Boisdorfer See und MarienfeldWas stört, sind Mensch und Hund

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Kerpen – Als unverzichtbaren Lebensraum für wildlebende Tierarten, Pflanzen, geschützte Wasservögel und Amphibien beschreibt Hans-Wilhelm Horn den Boisdorfer See und den Fürstenberg Graben im Marienfeld. Auf der Karte macht der Sprecher der Ortsgruppe Kerpen des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) die Lage und Funktion des Naturschutzgebietes im Zusammenspiel mit anderen geschützten Gebieten wie Parrig, Broich, Steinheide oder Dickbusch in der Kolpingstadt deutlich. Durch Tunnel und Brücken an Landstraßen und Autobahnen seien sie mittlerweile weitgehend verbunden. So werde ein möglichst großer Genaustausch der Arten gewährleistet.

„Trittstein“ für Zugvögel

Der Boisdorfer See sei aber auch ein „wichtiger Trittstein“ für Zugvögel, eine Verbindung weiter auseinander liegender Biotope inmitten des europäischen Schutzgebietsnetzes, Natura 2000 genannt, sagt Horn. Seit 2013 hat der Rhein-Erft-Kreis das Gebiet im Landschaftsplan in die höchste Schutzstufe als Naturschutzgebiet eingestuft.

Umso ärgerlicher findet Horn Begegnungen mit Menschen, die die Verhaltensregeln zum Schutz der Tiere nicht beachteten. Er treffe immer wieder auf Hundebesitzer, die ihre Tiere im Unterholz stromern ließen oder sie in den See „zum Schwimmen jagen“ und sich auch bei Ansprache nicht einsichtig zeigten. Dabei weisen Schilder mit Piktogrammen auf das richtige Verhalten hin. „Man muss noch nicht einmal lesen können“, sagt Horn. Auch Baden sei verboten, und „es ist im Restloch des Tagebaues sogar richtig gefährlich.“

Dieter Commer, der Vogelexperte der Kerpener Ortsgruppe, macht bei seinen morgendlichen Exkursionen zur Erfassung und Zählung von Vogelarten für die Vogeldatei www.ornitho.de ebenso unliebsame Entdeckungen. So findet er Flaschen, die an das Ufer gespült werden und zahlreiche Feuerstellen und Grillplätze.

Aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern durch Argumente für den Naturschutz wollen Horn, Commer, Ortsgruppenmitglied Wolfgang Kupke, Simone Bergheim vom Nabu-Kreisverband und Kreisdezernent Berthold Rothe überzeugen. „Wir bedauern alle den Artenschwund, Artenvielfalt kann man erhalten, wenn man Lebensräume vor den Menschen schützt“, sagt Simone Bergheim. Und Artenschutz sei „nicht nur für den tropischen Regenwald, sondern mitten in Europa“ nötig, ergänzt Rothe. Just im Marienfeld, wo vor 30 Jahren noch Kohle abgebaut worden sei, sehe er deutlich, dass die Natur sich Lebensräume zurückhole. „Man muss sie nur machen lassen.“

Am Dienstagmorgen waren am See kaum Vogelstimmen zu hören, dafür umso lauter die Jets im Anflug auf die Landebahnen des Militärflughafens Nörvenich. Einige Haubentaucher, Blässhühner, Enten oder eine Uferschwalbe machte Commer aus. 147 von rund 250 in Deutschland vorkommenden Vogelarten habe er auf dem Marienfeld schon bestimmen können. Darunter seltene Vögel wie den Zwergsäger, den Pirol oder die Eisente, die sich eigentlich nördlich des Polarkreises zu Hause fühle. An den Erftzuläufen zu den drei dem Boisdorfer See vorgelagerten Klärteichen nisteten gerne Eisvögel, hat Commer beobachtet. Im Winter hat er bis zu 260 Reiherenten, 560 Blässhühner, 300 Stockenten oder eine Schwarm von bis zu 3000 Möwen gezählt.

Dann seien vor allem stöbernde Hunde, aber auch Menschen abseits der Wege eine echte Gefahr für die Vögel, schildert Simone Bergheim. Müssten sie immer wieder auffliegen, könne ihr Energiehaushalt so gestört werden, dass die geschwächten Tiere verendeten. Von März bis Juli gelte es, Störungen der Brut zu verhindern, im September seien die Herbstbalzen schutzwürdig.

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