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ErftstadtTobias Steinke entwarf sein Haus nach dem Vorbild eines CD-Regals

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Tischlermeister Tobias Steinke entwarf und baute ein ungewöhnliches Wohnhaus am Roggendorfer Weg in Kierdorf.

Tischlermeister Tobias Steinke entwarf und baute ein ungewöhnliches Wohnhaus am Roggendorfer Weg in Kierdorf.

Erftstadt-Kierdorf – Ein echter Hingucker entstand am Roggendorfer Weg, mitten im beschaulichen Kierdorf. Bei dem ungewöhnlichen Bauwerk handelt es sich tatsächlich um ein rein privates Wohnhaus, berichtet Tobias Steinke. Der geborene Berliner, der einst in Frechen zur Tischlerlehre gegangen war, hatte sich später selbstständig gemacht und war zunächst im kunsthandwerklichen Bereich tätig. Später baute er im Gewerbepark von Nörvenich seine eigene Werkstatt und fertigt seit 1988 Möbel an. „Ich habe Arztpraxen ausgestattet, Spiellandschaften entworfen, alle Art von Wohnzimmereinrichtung geschaffen“, berichtet der 50-jährige Tischlermeister. Jüngst hatte er auch ein Fitnessstudio ausgestattet.

Vieles entstand erst während dem Bau

Doch Steinke macht noch viel mehr. Er interessiert sich nicht nur für die Möbel im Haus, sondern auch für das Haus als solches. Ein altes Gebäude aus dem Jahre 1904 am Offenbachweg in Kierdorf restaurierte er. Im Garten des Altbaus schuf er dann, quasi als architektonischen Gegenentwurf, den Neubau. Anfang 2014 war die Baumaßnahme in Angriff genommen worden und nach etwa zweijähriger Bauzeit abgeschlossen worden. „Die Arbeiten haben ich und meine drei Mitarbeiter ausgeführt“, berichtet Steinke und verrät: „Nicht jede Kleinigkeit war festgelegt. Vieles am Neubau entstand auch während der Bauarbeiten. Der Umriss entspreche einem CD-Regal, das er vor Jahren für Bekannte angefertigt habe. „Nur, dass dieses Regal jetzt überdimensional groß ist und auf dem Rücken liegt.“

Was schließlich entstand ist ein Haus, das dem Betrachter freien Lauf bei der Interpretation lässt. Manche glauben in den geschwungenen Linien eine Arche Noah wiederzuerkennen, für andere ähnelt die Formensprache einem überdimensionalen Fisch. „Es gab auch Passanten, die glaubten, hier würde eine Moschee entstehen“, berichtet Steinke mit einem Schmunzeln. Tatsächlich aber sei die Architektur keinem bestimmten Vorbild verhaftet. „Wohl aber kann man sie verstehen als Gegenpol zum Bauhausstil mit seiner strengen Formensprache.“

Das Kierdorfer Gebäude erinnert dagegen an die Leichtigkeit des Bauformen des Jugendstils – einer Epoche, die laut Steinke eigentlich nie einen förmlichen Abschluss ihrer Epoche gefunden hat. „Die Menschen sehen sich bei der Formensprache wieder nach Dynamik, nach geschwungenen Linien, genauso, wie man das etwa auch in der Autoindustrie erlebt.“

Buch über Entstehung des Hauses

Leicht und verspielt wirkt der Kierdorfer Neubau. Große Glasflächen verleihen dem Haus eine optische Leichtigkeit. Ein Betonklotz, so Steinke, hätte auf das nur elf Meter schmale Grundstück nicht gepasst.

Während das Erdgeschoss des Gebäudes massiv aus Stein gemauert ist, besteht der erste Stock komplett aus Holzständerwerk. Die Außenverkleidung besteht aus Lärche, innen wurde Fichte verwendet. Der sichtbare Innenbereich, einschließlich der Geländer, besteht aus Eschenholz. „Das ist hart und besitzt eine schöne Maserung.“

Wer glaubt, das ungewöhnliche Haus sei nur was für den dicken Geldbeutel, irrt. „Der Neubau mit 150 Quadratmetern Wohnfläche ist laut Steinke nicht teurer als ein herkömmliches Wohngebäude gleicher Größe.

Einer der Nachbarn des Neubaus ist Ortsbürgermeister Karl-Heinz Dirheimer. „Wir sind stolz auf diese architektonische Bereicherung. Das hat nicht jeder Ort zu bieten.“

Ein anderer Nachbar hielt die Bauarbeiten mit vielen Aufnahmen fest und schenkte Steinke das fertige Fotobuch über die „Arche Noah von Kierdorf“.

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