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Erinnerung Bonner RepublikSchloss Gymnich wird Tagungshotel und Dokumentationsort

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Erftstadt-Gymnich – Sie weht wieder. Die Deutschlandfahne flattert auf dem Dach von Schloss Gymnich. Beim Anblick des gepflegten barocken Bauwerks mit der Blumenpracht im Eingangsbereich könnte man tatsächlich meinen, die Uhr sei zurückgedreht. Und zwar auf jene Zeit, als das Schloss noch Gästehaus der Bundesregierung war.

Tatsächlich hat der neue Schlossherr Gerd Overlack mit Akribie und Liebe zum Detail das historische Gemäuer zum großen Teil wieder instand setzen lassen. In nicht allzu ferner Zukunft wird das Schloss als Tagungshotel öffnen und zugleich eine Art Dokumentationszentrum für die Bonner Republik werden.

Doch eins nach dem anderen. Die Fassade ist gestrichen, Dach und Fenster wurden erneuert, Sandsteinwappen restauriert und vor kurz auch die steinernen Löwen im Eingangsbereich wieder auf ihre Sockel gehievt. „Ein ganzes Jahr lang habe ich die beiden Löwenfiguren aus vielen Einzelteilen wie in einem Puzzle zusammengefügt und anschließend mit einer Schutzschicht versehen“, berichtet die polnische Restauratorin Neli Yoncheva. Zuvor hatte sie Putten, die im Rosengarten stehen und die vier Jahreszeiten symbolisieren, restauriert.

Das Gröbste ist geschafft

Während das Schloss von außen schon in alter Pracht erstrahlt, ist innen noch viel zu tun. „Das Gröbste ist geschafft, jetzt kommt die Feinarbeit drinnen“, erläutert Overlack. Der vier Zentimeter dicke Marmorboden musste repariert werden. „Die Fachfirma musste erst mal einen Steinbruch finden, der das Material liefern konnte.“ Derzeit ist die Schlosskapelle unter dem markanten Eckturm eine Baustelle. Hier, wie auch im Nachbarzimmer, dem Kurfürstensaal, werden Setzungsrisse verfugt.

„Beim Anstrich der Wände und Decken sollen die grellen Farben durch gedeckte ersetzt werden, um das ursprüngliche Schlossambiente wieder zum Vorschein zu bringen“, erläutert Overlack. Natürlich werde auch die komplette Elektrik erneuert.

Hinzu kommen Glasfaserverkabelung, Rauchmelder und einiges mehr. „Ich werde auch den Aufzug wieder in Gang setzen lassen. Der war mal für den Staatsbesuch der Queen eingebaut worden. Doch sie benutzte lieber die große Schlosstreppe“, berichtet Overlack mit einem Lächeln.

Das genaue Konzept lässt er noch ausarbeiten. Doch wird das Schloss künftig wieder Gästen zur Verfügung stehen, und zwar montags bis freitags für Seminare von Unternehmen. Die Besucher sollen im Schloss auch einiges über dessen besondere Bedeutung als Gästehaus der Bonner Republik erfahren. „Die Geschichte wird aufbereitet und dokumentiert. Mir schwebt vor, dass an verschiedenen Stellen Monitore aufgestellt werden. Sie zeigen Fotos und Filmsequenzen von Staatsempfängen, die es im Schloss zuhauf gab“, erläutert Overlack. Er geht davon aus, im Archiv des Auswärtigen Amtes genügend Material vorzufinden.

Weltgemeinschaft in Bonn

Denn gerade die spannende Zeit der Bonner Republik und der Empfang von Staatsoberhäuptern aus aller Welt habe verdeutlicht, dass das Deutschland nach dem Weltkrieg wieder in die Weltgemeinschaft habe zurückkehren wollen und von dieser auch aufgenommen worden sei. Beim Schreiten durchs Schloss sollten die Gäste ein wenig ans Nachdenken kommen. Das Schloss werde somit ein Dokumentationszentrum für ein erfolgreiches Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte.

Nicht nur im Schloss haben Handwerker noch alle Hände voll zu tun, sondern auch an den benachbarten Stallungen. Ein Gebäudeflügel (der ehemals für große Pressekonferenzen genutzte Saal) wird als Veranstaltungsraum hergerichtet. Der größte Teil aber wird für Familie Overlack als Wohnung hergerichtet.

Der von vier Gebäudeflügeln eingefasste Hof wird quasi als grünes Wohnzimmer gestaltet, eingefasst mit Spalierbäumen, die ihm wohnliche Intimität verleihen. Das Gebäude an der Erft samt großer Terrasse mit Blick auf einen Nebenarm des Flusses wird neben Wohn-, Schlaf und Esszimmer und Sanitäranlagen auch einen direkten Zugang zum benachbarten Schlosspark bieten.

Angrenzend an den Wohntrakt wird eine Bibliothek eingerichtet. Auch der Park wird Zug um Zug wieder hergestellt. Große Bereiche sind neu eingesät und werden bewässert. Und auch die Familiengruft derer zu Holzschuher ist wieder besser zu sehen. Overlack ließ die teils verwilderten Grünflächen rund um das Gebäude wieder ordentlich herrichten.

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