EismannDer Italiener kurvt quer durch den Rhein-Erft-Kreis

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Marino-Eismann Gennardo Madeo zaubert auch aufwendige Eiskreationen in seinem Auto.

Marino-Eismann Gennardo Madeo zaubert auch aufwendige Eiskreationen in seinem Auto.

Bergheim – Völlig zu Recht wird viel gejammert über diesen doch arg durchwachsenen Sommer 2016. Zu denen, die besonders heftig klagen, gehört aus nachvollziehbaren Gründen Domenico Marino.

„Mamma mia, diese Saison ist wirklich eine Katastrophe. Immer nur ein, zwei Tage Sonne und dann wieder Regen, Regen, Regen!“, schimpft der ansonsten sehr freundliche Italiener, dessen Familie seit mehr als 25 Jahren das wohl bekannteste Eiscafé der Kreisstadt betreibt.

Aber Wetter hin, Wetter her: Die (Eis-)Kugeln sollen natürlich trotzdem rollen, und zwar nicht nur im Bergheimer Café. Deshalb sind die Marinos mit gleich vier Eiswagen fast im gesamten Kreisgebiet unterwegs.

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Putzen und polieren

Gestern Mittag hellte sich Domenico Marinos Miene beim Blick in den ausnahmsweise recht freundlichen Himmel wieder auf: „Fast die ganze vergangene Woche sind wir gar nicht erst rausgefahren. Es hätte sich einfach nicht gelohnt. Aber jetzt kann es endlich wieder losgehen.“

Die kühle Fracht ist schon am Morgen eingeladen worden, doch bevor sich die Eisfahrer auf den Weg machen können, wird erst einmal tüchtig geputzt und poliert. Auch Gennardo Madeo bringt die Theken, Regale und Schränke in seinem Lieferwagen gewissenhaft mit Wischlappen und Sprühreiniger auf Hochglanz.

Der 49-jährige Italiener ist schon seit 20 Jahren als Eismann auf Achse: „Wer Eis mag, der kennt auch Gennardo. Ich habe jede Menge Stammkunden“, erzählt Madeo, während der Chef stolz das Innenleben des Wagens präsentiert.

Eine große batteriebetriebene Kühltheke mit den gut gefüllten Eisbehältern, gleich mehrere Kühlschränke, eine Sahnemaschine, Obstfächer, Saucenflaschen, Krokantstreuer, eine bis unters Dach gestapelte Batterie Becher und Hörnchen: Man hat zwar nicht viel Bewegungsfreiheit im Laderaum des blauen Sprinters, aber es fehlt an nichts. „Bei uns kriegt man nicht nur ein paar Kugeln in der Waffel, sondern auf Wunsch auch aufwendige Becher, Eiskaffee und Milkshakes. Von den 36 Sorten im Geschäft gibt es fast 20 auch im Wagen. Diese Wagen sind richtige kleine Eiscafés auf Rädern“, erklärt Marino.

Fahrtroute von Eiswagen festgelegt

Gennardo Madeos Tour führt an diesem Sonntag von Bergheim aus über Kerpen und Erftstadt bis nach Hürth. Auch um Ärger zu vermeiden, sind die Routen und die Stationen genau festgelegt. Die Eiswagen unterschiedlicher Betreiber sollen sich schließlich nicht gegenseitig in die Quere kommen. Die Absprache funktioniere ganz gut, so Domenico Marino: „Es bringt keinem was, wenn zwei Wagen zur gleichen Zeit am selben Ort sind. Wir sind doch alle Kollegen.“

Gennardo steuert zunächst einige ruhige Wohnstraßen in Kerpen-Brüggen an. Kurz bevor er irgendwo anhält, wird stets dreimal kräftig geklingelt. „Da wissen die Leute Bescheid: Der Eismann ist da.“ Es ist allerdings noch Mittagszeit, so dass sich der Andrang noch in überschaubaren Grenzen hält.

Das wird sich später recht schnell noch ändern, denn am Nachmittag wird Madeo einen beliebten und gut besuchten Badesee in Hürth ansteuern. „Da bleibe ich dann auch schon mal zwei, drei Stunden stehen, wenn viel los ist.“

Bergheimer Eismann kennt die Wünsche seiner Kunden

Zu denen, die der süßen Versuchung trotz der relativ frühen Stunde nicht widerstehen können, gehört Birgit Jansch. „Marinos Eis ist das beste weit und breit. Ich habe mal ein paar Jahre in einer anderen Gegend gewohnt, und da hat mir mein Bergheimer Eismann richtig gefehlt. Jetzt bin ich wieder hier und habe das Glück, dass der Eiswagen gleich vor meiner Haustür hält.“

Groß bestellen muss die Eisliebhaberin nicht mehr: „Ich nehme immer drei Kugeln Haselnuss mit Sahne und Schokosauce; das weiß der Eismann inzwischen.“ In der Tat beginnt Gennardo bereits mit dem Füllen des Bechers, als er die Stammkundin aus der Haustür kommen sieht.

Auch für den Hund gibt es Eis

Andere lassen sich vom Klingeln des Eiswagens spontan auf süße Gedanken bringen. „Als ich die Schelle gehört habe, kam ganz plötzlich der Gedanke: Ach, lass uns doch einfach noch mal lecker Eis holen“, erzählt Magdalena Dirheimer aus Erftstadt-Kierdorf und deckt sich gleich tüchtig ein: „Einen Bananensplit für die Tochter, einen Yoghurtbecher mit Früchten für mich. Und bitte noch ein Bällchen Vanille mit Sahne. Unser Hund ist nämlich auch ganz verrückt nach Eis.“

Italienisches Eis nach kalabrischem Familienrezept

Gennardo schiebt das prall gefüllte Tablett mit einem freundlichen „Prego, Signora“ über die rollende Theke und düst dann gleich weiter nach Köttingen in die Hermann-Köster-Straße. „Da wohnt ein älterer Mann, der kommt wirklich jedes Mal.

Jede Wette, dass er heute auch da ist“, kündigt der Eismann siegessicher an und behält prompt Recht. Und Gennardo weiß auch, was der alte Herr ordern wird: „Er nimmt immer fünf Bällchen im Becher.“

Für den Eismann ist die üppige Bestellung natürlich ein klarer Beweis dafür, dass reichlich original italienische Eiscreme nach kalabrischem Familienrezept nicht ungesund sein kann: „Der Mann mit den fünf Bällchen ist immerhin schon 96 Jahre alt.“

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