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Meisterschaft54 Raucher pafften in Pulheim um die Wette

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Pulheim – Während an diesem wunderschönen Frühlingssamstag in vielen Gärten die Holzkohlengrills befeuert wurden, qualmte es in der Gaststätte Em Silo aus sportlichen Gründen – und zwar heftig: 54 Spezialisten aus ganz Nordrhein-Westfalen ermittelten im schummrigen Felsengrotten-Kellersaal die westdeutschen Meister in der nichtolympischen, aber dennoch mit glühend heißem Eifer betriebenen Disziplin des Pfeifelangsamrauchens.

Möglich machte es der 1. Kölner Pfeifenclub „De Piel es uss“ mit seinem rührigen Pulheimer Präsidenten Kurt Eggemann an der Spitze.

„Möge der Langsamste gewinnen. Feuer frei!“ Es ist genau 15.05 Uhr, als Oberschiedsrichter Daniel Greeven das Startsignal gibt. Und prompt wird die Luft dick. Kein Wunder, wenn auf einen Schlag 54 Pfeifen angezündet werden. Hemmungslos nebeln die Raucher an sieben Tischen sich und ihre Nebenleute in dichte Schwaden ein.

Eine Minute Zeit haben die Teilnehmer, um ihre sorgfältig mit exakt drei Gramm Tabak befüllten Wettkampfgeräte mit maximal zwei Streichhölzern in Gang zu bringen. „Den Tabak bröselt man möglichst gleichmäßig auf und stopft ihn dann in mehreren Lagen nicht zu fest und nicht zu locker in den Pfeifenkopf. Beim Zünden kommt es darauf an, die gesamte oberste Tabakschicht zum Glimmen zu bringen“, erklärt Greeven.

Penibel achtet der Oberschiedsrichter darauf, dass in den ersten zehn Minuten keiner zum Getränkeglas greift, denn es könnte ja jemand auf die Idee kommen, unauffällig ein wenig Kühlflüssigkeit aus dem Munde in die Pfeife rinnen zu lassen, um die unterste Tabakschicht zwecks Verlängerung der Brenndauer anzufeuchten.

An jedem Tisch wacht ein weiterer Schiedsrichter über die Einhaltung des Reglements. So ist es beispielsweise strengstens untersagt, von oben in den Pfeifenkopf hineinzupusten, um die Glut am Glimmen zu halten. Seinen Nachbarn beim Rauchen in ein Gespräch zu verwickeln, um ihn davon abzulenken, im richtigen Moment den nächsten Zug zu tun, ist zwar erlaubt, gilt aber als unfein.

So qualmen die Pfeifenliebhaber denn auch schweigend und konzentriert vor sich hin. Der dichte Rauch aus der Startphase hat sich längst verzogen; immer kleiner werden die blauen Wölkchen, die aus den Pfeifenköpfen steigen oder in die Luft geblasen werden.

Wie im Paradies

Nach einer halben Stunde gehen die ersten Pfeifen aus – darunter die von Shathis Perera. Der Mann aus Sri Lanka, der von Köln aus Reisen in seine Heimat organisiert und ständig hin- und herpendelt, fühlt sich wie im Raucherparadies. „Hier darf ich wenigstens noch meine geliebte Pfeife rauchen.

In Sri Lanka herrscht ein Tabak-Einfuhrverbot. Ich bin erst kürzlich von einem längeren Aufenthalt in Sri Lanka zurückgekehrt. So konnte ich mich leider gar nicht richtig auf den Wettkampf vorbereiten“, meint der Asiate, der die hiesigen Nichtraucherschutzgesetze als liberal empfindet.

Aber auch sein Tischnachbar Kurt Eggemann, der nicht nur „De Pief ess us“ leitet, sondern auch Vizepräsident des Weltverbandes der Pfeifenraucher ist, hat sich mit den Vorschriften arrangiert. „Im Vorfeld haben wir uns Sorgen gemacht. Aber nun melden wir unsere Veranstaltungen als geschlossene Veranstaltung für Erwachsene an. Das klappt“, erklärt der 64-Jährige und zieht an seiner Wettkampfpfeife.

Bei der Bundeswehr zum Pfeifenfan geworden

Mit 18 Jahren ist er bei der Bundeswehr zum Pfeifenfan geworden. Zigaretten hat Eggemann nie angefasst, und auch die Pfeife wird nur gepafft und nicht auf Lunge geraucht: „Mir in geselliger Runde oder einer ruhigen Stunde eine Pfeife anzuzünden, ist für mich der pure Genuss.“

Viele Meisterschaftsraucher erklären wie Eggemann überzeugt, sie seien „eigentlich fast Nichtraucher“. Da ist Burkhard Müller, der seit über 30 Jahren den Brühler Klub „Viel Rauch um nichts“ am Glühen hält, die Ausnahme. „Ich rauche alles, was qualmt und stinkt“, gibt der Altrocker in der schwarzen Lederweste schmunzelnd zu.

Doch nach knapp einer Stunde hat es sich für ihn ebenso wie für Kurt Eggemann ausgeraucht. Am Tisch fünf ist nur noch der 73-jährige Wolfgang Peltzer im Rennen. Er ist Vorsitzender des Pfeifenclubs Würselen-Haal von 1876, der als ältester Pfeifenraucherverein der Welt gilt. Nach 64 Minuten muss er sein erkaltetes Gerät beiseite legen. „Macht nichts. Wenn ich den Vizepräsidenten unseres Weltverbandes besiegt habe, bin ich zufrieden“, scherzt der Routinier.

So geht eine Pfeife nach der anderen aus. Nur einer raucht und raucht und raucht: Der vielfache Meister Ulrich Schäfer aus Arnsberg sicherte sich in ausgezeichneten 107 Minuten und 35 Sekunden einen weiteren Titel und distanzierte den zweitplatzierten Kölner Alex Vasilic und den Würselener Tobias Debray auf Rang drei um mehr als eine halbe Stunde. Die Mannschaftswertung gewann Puba Arnsberg vor „De Pief ess us“ und der Blauen Wolke aus Ungerath. Und bei den Damen rauchten sich die Würselenerinnen Irmgard Troppartz und Ute Driessen vor der Pulheimerin Patricia Eggemann auf die ersten Plätze.

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