Leo VerheugenErfolgsgeschichte ohne Diplom

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Leo Verheugen hat die Schlossstadt Brühl nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutet mitgeprägt.

Leo Verheugen hat die Schlossstadt Brühl nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutet mitgeprägt.

Brühl – „Seine Liebe gehört dem Mittelstand“ titelte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ 1963. Die Rede war von Leo Verheugen, der im November 1950 die genossenschaftliche Teilzahlungsbank mit dem Namen „Waren-Kredit-Genossenschaft für die Landkreise Köln und Bergheim eGmbH (WKG)“ ins Leben gerufen hatte und just in diesem Dezember 100 Jahre alt geworden wäre. Inzwischen heißt das Kreditinstitut Brühler Bank eG, die Verdienste ihres Gründers sind deswegen aber nicht vergessen – ganz im Gegenteil. Zum 100-jährigen Geburtstag haben die Verantwortlichen des Kreditunternehmens jetzt ein Symposium zum Thema „Was einer alleine nicht schafft: Erfolgsgeschichte und -perspektive der genossenschaftlichen Idee“ durchgeführt.

„Diplome keine, mit Erfolg die Volksschule besucht“, charakterisierte sich Verheugen vor 50 Jahren selbst. Ein Hindernis für seine Karriere stellte die fehlende universitäre Bildung jedoch in keiner Weise dar. „Während heute sehr viel Wert auf ein akademisches Fundament der Ausbildung gelegt wird, waren im zerstörten Europa nach dem Zweiten Weltkrieg Persönlichkeiten wie Leo Verheugen gefragt, die sich durch eine gehörige Portion Pionier- und Gründergeist auszeichneten“, erinnerte Sven Verheugen, Vorstandsvorsitzender der Bank und Enkel des Gründers, zu Beginn des Symposiums.

Vier Söhne und eine Tochter hatten Leo Verheugen und seine Frau Helene, die sich im Oktober 1939 das Jawort gaben.

Günter Verheugen, der sich in der Vergangenheit insbesondere in der Europapolitik einen Namen gemacht hat, ist einer dieser Söhne.

Er war zehn Jahre lang Mitglied der europäischen Kommission und dort unter anderem für Unternehmen und Industrie sowie für die EU-Erweiterung zuständig. (mig)

Sein Großvater Leo war als Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes in den Kreisen Bergheim und Köln-Land mit der Aufgabe betraut worden, zur Lösung der Probleme des Mittelstandes eine Selbsthilfeeinrichtung in der Rechtsform einer Genossenschaft ins Leben zu rufen. Die ersten Räume der Bank waren nach ihrer Gründung im November 1950 eher provisorischer Natur: Die Mitarbeiter wurden im Dachgeschoss der städtischen Berufsschule untergebracht (ehemaliges Franziskanerkloster, heute Rathaus). 1952 begannen die Arbeiten an einem eigenen Gebäude in der Tiergartenstraße.

Leo Verheugen wurde 1913 als Sohn des holländischen Glasmachers Johannes Georg Friedrich und dessen Frau Margarethe Verheugen in Brühl geboren und absolvierte nach der achtjährigen Volksschule eine Lehre als Industriekaufmann. Der Startschuss einer beeindruckenden Karriere, sowohl beruflich als auch politisch: Als Verheugen im Mai 1986 in seinem Wochenendhaus in Bad Münstereifel-Mahlberg starb, war er in den 72 Jahren seines Lebens unter anderem Mitglied des Brühler Stadtrates, Vorsitzender des FDP-Mittelstandsausschusses für NRW, Vorsitzender der Arbeitsgenossenschaft genossenschaftlicher Teilzahlungsbanken (AGT) und Delegierter des europäischen Dachverband für Spezialkreditinstitute im Bereich der Konsumentenfinanzierung (EUROFINAS) gewesen.

Trotz dieser vielfältigen Aufgaben hatte er sich auch Zeit seines Lebens im Vereinsleben engagiert, etwa als Vorsitzender des THC Brühl. Denn, erinnert sich sein Enkel, „es war nicht allein der Mittelstand, dem seine Liebe galt“.

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