Ferien vom KriegWir brauchen Frieden

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Israelis und Palästinenser unternahmen eine gemeinsame Fahrt über den Rhein bei Bonn.

Israelis und Palästinenser unternahmen eine gemeinsame Fahrt über den Rhein bei Bonn.

Bornheim/Bonn  – Jeweils 30 Israelis und Palästinenser haben sich in der Jugendakademie Walberberg zusammen gesetzt und in kleinen Gruppen über den Konflikt zwischen ihren Völkern gesprochen. „Wir hatten vier Themen, mit denen wir uns beschäftigt haben. Für einige haben wir sogar Lösungen gefunden“, sagt Haitham Jamgum. Er kommt aus Jerusalem und spricht für die palästinensische Seite.

„Wir haben uns nach einigen Verhandlungen insgesamt auf die Grenzen von 1967 einigen können“, sagt Omri Menashe, der für die Israelis spricht. Das Problem, wem die Altstadt Jerusalems zukomme, habe man ausgeklammert. Die beiden Männer tragen ihre Positionen vor, als hätten sie politische Macht. Sie versetzen sich in diesem Moment wirklich in die Lage, für ihr Volk zu sprechen.

„Wir verfolgen einen Graswurzelansatz“, sagt Helga Dieter, die für das Kölner Komitee für Grundrechte und Demokratie die Aktion „Ferien vom Krieg“ koordiniert. Damit meint sie, dass an der Basis der Bevölkerung die Veränderung beginnt, nicht an ihrer Spitze bei Regierungen oder Repräsentanten. Deswegen ist es nicht so sehr ein konkretes Ergebnis, sondern ein Mentalitätswandel, auf den die Aktion abzielt. Erfolge kann sie vor allem von besonderen Personen berichten. Stav Shaffir zum Beispiel gehört heute zu den Aushängeschildern der Sozialproteste in Israel. „Die war vor zwei Jahren hier.“ Musa Eteer sagt, bei ihm habe sich nichts verändert, nur was vorher ein Grundsatz war, sei nun zur Gewissheit geworden: „Niemand sollte einem anderen Menschen Leid zufügen dürfen.“ Schon allein deswegen nicht, so fährt er fort, weil er keinem Menschen wünsche, was ihm zugestoßen sei.

Eteer ist seit Herbst 2000 querschnittsgelähmt. Zu Beginn der zweiten Intifada, des zweiten palästinensischen Aufstandes gegen Israel, ist er bei einer Demonstration in Jenin angeschossen worden. Durch die Schüsse eines israelischen Soldaten kann er heute nur seinen Kopf kontrolliert bewegen. „Ich denke, das ist keine Ausnahme, wir Palästinenser sind friedliche Menschen. Aber wir müssen uns gegen eine Besatzung verteidigen.“

Die Israelis sind gelassener. Menashe erzählt, dass einige von ihnen überrascht waren, Worte der Entschuldigung von den Palästinensern zu hören. „Sie haben auch uns zugehört.“ Umgekehrt war das selbstverständlich. „Wir haben das Leiden zu ertragen. Wer uns unterdrückt, soll auch zuhören“, sagt Palästinenser Jamgum. Menashe widerspricht nicht. Beide scheinen sich keine Illusionen zu machen.

Auf dem Ausflugsschiff sitzen die Gruppen weitgehend getrennt. Dass die Lösung des Konflikts am Ende zwei Staaten sein müssten, war schnell Konsens. Aber irgendwie gehören sie doch zusammen. Menashe: „Beide Seiten müssten viel besser übereinander Bescheid wissen. Die Neugier ist da.“ Er schlägt vor, palästinensischen Kindern Hebräisch beizubringen, damit sie Zugang zu Bildung in Israel haben. Jamgum setzt niedriger an. „Wir brauchen Frieden für unsere Kinder.“

Klar habe es auch Kontakt und Gespräche außerhalb der Workshops gegeben. „Interessant war, dass vor allem die Frauen untereinander ganz anders gesprochen haben, als wenn Männer dabei waren.Vielleicht sollten wir die Lösung des Konfliktes den Frauen überlassen“, sagt Menashe, nur halb im Scherz. Jamgum sieht die Fremde als wichtigen Faktor.

„Zu Hause wären wir zerstritten auseinandergegangen.“ Musa Eteer wird nach der Aktion noch zu einer medizinischen Untersuchung nach Berlin reisen. „Mein Fall ist sehr komplex. Zu komplex für palästinensische Verhältnisse. Vielleicht kann man hier etwas für mich tun“, hofft er.

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