„Fake News“ auf FacebookAfD-Politiker aus Kerpen muss sich vor Gericht verantworten

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Theo Gottschalk steht vor Gericht in Würzburg.

Theo Gottschalk steht vor Gericht in Würzburg.

Kerpen – Zwar hat das Landgericht Würzburg vergangene Woche eine einstweilige Verfügung gegen das Netzwerk Facebook wegen der Verbreitung verleumderischer Inhalte zurückgewiesen.

Doch ist die Sache für den Kerpener Theo Gottschalk, stellvertretender Sprecher des AfD-Kreisverbandes, noch nicht ausgestanden. Denn Gottschalk muss sich am kommenden Montag vor dem Würzburger Landgericht dafür verantworten, dass er über Facebook verbreitete „Fake News“ – also „Falschmeldungen“ – geteilt und somit weiterverbreitet hat.

Flüchtlingsbild mit falschen Behauptungen verbreitet

Ihm wird in einem zivilrechtlichen Verfahren vor Gericht vorgeworfen, die Persönlichkeitsrechte des Flüchtlings Anas Modamani verletzt zu haben. Gottschalk soll eine Unterlassungserklärung abgeben, dies nicht mehr zu tun.

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Modamani ist ein junger syrischer Flüchtling, der sich seinerzeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel per Smartphone selber fotografiert hatte. Das „Selfie“ mit der Kanzlerin wurde im Netz dann aber für rechtsextreme Propaganda missbraucht. Das Bild wurde verbreitet etwa mit der Behauptung, der 19-jährige Modamani habe einen Obdachlosen in Berlin angezündet oder sei sogar beim Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin beteiligt gewesen.

Diese Behauptungen sind aber Lügen, die im Netzwerk Facebook dennoch tausendmal geteilt und verbreitet wurden, was für Modamani schlimme Folgen hat. Der junge Mann, der in Berlin lebt und eine Schule besucht, geht nur noch ungern aus dem Haus. Er hat Angst, dass man ihn erkennt und für einen Terroristen hält.

Verfahren eingeleitet

In einer der Fotomontagen im Netz wird Modamani als gesuchter Straftäter dargestellt. Wer diese Fotomontage hergestellt hat, ist unklar. Gottschalk soll sie, wie viele andere Nutzer etwa von Facebook oder Twitter geteilt und damit weiterverbreitet haben. Weil dies möglicherweise dem Straftatbestand der „üblen Nachrede“ beziehungsweise der „Verleumdung“ entspricht, hat Modamanis Rechtsanwalt Chan-Jo Jun zivilrechtliche Verfahren gegen Facebook und Gottschalk eingeleitet.

Das Verfahren gegen Facebook „auf Löschung verleumderischer Inhalte“ ist vergangene Woche vom Landgericht Würzburg zurückgewiesen worden. Das Gericht hat entschieden, dass Facebook verleumderische Inhalte, die über sein Netzwerk geteilt werden, auch künftig nicht von sich aus suchen und löschen muss. Gegen das Urteil, das in einem Eilverfahren ergangen ist, kann aber noch Berufung eingelegt werden. Zudem ist in der Sache auch noch ein Hauptverfahren möglich.

Unter den vielen Verbreitern der Fake-News haben sich Chan-Jo Jun und seine Mitarbeiter nun Gottschalk ausgesucht, um an seinem Beispiel auch einmal das Verhalten von bestimmten Facebook-Nutzern juristisch überprüfen zu lassen und hier ein wegweisendes Urteil für die Zukunft zu erzielen.

„Dumme Aktion“

Es gelte zu klären, inwieweit jemand dafür verantwortlich ist, wenn er falsche, verleumderische Nachrichten, die andere behaupten, einfach so weiter verbreitet, erklärt dies einer der Rechtsanwälte aus der Kanzlei Jun. „Es sollen alle wissen, dass es jeden erwischen kann, der ungeprüft Verleumdungen verbreitet.“ Mehr als eine Unterlassungserklärung, die er unterschreiben müsse, drohe Gottschalk aber wohl nicht. Im Wiederholungsfall könne dies aber anders sein.

Gottschalk glaubt, dass er wegen seiner AfD-Mitgliedschaft in den Focus der Anwälte gerückt ist. Er werde am Montag zum Prozess nach Würzburg reisen. Dass er seinerzeit die gefälschten Nachrichten bei Facebook geteilt habe, sei eine „dumme Aktion“ gewesen, „die ich heute nicht mehr so ausführen würde“, betont er.

Außerdem tue es ihm auch leid, dass Anas Modamani da reingezogen worden sei. „Dafür würde ich mich entschuldigen.“ Er habe nicht Modamani sondern Kanzlerin Merkel attackieren wollen.

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