüchtlinge und, wer hätte das gedacht, vor allem Nahrungsmittel sind für Kandidaten eines Poetry-Slams der Stoff für flugs vorgetragene Reime und Geschichten. Und überraschende Kombinationen aus all dem.

Im Bergheimer Medio traten am Wochenende rund ein Dutzend Künstler gegeneinander an. Da bekennt sich Jens Kotalla gegen die „Salamisierung des Abendbrotes“ und hauptsächlich zur „Majo-Pizza“, und das ungeachtet der „Majoisten“ oder der „Majo-Brothers“ und ganz entschieden im Unterschied zu all den „Majonetten“. Er bekehrt gar seine Zuhörer: „Ich ruf Majo, ihr ruft naise. Die ist fettig, aber ihr könnt es vertragen.“

Nach einem Plädoyer im Stakkato für die Vielfalt der Völker, die sich für ihn gerade in der Esskultur ausdrücke, macht er einen Schlenker zur Begegnung mit einem Neonazi. Auf dessen T-Shirt sei folgender Spruch zu lesen gewesen: „Currywurst statt Döner.“ „Recherchiert doch einmal, wo das Curry auf der Wurst herkommt“, endet er seinen Beitrag zum Poetry-Slam „BergReim – Auf ein Wort“ am Freitagabend mit einem Appell.

Lennart Hamann aus dem hohen Norden Deutschlands testet gar die Bergheimer im kleinen Saal des Medio Rhein-Erft, verspricht eine Geschichte zu dem Themenvorschlag, zu dem es aus dem Publikum den meisten Applaus gibt: „Liebe“, „Frieden“, „süße kleine Hundebabys“ und „Schokolade“. „Ach, ihr Bergheimer habt es mit dem Essen“, foppt er und beginnt eine Ode an die zart schmelzende Süßigkeit. Er rappt und swingt in schnellem Tempo, reimt „Kakaobutter“ auf „Mutter“. Rhythmisch steigert er seine Liebeserklärung zu einer alle erlösenden Frage „Sind wir nicht alle schokosexuell?“

Ein Fall für die Gruppentherapie

Bei Mario Adam ist es die Kartoffel. Eine mit multiplen Persönlichkeiten namens Umut, der glaubt ein Türke zu sein und Jean Baptiste de Terre Pompon de la Mère, eben ein Franzose von Adel. Zunächst ein klarer Fall für eine Gruppentherapie, später Kandidaten für die Künstleragentur „Fritter Wind“ und nach kometenhaftem Aufstieg in der medialen Promilandschaft zum Schluss nur noch „eine arme Kartoffel ohne Stärke“.

Angesichts der bizarren Themenlage gibt Moderator Quichotte als Jonas Klee dem Publikum einfache Kriterien für die Bewertung an die Hand. Einen frenetischen Zehn-Punkte-Applaus habe nur eine Geschichte verdient, bei dem man entweder „gelacht oder geweint“ habe, einer, der einen Auftritt im Globe Theatre, ja das Theater selbst verdient habe, oder Worte, die „einen kollektiven Orgasmus“ auslösten. Und die Applausstärke des Publikums fließe in sein Urteil ein, aber auch sein eigenes gemessen an Kriterien wie Wortwahl, Rhythmik und Mimik der Kontrahenten, sagt ein Mitglied der sechsköpfigen Jury.

Pokalsieger des Abends

Mara Gomez aus Auenheim hat es mit ihren hoffnungsvollen Betrachtungen zur Kindererziehung nicht in die Endrunde geschafft, genau so wenig wie Erstling Marius Krämer, „Steffi lein“, Hanna Bo mit ihrer persönlichen Erzählung über das Schluss machen, Aaron Spielmanns und Jens Kotalla. Nach nochmaligem Vorsprechen kürt das Publikum aus den Kontrahenten Lasse Samström, Jonathan Schulze-Röbbecke, Mario Adam, Bernard Hoffmeister den Hamburger Lennart Hamann zum Pokalsieger des Abends. Keiner swingt und rappt so schön wie der 23-jährige Hamburger in seiner Schokoladenode. Er slamme wenigstens einmal in der Woche bei Wettbewerben in der ganzen Republik, und das für „Ruhm und Ehre“.

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