Judo-Bundestrainer aus KerpenStressiger Job mit den Frauen – Reise nach Olympia

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Judo-Bundestrainer Michael Bazynski aus Kerpen – hier beim Grand Prix in Tiflis mit Viola Wächter und Miryam Roper (r.) – ist in Rio dabei.

Judo-Bundestrainer Michael Bazynski aus Kerpen – hier beim Grand Prix in Tiflis mit Viola Wächter und Miryam Roper (r.) – ist in Rio dabei.

Kerpen – Judo ist eine der zeitintensivsten Disziplinen, die bei den Olympischen Spielen in Rio vertreten sind. 200 000 Flugkilometer und 50 000 im Auto pro Jahr – das ist der Reisestress von Judo-Bundestrainer Michael Bazynski in Zahlen.

Der Wahl-Kerpener und gebürtige Bochumer kommt langsam aber sicher in den Wettkampfmodus, nachdem er am Samstagabend nach Rio der Janeiro geflogen ist.

Bazynski: „Die Gefühle entwickeln sich. Judo ist kompliziert und sehr stressig. Der Sport ist körperbetont, sehr, sehr anstrengend und vor allem sehr reisestressig. Die Athleten sind kaum aus dem Flieger und müssen sofort Gewicht machen. Dagegen ist Fußball ein Witz.“

Bis Donnerstag waren die Frauen um den 57 Jahre alten Bundestrainer in der brandenburgischen Kaderschmiede Kienbaum, wie das dortige Bundesleistungszentrum gern genannt wird.

Bazynski, selbst erfolgreicher aktiver Judoka, blickt auf eine harte Vorbereitung zurück: „Wir fangen langsam an, uns zu freuen. Wir haben einen Qualifikationsstress hinter uns, wie keine andere Sportart.“

Zahlreiche Wettkämpfe

Die Regelanpassung des Weltverbandes sieht für attraktive Fernsehbilder in jedem Jahr eine Welt- und Europameisterschaft vor. Dazu gibt es zahlreiche Weltcups und fünf Grand Slams rund um den Globus. Das erfordert eine Vielzahl von Wettkämpfen von Athleten wie Trainern und Betreuern.

Bazynski: „Die besten sechs Wettkämpfe im Jahr werden gewertet, die 14 Besten qualifizieren sich für Olympia.“

Bazynski reist mit sechs Athletinnen plus zwei Ersatzjudoka, von denen eine seine Tochter Nadja ist, nach Brasilien. Diese Medaille hat somit eine gute Seite, denn so bricht der Kontakt zur Familie für Vater Bazynski nicht ganz ab: „Ich sehe die Athletinnen mehr als meine Frau.“

Bazynskis Frau Claire, frühere Trainerin des ASV Kerpen, ist ehemalige Judoka und der Grund, weswegen der Bauingenieur nach dem Studium in Wuppertal nach Kerpen zog. „Die Bindung zu unseren Judoka ist ganz, ganz eng, und es ist schon eine mentale Geschichte, die da abläuft. Wir versuchen, das Turnier bei Olympia optimal zu gestalten.“

Keine Angst vor dem Zika-Virus

Der dreifache Vater geht seine siebten Olympischen Spiele gelassen an. 1988 war er in Seoul als Judoka auf der Matte dabei, seit 1996 als Betreuer oder Trainer. Daher lässt sich der Vize-Europameister von 1985 weder durch bauliche Mängel im olympischen Dorf noch durch das Zika-Virus aus der Ruhe bringen. „Wir sind sehr entspannt. Wir sind jedes Jahr zweimal in Rio. Verstopfte Toiletten sind normal, und es hat keiner Angst, dass wir am Zika-Virus sterben. Zumal der Amazonas weit weg ist, und es ist Winter in Brasilien.“

Bazynski war in Kienbaum dabei, als sich Diskusolympiasieger Robert Harting unmissverständlich und kritisch über den IOC-Präsidenten Thomas Bach äußerte und von einer Peinlichkeit sprach.

Der Kerpener bringt es auf den Punkt: „Das alles ist schon enttäuschend. Dass die Proben nur in der Leichtathletik auf Doping hinweisen, ist eher unwahrscheinlich.“ Andere Sportarten werden ähnlich betroffen sein. „Es hat mich gewundert, dass man damit nicht anders umgeht. Aber das wiederum hat mich bei diesem IOC-Präsidenten nicht gewundert.“

Es gebe in allen Bereichen des Lebens immer Dinge, so führt Bazynski aus, die nicht so laufen, wie sie laufen sollten, aber deswegen seien die Menschen nicht grundsätzlich schlecht.

„Der Sport hat es nicht verdient, ins schlechte Licht gerückt zu werden. Das ist deutlich übersteuert und eine Pauschalisierung wie zu Zeiten von Jan Ullrich, als plötzlich jeder Radsportler ein Doper war, macht keinen Sinn.“

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