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Austellung in ErftstadtUmsiedlung und Zerstörung durch Braunkohleabbau

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Landanhme durch Braunkohleabbau: Wer sein Haus ordnungsgemäß verlassen hatte, legte ein Kehrblech mit Handfeger auf die Türschwelle.

Landanhme durch Braunkohleabbau: Wer sein Haus ordnungsgemäß verlassen hatte, legte ein Kehrblech mit Handfeger auf die Türschwelle.

Erftstadt-Lechenich – Das eigene Haus verlieren, die Straße, das ganze Dorf – für die meisten Menschen ist dieser Gedanke unvorstellbar. Für Bewohner von Braunkohlerevieren ist er harte Realität. Das zeigt die erste Veranstaltung im Jahr 2017 des Künstlerforums „Schau-Fenster Erftstadt“. Die Ausstellung trägt den vielsagenden Titel „Landnahme“, sie setzt sich mit den Folgen des Braunkohleabbaus für Mensch, Kultur und Umwelt auseinander.

Bei der Vernissage am Samstag im Stadthaus in Lechenich übernahm Vize-Vorsitzender Günter Warmbier die Begrüßung der zahlreichen Besucher, die Vorsitzende des Erftstädter Kulturausschusses Marion Sand führte in die Ausstellung ein.

Die Künstler Inge Broska, Matthias Jung, Jürgen Matschie, Klaus Schramm und G.M. Wagner nähern sich dem Thema auf unterschiedliche Weise und zeigen Arbeiten aus den Bereichen Fotografie, Objekte und Collage.

Fotos und Dokumente der Zerstörung

Inge Broska stammt aus dem Ort Otzenrath, der vor zehn Jahren dem Abbaugebiet Garzweiler II zum Opfer fiel. Sie eröffnete 1992 dort das „Hausmuseum Otzenrath“, in dem sie Fundstücke aus verlassenen Häusern aufbewahrte. Objekte des Alltags, des Lebens. Nach Erftstadt brachte sie unter anderem einen Karton mit alten Fotos und Dokumenten mit, den sie auf einem Feld gefunden hatte sowie eine Sammlung von alten Kehrblechgarnituren.

„Laut Vertrag mussten die Bewohner Otzenraths die Häuser besenrein übergeben“, erklärte Sand. „Als Zeichen für ein ordnungsgemäß verlassenes Haus legten die Leute die Kehrbleche und Handfeger auf die Türschwellen.“ In einem Griff arbeitet sogar noch der Holzwurm – das Haus, zu dem das Blech gehörte, steht schon lange nicht mehr.

Matthias Jung hat einige dieser Fundstücke fotografiert. Neben einer Auswahl dieser Bilder stellt der Lechenicher außerdem Fotografien der Reviere Hambach und Garzweiler aus. Polizisten, die Braunkohlegegner jagen, gerodete Wälder oder zerwühlte Landschaften sind auf den Fotos festgehalten.

Verschwundene Dörfer

Jürgen Matschie kommt aus Bautzen und bringt Bilder aus seiner Heimat mit. Auch in der Ober- und Niederlausitz wird Braunkohle abgebaut. Matschie suchte über mehrere Jahre immer den gleichen Standort auf und dokumentierte so die Entwicklung der Grube. Auch Fotos, die das Leben der Menschen mit dem Tagebau in den 1980er Jahren zeigen, sind ausgestellt.

Der Lechenicher Jürgen Schramm präsentiert Collagen, die sich mit der Zerstörung des Ortes Immerath befassen. G.M. Wagner aus Brühl, der bei der Vernissage nicht anwesend war, fotografierte mehrere Dörfer, die noch oder nicht mehr existieren.

Wie er befassen sich alle ausstellenden Künstler unvermeidbar auch mit dem Thema Heimat. „Kaum eine Ausstellung könnte einen aktuelleren Bezug haben und intensiver sein“, so Sand. Schließlich geht es um Zerstörung von Heimat und um das Verlassen dieser.

Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Januar 2017 immer dienstags bis sonntags jeweils von 15 bis 17.30 Uhr geöffnet. Die Finissage mit Filmen zum Thema findet am Sonntag, 29. Januar, um 17 Uhr statt.

www.schaufenster-erftstadt.de

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