„Deep Purple“-Tribute-Konzert in BergheimDas „Biest“ haute die Fans vom Hocker

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Der Kopf der Projekts: Martin Doepke ist seit frühester Jugend Fan von Deep Purple und Jon Lord.

Der Kopf der Projekts: Martin Doepke ist seit frühester Jugend Fan von Deep Purple und Jon Lord.

Bergheim – Seinen Ruhestand verbringt das Biest wohlbehütet bei Martin Doepke im Keller. Nur zu ganz besonderen Anlässen geht’s noch mal rauf auf die Bühne. Denn die gute alte Wuchtbrumme hat Sachen auf Lager, die die leichtgewichtigen jungen Dinger von heute einfach nicht hinkriegen.

Im Medio gab es einen dieser ganz besonderen Anlässe zu feiern: Auf wahrlich gigantische Weise erwiesen eine erlesene Rockband und ein hochkarätig besetztes klassisches Orchester gemeinsam einem der größten Keyboarder der Rockgeschichte und seiner weltbekannten Band die Ehre. „Celebrating the Music of Jon Lord and Deep Purple“ hieß das Programm, in dem das knorrige Ungetüm aus Doepkes Keller natürlich eine Hauptrolle spielte.

„Nicht von ungefähr wird die Hammond-B3-Orgel unter Musikern „The Beast“ genannt. Diese Kraft, diese Dynamik, dieser fette Sound und dieses einzigartige Spielgefühl bleiben einfach unerreicht. Die modernen elektronischen Keyboards kommen inzwischen zwar nah an den Klang heran, doch das Original ist nicht zu toppen“, schwärmt Doepke von seiner 40 Jahre alten B3.

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Eben dieses Modell war auch das bevorzugte Instrument des 2012 gestorbenen Deep-Purple-Gründungsmitglieds Jon Lord. Lords Orgelspiel gilt für den unverwechselbaren Deep-Purple-Hardrock als mindestens ebenso prägend wie Ritchie Blackmores Gitarre. Und Lord hat Generationen von Tastenmännern nachhaltig beeinflusst. Der vor allem durch erfolgreiche Musicalkompositionen bekannt gewordene, gern aber auch mal heftig rockende Bergheimer Martin Doepke gehört zu diesen Lord-Jüngern.

„Ich war zwölf Jahre alt und hin und weg, als mir mein Vater das Concerto for Group and Orchestra vorspielte. Deep Purple hatte dieses Werk 1969 mit dem Royal Philharmonic Orchestra eingespielt und damit eine bis dahin nicht für möglich gehaltene Symbiose von Hardrock und Klassik erschaffen. Dieser spezielle Sound und Lords Orgel haben mich schon als Jugendlicher total beeindruckt und sie tun es heute immer noch“, erinnert sich Doepke an den Beginn einer lebenslangen Leidenschaft für Deep Purple und Jon Lord. Die Krönung dieser Leidenschaft war für den Bergheimer Musiker die Teilnahme an Jon Lords „Picture Within“-Solotour im Jahr 1999. Für die Band empfohlen hatte ihn der in Köln lebende, damals ebenfalls zum Lord-Tross gehörende Percussionist Mario Argandona.

Beide waren Feuer und Flamme, als Medio-Programmgestalter Schobbe Vois vor einigen Monaten mit der Idee eines Jon-Lord-Tribute-Projektes an sie herantrat. Was dabei herauskam, haute die rund 500 Musikfans im Medio glatt vom Hocker. Eigens für diesen Abend hatte Doepke eine zehnköpfige Rockband und ein ausnahmslos mit Profis besetztes, 28-köpfiges „NuMetal Symphony Orchestra“ zusammengestellt. Zur Rock-Fraktion gehörten neben anderen Mario Argandona, drei Mitglieder der bekannten deutschen Hardrockband Rage, die Kölner Sängerin Elke Schlimbach sowie die regionalen Vorzeige-Rocker Michael Dorp (Gesang) und Wulf Hanses-Ketteler (Gitarre). Ganz stark auch der aus dem Rage-Umfeld stammende Sänger Henning Basse. Die Klassik-Abteilung wurde von Konzertmeister und Teufelsgeiger Sebastian Reimann geleitet. Doepke selbst brillierte abwechselnd auf der mitten auf der Bühne platzierten B3 und am Flügel.

Was die fast 40 Vollblutmusiker da zelebrierten, verschlug selbst den vielen eingeschworenen, teils von weit her angereisten Deep-Purple-Hardcore-Fans den Atem. „Highway Star“, „Smoke on the Water“, „Black Night“, „Hush“, „Burn“, „Perfect Stranger“, „Woman from Tokyo“ und andere Klassiker sowie einige Solostücke von Jon Lord waren da zu hören – aber nicht in Coverversionen nah an den Originalen, sondern in größtenteils speziell für dieses Projekt geschriebenen großorchestralen Arrangements, wie man sie so noch nie gehört hat. Zu erleben war ein perfektes Miteinander von Rockern und Klassikern, das in seinen bombastischen Phasen die Wände regelrecht erzittern ließ, aber immer wieder auch Raum für filigrane, leisere Töne ließ.

Sogar eine Art Welturaufführung durften die Fans genießen: Die dreiteilige Suite „April“ für Band und Orchester aus dem Jahr 1969 gibt es nur als Deep-Purple-Studioaufnahme. In Bergheim wurde das Werk jetzt nach Doepkes Recherchen vermutlich zum ersten Mal mit großem Orchester live vor Publikum gespielt. Möglich wurde das, weil Doepke die verschollenen Original-Partituren in mühsamer Kleinarbeit nach Gehör rekonstruiert hat.

Einzigartig ist dieser von den Zuhörern frenetische bejubelte, mehr als dreistündige „Tribute to Jon“ auf jeden Fall. Schade wäre es angesichts des riesigen organisatorischen Aufwandes und des überragenden künstlerischen Niveaus allerdings, wenn die spektakuläre Inszenierung ein einmaliges Ereignis bliebe. Noch sind keine weiteren Aufführungen geplant, doch wenn sich interessierte Veranstalter melden, lässt Martin Doepke gern mit sich reden.

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