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FremdenfeindlichkeitAngeklagter wedelte am Ende des Prozesses mit Geldscheinen

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Symbolbild

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Brühl – Tumultartig ging es am Mittwoch während einer Verhandlung im Brühler Amtsgericht zu. Ein 41-jähriger Brühler musste sich wegen Beleidigung in zwei Fällen verantworten. Dem Mechaniker wurde vorgeworfen, in einer E-Mail im November 2015 an den ehemaligen Brühler Flüchtlingskoordinator Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, beleidigt zu haben. Neben deutlichen Unmutsäußerungen über das Verhalten der Flüchtlinge in Brühl und die deutsche Flüchtlingspolitik habe er Claudia Roth als „ekelhaft“ bezeichnet.

Dies räumte der Angeklagte in der Verhandlung ein, erklärte in seiner umfassenden Einlassung jedoch, dass er darin keine Beleidigung sehe, da „Ekel einer der sieben Primäraffekte des Menschen“ sei.

Er sehe eine „gefährliche Überfremdung unserer Heimat“, äußerte sich erneut negativ über das Verhalten der Flüchtlinge und über die Politik Claudia Roths. Er stehe weiterhin zu seiner Meinung. „Sie hat sich ihre ekelhafte Visitenkarte selbst ausgestellt.“

Im zweiten Anklagepunkt ging es um die Äußerung „Scheiß Ausländer“, die der Angeklagte einem Verwandten der Nachbarn seiner Eltern in einem Brühler Mehrfamilienhaus zugerufen haben soll.

Als Zeugen waren zunächst dieser Verwandte und seine Frau geladen, die beide angaben, diese Äußerung vom Angeklagten gehört zu haben. Der bestritt dies, ebenso wie sein Vater, der ebenfalls als Zeuge aussagte. Mehrfach mussten Richterin und Staatsanwältin sowohl den Angeklagten als auch die beiden männlichen Zeugen auffordern, ruhigzubleiben.

Die genauen Umstände der Beleidigung konnten in der Verhandlung nicht geklärt werden. Als gesichert sah die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer an, dass der Angeklagte wegen einer angeblichen Ruhestörung heftig bei den Nachbarn seiner Eltern geklopft habe und es dann zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sei.

Gegen Tür gehämmert

Der Angeklagte gab an, die Familie mit Migrationshintergrund sei sehr laut gewesen, was die Zeugen dieser Familie jedoch bestritten. Sie sagten, es sei so heftig gegen die Tür gehämmert worden, dass sie und die Kinder unter Schock standen.

Anklage und Verteidigung plädierten auf Freispruch im zweiten Anklagepunkt, da nicht zweifelsfrei nachzuweisen sei, dass der Angeklagte „Scheiß Ausländer“ gesagt habe. Die Richterin sah jedoch die Zeugenaussage des Verwandten als glaubhaft an und hatte „keine Zweifel, dass diese Äußerung gefallen ist“.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten für beide Fälle zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50 Euro. Als das Urteil fiel, musste die Richterin das Publikum zur Ordnung rufen. Zuschauer standen auf und bezeichneten das Urteil als „Verarschung“.

Während der Urteilsbegründung wurde es erneut laut im Publikum, die Zuschauer verließen dann den Gerichtssaal. Der Angeklagte stand auf, nahm einen Bündel mit Geldscheinen aus seinem Sakko und sagte: „Ich habe genug Spielgeld für die Berufung.“

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