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Natur-RiesenFührung zu den legendären Mammutbäumen in Brühl

Lesezeit 4 Minuten
Der Blick den Stamm eines Mammutbaums hinauf ist faszinierend.

Der Blick den Stamm eines Mammutbaums hinauf ist faszinierend.

Brühl – Wer den Blick entlang der Baumkronen über den Häusern schweifen lässt, erkennt die Mammutbäume in Brühl an ihrer Kegelform und ihrer hervorstechenden Größe. Von den gigantischen Zypressengewächsen ist der Natur- und Landschaftsführer Wilfried Schultz-Rotter so beeindruckt, dass er für den Kletterwald Schwindelfrei eine Stadtführung zu den Baumriesen entwickelt hat.

Wie viele der ursprünglich in Kalifornien beheimateten Mammutbäume in Brühl gedeihen – Schultz-Rotter hat sie nicht gezählt. Und gemessen, wie hoch sie sich in den Himmel über der Schlossstadt erheben, hat er auch noch nicht. Auf die Liste der Städte mit den gewaltigsten Mammutbäume in Deutschland hat es im Rhein-Erft-Kreis nur die Nachbarkommune Erftstadt-Liblar mit drei Exemplaren im Schlosspark Gracht geschafft. Gäbe es eine Liste von Geschichten, die sich um die Giganten ranken, dürfte allerdings Brühl der Spitzenreiter sein.

Schultz-Rotters dritte Führung seit der Premiere im Mai beginnt an dem augenfälligsten Bergmammutbaum in der Stadt. Das Gewächs steht eingezäunt am Nordflügel von Schloss Augustusburg. Dort spricht der Naturführer aus, was sich seine Zuhörer fragen mögen: „Wieso steht er hier? Ein Mammutbaum passt doch gar nicht in einen barocken Schlossgarten.“ Der preußischen Besatzungsmacht im 19. Jahrhundert ist die Anpflanzung der ersten eindrucksvollen Gewächse zu verdanken. Sie bevorzugten den englischen Gartenstil und bestückten den einstigen kurfürstlichen Park mit mehreren Mammutbäumen. Die fielen jedoch der Axt zum Opfer, als in den 1930er-Jahren der Schlosspark in seinen ursprünglichen barocken Zustand zurückversetzt wurde.

Protest gegen Fällung

Der Legende nach soll der einzige Riese am Schloss nur überlebt haben, weil die Bevölkerung damals gegen seine Fällung protestierte. So schief wie er gewachsen ist, mag er zwar das größte, aber beileibe nicht das schönste der Brühler Exemplare sein. Trotz der Besonderheit, dass er ab der heutigen Mitte drei Stämme ausgebildet hat. Von der Schlossverwaltung hörte Wilfried Schultz-Rotter, ein Blitzschlag sei wahrscheinlich für den zerzausten Anblick verantwortlich.

Mammutbäume sind zwar wegen ihres weitläufigen Wurzelwerks ausgesprochen standsicher. Doch bei Sturm empfiehlt der Experte, ihnen nicht zu nahe zu kommen. Denn sie lassen gerne und großzügig Äste, Zweige und Tannenzapfen herabfallen. Von reichlich umherfliegenden Pflanzenteilen weiß ein Anwohner der Parkstraße ein Lied zu singen.

Wer Schloss Augustusburg den Rücken kehrt und Richtung Bahnhof blickt, entdeckt dahinter schon den Baum in der Siedlung an der Parkstraße. Auf dem städtischen Grundstück zwischen den Häusern 8 und 10 steht ein zweites Exemplar. „Schön sind sie ja beide, aber sie werfen einfach zu viel ab“, sagt der Anwohner, der sich vor Ort kurz zu der Führung gesellt. Ein Zufall ist es keineswegs, dass in den Wohnvierteln hinter dem Bahnhof und weiter Richtung Finanzamt an der Jordanstraße Mammut- und andere stattliche Bäume wie die Blutbuche, Riesenplatanen und die Libanonzeder mit ihrer ausladenden Krone vertreten sind. In preußischer Zeit standen dort Villen, und bei den wohlhabenden Bürger galt es als schick, Parkgrundstücke mit imposanten exotischen Bäumen anzulegen. Die herrschaftlichen Häuser sind abgerissen, die Parks verschwunden, geblieben sind die Mammutbäume. Nach Botaniker-Schätzungen können sie 3000 Jahre alt werden.

Brühler Geschichte und Moderne versöhnen sich auf dem Parkplatz des Discounters am nördlichen Ortseingang. Für den dortigen Mammutbaum wurde ein Hochbeet angelegt, damit Autos nicht dagegenfahren. Die Lindenreihe, die den Parkplatzrand säumt, erinnert an die typisch barocken Alleen im Brühler Schlosspark.

Führungsteilnehmerin Elisabeth Wittmann, 74, macht auf das Gesicht aufmerksam, das in der schwammig-weichen Rinde des Mammutbaums zu erkennen ist. „Ein Rübezahl-Gesicht“, meint Wilfried Kühn. Der 59-Jährige ist mit auf die Tour gegangen, weil er wissen möchte, wo in seiner Heimatstadt die Mammutbäume zu finden sind.

Das wohl kurioseste Exemplar weit und breit beherbergt der Volkspark. Der Mammutbaum, von dem nur der Stamm übrig geblieben ist, verbirgt sich in einem hoch aufgeschossenen üppigen Efeubusch gegenüber der Villa Kaufmann. Nur in Bodennähe lugt ein Stückchen vom Fuß des rötlichen Stammes hervor.

Auf Anfrage organisiert Wilfried Schultz-Rotter über den Kletterpark Schwindelfrei weitere Wanderungen zu den Mammutbäumen in Brühl.

www.kletterwald-schwindelfrei.de

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