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BauindustrieABZ Kerpen setzt auf Flüchtlinge als Nachwuchs

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Einige dieser Schüler sind erst seit einem Jahr in Deutschland. Bei Hans-Jörg Wend (r.) lernen sie Englisch.

  • 44 Personen nutzen das besondere Angebot des Ausbildungszentrums der Bauindustrie in Kerpen.
  • In einer „Internationalen Förderklasse“ wird vor allem Deutsch gelernt.

Kerpen – 

In Bezug auf allein reisende, männliche Flüchtlinge um die 20 präsentiert Ulrich Goos eine einfache Rechnung: „Wir haben sie nun einmal hier und müssen sie integrieren. Wir nehmen unsere gesellschaftliche Aufgabe wahr.“ Und wie könne Integration besser gelingen als über Bildung und Arbeit?

Der Leiter des Ausbildungszentrums der Bauindustrie Kerpen (ABZ) stellt auch klar, dass er die jungen Männer im „krassen Gegensatz zur derzeitigen gesellschaftlichen Diskussion“ wahrnehme. „Unendlich dankbar, teilweise devot“ erlebe er viele von den Jugendlichen, die unter anderem aus Afghanistan, Eritrea oder Syrien nach Deutschland gekommen seien.

44 Flüchtlinge, im gesamten Rhein-Erft-Kreis untergebracht und teilweise erst seit wenigen Monaten in Deutschland, nutzen das Angebot des ABZ. Speziell für Flüchtlinge seien hier drei neue Bildungsgänge eingerichtet worden, berichtet Goos. In der „Internationalen Förderklasse“ lernten die Schüler die Hälfte der Zeit Deutsch, außerdem werde unter anderem Mathe oder Sozialkunde unterrichtet.

Wenn nach einem Jahr die Voraussetzungen für die sprachliche Verständigung geschaffen sind, kann der Bildungsgang „Ausbildungsvorbereitung“ besucht werden, der weitere Sprachkenntnisse vermittelt und mit dem Hauptschulabschluss nach Klasse 9 abschließt. Im dritten Jahr schließlich, der „Berufsfachschule“, kann der Hauptschulabschluss nach Klasse zehn sowie die Fachoberschulreife erlangt werden. „Danach können die Schüler eine Ausbildung machen oder auf das Gymnasium wechseln“, sagt Goos, der allerdings hofft, dass sich viele für einen Werdegang in der Bauindustrie entscheiden werden. Denn die Branche braucht dringend Nachwuchs. Deshalb wird auch in allen drei Klassen schon mindestens einmal pro Woche praktisch gearbeitet. Die jungen Männer erhofften sich nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch Ausbildungsverträge. „Und da sind einige »Cracks« dabei, nach denen sich die Betriebe die Finger lecken würden“, formuliert es Goos.

In den vergangenen Monaten hat das ABZ mit seinem angegliederten Internat, in dem seit Jahren Auszubildende wohnen, auch 22 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge aufgenommen. Sie waren dem Jugendamt Kerpen vom Bund zugeteilt worden. Damit die jungen Menschen beschäftigt sind, hat das ABZ eigens zwei Deutschlehrerinnen eingestellt. „Sie lernen jetzt acht Stunden am Tag Deutsch“, sagt Goos.

Insgesamt lassen sich 350 Schüler am Ausbildungszentrum Kerpen, einem von drei Zentren in Nordrhein-Westfalen, und an dessen Berufskolleg, in Bauberufen ausbilden. Hier kann man aber auch einen Abschluss als staatlich anerkannter Techniker mit Fachhochschulreife erlangen. Seit Kurzem gibt es ein weiteres Angebot: den Berufsschulunterricht für Industriekaufleute. „Das ist der erste Bildungsgang am Berufskolleg, der außerhalb der Baubranche angeboten wird“, sagt Goos. Daran nähmen zurzeit nur sechs Schüler teil. Der Leiter des Ausbildungszentrums betont: „Wir brauchen mehr.“

www.abz-kerpen.de

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